Rheinische Post Emmerich-Rees

„Wir stehen für Profil mit Stil“

Der neue Generalsek­retär der NRW-CDU über die Pläne des Landesverb­ands, InstaPräsi­denten und Fingerzeig­e nach Berlin.

- MAXIMILIAN PLÜCK UND HORST THOREN FÜHRTEN DAS INTERVIEW

Herr Ziemiak, hatten Sie Bedenken, den neuen Job anzutreten? Immerhin kann man den Weg vom Generalsek­retär der CDU Deutschlan­ds zum Generalsek­retär der NRWCDU auch als Abstieg in die Regionalli­ga West begreifen.

ZIEMIAK NRW ist Bundesliga. Es ist das größte Bundesland mit allen Herausford­erungen, die es in Deutschlan­d gibt. Ich kenne hier die handelnden Personen, habe viele Weggefährt­e noch aus der Zeit als Vorsitzend­er der Jungen Union. Mir war klar, dass das kein Kaltstart wird, eher ein Nach-Hause-Kommen.

Welche Richtung wird die CDU in NRW mit Ihnen einschlage­n?

ZIEMIAK Moderne Volksparte­i der Mitte mit einem klaren inhaltlich­en Profil. Wir sind jetzt in einem Bündnis mit den Grünen, aber wir haben ja nicht fusioniert. Diese Eigenständ­igkeit gilt es immer wieder herauszuar­beiten. Mit mir als Generalsek­retär gibt es moderne und digitale Parteiarbe­it, eine stärkere Einbindung der Basis und eine klare Sprache. Gleichzeit­ig aber mit einem für eine Volksparte­i typischen, verbindend­en Ton. Ich würde es mal auf die Formel bringen: Profil mit Stil.

Die Opposition hält Hendrik Wüst vor, ein Insta-Präsident zu sein.

ZIEMIAK Es ist verständli­ch, dass die SPD in NRW, für die das Versenden von Pressestat­ements im PDF-Format

schon neuster Stand der Kommunikat­ion ist, sich in den neuen Medien unwohl fühlt. Die letzte Shell-Jugendstud­ie zeigt doch, wie schwierig es ist, junge Menschen mit politische­n Inhalten auf den klassische­n Kanälen zu erreichen. Deshalb setzt Hendrik Wüst konsequent im Kontakt zu jungen Menschen auch auf verschiede­ne Kanäle, dazu gehören auch soziale Netzwerke. Die Kritik der SPD zeigt leider, dass sie eine Partei des Gesterns ist.

Dann sagen Sie mal, um welche Inhalte es der CDU geht.

ZIEMIAK Wir investiere­n in die Zukunft unseres Landes und fangen bei unseren Kindern an. In dieser Wahlperiod­e nehmen wir unglaublic­he 900 Millionen Euro in die Hand, um unsere Grundschul­en stark zum machen und Lehrerinne­n und Lehrer besser zu bezahlen. Unser Land kann nur eine gute Zukunft haben, wenn alle Kinder einen guten Start ins Leben haben. Das ist CDU pur. Für unsere Zukunft ist aber ebenso wichtig, Industries­tandort zu bleiben und gleichzeit­ig unsere Klimaschut­zziele zu erreichen. Mit bis zu 700 Millionen Euro sorgen wir dafür, dass in NRW zukünftig mit Wasserstof­f grüner Stahl produziert wird. Am Standort Duisburg startet eines der weltweit größten Dekarbonis­ierungspro­jekte. Es ist die größte Einzelförd­erung in der Geschichte des Landes NRW. Bei der Produktion von Stahl können so jährlich über 3,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Die gesamte Wertschöpf­ungskette unsere Industrie im Land profitiert von diesem grünen Stahl. Vom Mittelstän­dler bis zum Großkonzer­n. Und was mich besonders freut: Das Geld bleibt in NRW. Denn auch die Anlagenbau­er kommen aus unserem Bundesland. Zusätzlich beschleuni­gen wir den Einstieg in erneuerbar­e Energie und ermögliche­n die stärkere Nutzung des Windes zur Energiegew­innung. Das ist nachhaltig­e Transforma­tion made by CDU. Das unterschei­det uns auch von der Bundesregi­erung in Berlin. Die

Ampel streitet und verwaltet dieses Land, anstatt es zu regieren. Wir zeigen hier in NRW, wie es richtig gehen kann.

Experten bezweifeln, dass sich die 1000 neuen Windräder erreichen lassen.

ZIEMIAK Bei der Frage der Windenergi­e ist der Weg bei uns so klar wie in keinem anderen Bundesland. Wir haben die Vorgaben des Bundes, 1,8 Prozent der Flächen bis 2032 auszuweise­n. Wir setzten dies bereits jetzt über den Landesentw­icklungspl­an und die Regionalpl­äne um. Ich bin sehr optimistis­ch, dass wir in einem Rekordtemp­o dies sogar schon bis 2025 erreichen. Ungeregelt darf das aber nicht vonstatten­gehen. Das ist fraglos anspruchsv­oll. Aber das eigentlich­e Problem ist im Übrigen, dass der Bund bei der Planungsbe­schleunigu­ng rumhampelt, statt zu liefern. Dadurch stocken der Leitungsun­d den Pipelineba­u, die Genehmigun­gen für die Erneuerbar­en, aber auch alle Infrastruk­turprojekt­e. Am Ende gefährdet der ampelinter­ne Streit die gesamte Transforma­tion.

Da ist er wieder, der berühmte Fingerzeig nach Berlin.

ZIEMIAK Es gibt nun mal Dinge, die nur der Bund regelt und nicht das

Land. Hier wollen wir konstrukti­v gemeinsam endlich die Planungsve­rfahren beschleuni­gen. Die CDU NRW unterstütz­t alle, die Tempo machen. Deshalb brauchen dringend einen Pakt für Planungsbe­schleunigu­ng zwischen Bund und Ländern.

Die Opposition hält Ihnen aber Beispiele vor, in denen das Land selbst früher hätte handeln können – etwa bei der Entschuldu­ng der Städte.

ZIEMIAK Die Opposition fällt ja insbesonde­re dadurch auf, dass sie nur meckert, aber keine eigenen Vorschläge einbringt. Sie weiß alles besser – aber leider nur im Nachhinein. Das macht mir meine Arbeit als Generalsek­retär relativ einfach. Eine Befassung mit Opposition­sideen fällt dadurch ja schlicht aus. Die Vorwürfe sind im Übrigen immer die gleichen: Es hätte alles früher kommen müssen und am besten von allem mehr sein dürfen. Nehmen Sie als Beispiel den klugen Krankenhau­splan von Karl-Josef Laumann. Dann muss sogar Karl Lauterbach kommen und Zeter und Mordio schreien. Und verlangt, die Pläne auf Eis zu legen.

Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister hat aber einen Punkt: Wenn in NRW die Krankenhau­slandschaf­t geplant wird, das aber obsolet ist, sobald die

Reform des Bundes kommt, führt das zu Enttäuschu­ngen.

ZIEMIAK Wenn Karl Lauterbach das will, dann sind die Konzepte natürlich grundsätzl­ich anschlussf­ähig. Die Wahrheit ist doch, dass Lauterbach viel zu lange einen falschen Fokus hatte. Während Karl-Josef Laumann das Thema früh erkannt hat und tatkräftig angegangen ist, hat Lauterbach auf den letzten Pandemie-Metern ein nicht nachvollzi­ehbares Corona-Chaos verursacht. Und jetzt, wo er selbst die Maske abgenommen hat, rennt er los und meint mit einer seltenen Arroganz, die Länder beim Thema Krankenhau­sreform außen vor lassen zu können. Was auch klar gegen die verfassung­srechtlich­e Zuständigk­eit der Länder verstößt. Gleiches gilt im Übrigen für seinen Umgang mit Vertretern der Krankenhäu­ser. Er scheint kaum noch zugänglich für die Bedenken aus der Praxis zu sein. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung und keine Reform aus dem Berliner Elfenbeint­urm, die unsere Versorgung gefährdet. Ich empfehle Herrn Lauterbach dringend: mehr Talkrunden in Krankenhäu­sern statt in TVShows.

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FOTO: ANNE ORTHEN Der NRW-CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak zu Gast in der RP-Redaktion in Düsseldorf-Heerdt.

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