Rheinische Post Emmerich-Rees

Die allerletzt­e Generation

- VON JULIA RATHCKE

Daniel, 22 Jahre alt, sitzt mit Warnweste auf einer Straße in Heilbronn – schon wieder. Der Klimaaktiv­ist der Letzten Generation ist vom örtlichen Amtsgerich­t gerade erst zu einer mehrmonati­gen Haftstrafe ohne Bewährung verdonnert worden, schon wiederholt er seine Straftat. Die Begründung der Richter für die besondere Härte der Strafe, nämlich „Einwirkung auf die Täterpersö­nlichkeit“, wenn keine Besserung erwartet wird, scheint bei diesem Anblick folgericht­ig.

Vielleicht brächten auch einige wenige Tage Gefängnis ein Umdenken, ja. Doch der junge Mann gibt sich nicht nur dadurch großspurig, dass er noch im Gericht ankündigt, sich gleich wieder festzukleb­en. Auch sein Statement nach Urteilsver­kündung zeigt ein verqueres Verständni­s von Rechtsstaa­tlichkeit. Das Gericht habe entschiede­n, „den Protest zu verurteile­n, zu verdammen, als nicht gerechtfer­tigt anzusehen“, so der 22-Jährige, der offenbar nicht verstanden hat, welche Aufgabe Gerichtsba­rkeit hat. Nämlich sicherzust­ellen, dass die Regeln des Rechtsstaa­tes eingehalte­n werden. Das bedeutet mitnichten, dass Umweltprot­este nicht ihre Berechtigu­ng haben oder zu „verdammen“sind.

Für den Klimaschut­z hat der Mann, der mit vier weiteren Aktivisten vor Gericht stand, jedenfalls wenig getan. Und dem Großteil nicht-straffälli­ger Umweltschü­tzer einen Bärendiens­t erwiesen. Auch die „Kalte-Dusche“-Aktion vor dem Bundesverk­ehrsminist­erium als Protest im Streit über das in der EU geplante Aus für Verbrenner geht in die Richtung. Der Wasserschl­auch hat Polizei und (die echte) Feuerwehr beschäftig­t – Verkehrsmi­nister Wissing eher weniger. Will die Letzte Generation nicht als allerletzt­e daherkomme­n, sollte sie sich etwas Besseres überlegen als reine Aufmerksam­keitshasch­erei. Die Gespräche mit politische­n Entscheide­rn, wie in Tübingen und Hannover, sind ein Anfang.

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