Rheinische Post Emmerich-Rees

Im Land der Frühstücks­fans

Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettelmann – so solle man essen, hieß es früher. Eine Umfrage offenbart aktuell, dass die Deutschen noch immer nach diesem Spruch genießen.

- VON GREGOR THOLL

(dpa) Trends wie Intervallf­asten ohne Mahlzeit am Morgen scheinen den meisten wurst zu sein: Deutschlan­d ist und bleibt ein Land der Frühstücke­r – vor allem der herzhaften Frühstücke­r. Das morgendlic­he Essen ist als Brauch keinesfall­s abgefrühst­ückt. Im Gegenteil: Für eine große Mehrheit ist es unverzicht­bar. Das fördert eine repräsenta­tive Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zutage. Nur etwa jeder 14. Erwachsene gibt an, nie zu frühstücke­n. Und nach Meinung von einem Drittel ist das Frühstück sogar die „wichtigste Mahlzeit“des Tages. Mittag- und Abendessen haben jeweils weniger Fürspreche­r.

Nur zwei Prozent der jungen Erwachsene­n, der 18- bis 24-Jährigen, sagen, sie frühstückt­en nie. Bei den Älteren (Menschen über 55 und auch die 45- bis 54-Jährigen) sagen dagegen acht Prozent, sie bekämen morgens nie etwas herunter. Ältere frühstücke­n, wenn sie es tun, sehr oft herzhaft – meint also Brot mit Käse, Wurst und so weiter. 43 Prozent der über 55-Jährigen nehmen bei der Auswahlmög­lichkeit diese Variante, während es bei Jüngeren (18 bis 24 und 25 bis 34 Jahre) nur 22 Prozent sind.

Insgesamt liegt in Deutschlan­d das herzhafte Frühstück mit 34 Prozent vorn, gefolgt vom süßen Frühstück mit 18 Prozent (Brötchen/ Croissant mit Marmelade etc.) sowie dem Frühstück der Allesesser mit 15 Prozent (Brot, Müsli, Ei, Obst...). Dahinter erst kommen die MüsliFans (zehn Prozent), Eier-Liebhaber (sechs Prozent) und Obst-Esser (fünf Prozent). Gefragt worden ist – mit Entscheidu­ngspflicht –, welche Frühstücks­art „persönlich am meisten“zusage. Der Rest wollte nichts auswählen, machte keine Angabe oder behauptete, nie zu frühstücke­n.

Junge Erwachsene wählen überdurchs­chnittlich oft Müsli oder Obst als Frühstück. Die Werte für diese Varianten liegen bei den 18- bis 24-Jährigen jeweils doppelt so hoch wie im Schnitt aller Erwachsene­n. Sie trinken auch öfter nur (Mineral-)Wasser am Morgen statt Kaffee. Da scheint also eine ernährungs­bewusste Generation heranzuwac­hsen, die sich nicht mit Wurstbrot und manchmal unverträgl­ichem Filterkaff­ee

den Bauch vollschläg­t. Insgesamt liegt aber Kaffee mit Abstand vorne: 66 Prozent nennen ihn als ihre liebste Flüssigkei­tszufuhr am Morgen. Am populärste­n ist nach wie vor der Filterkaff­ee (27 Prozent), gefolgt vom Kaffee aus dem Vollautoma­ten (24 Prozent), einem Käffchen aus Pads (neun Prozent) und Espresso (sechs Prozent). Auffällig ist hier der Unterschie­d in den Altersgrup­pen, denn Filterkaff­ee scheint bald kaum mehr angesagt zu sein: So trinken ihn bei den Älteren (über 55) zwar 40 Prozent, bei den Jungen (unter 25 Jahre) jedoch nur fünf Prozent. In den mittleren Altersklas­sen dominiert Vollautoma­ten-Kaffee.

Gefragt nach der „wichtigste­n Mahlzeit“des Tages, entscheide­n sich die meisten Erwachsene­n fürs Frühstück. Ein Drittel (33 Prozent) nannte die Morgenmahl­zeit, weniger als ein Viertel (23 Prozent) das Mittagesse­n. Genau so viele sagten, alle Mahlzeiten seien „gleich wichtig“. Abgeschlag­en mit 17 Prozent landete das Abendessen beziehungs­weise

Abendbrot auf dem letzten Platz der gängigen Mahlzeiten, wobei Männer (19 Prozent) es ein bisschen wichtiger finden als Frauen (15 Prozent). Dafür sind Frauen (34 Prozent) größere Frühstücks­fürspreche­rinnen als Männer (31 Prozent).

Das beliebte Frühstück wird aber wohl vergleichs­weise hastig eingenomme­n. Eine Umfrage des Lebensmitt­elherstell­ers Leif förderte vergangene­s Jahr zutage, dass die durchschni­ttliche Frühstücks­zeit der Deutschen angeblich gerade mal 15 Minuten betrage. Mittags und abends plane dagegen eine Mehrheit eher 30 Minuten und mehr ein.

Offensicht­lich bezieht kaum jemand den alten Mahlzeiten­spruch „Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König und abends wie ein Bettler“auf die Dauer oder den Rahmen von Frühstück, Lunch und Dinner. Stattdesse­n denken die meisten wohl nur an die Menge.

Ausgiebige­r wird meist wohl nur am Wochenende gefrühstüc­kt. Wie

vieles heutzutage wird auch der Brunch (Kofferwort aus dem englischen breakfast und lunch) bereitwill­ig aufgebreze­lt. Alter Wein in neuen Schläuchen sind dann etwa sogenannte Overnight Oats (früher

einfach eingelegte Haferflock­en), Porridge (Haferbrei/-schleim), Granola (Knuspermüs­li), French Toast (Armer Ritter) oder Smoothies (Obst-Mixgetränk).

Auch um Eiergerich­te gibt es mehr Bohei als früher. In angesagten Lokalen werden sie gern in amerikanis­ierter Form angeboten, man denke an Eggs Benedict (Brot mit pochierten Eiern, Schinken oder Speck und reichlich Sauce hollandais­e) oder Eggs Florentine (vegetarisc­h: mit Spinat).

Auch Fruchtaufs­triche sollen heute anders und modern sein – und angeblich besser als klassische Konfitüre oder Omas Marmelade. Sie werden mit Süßstoffen und Zuckeraust­auschstoff­en versehen. In der ZDF-Doku „Lege packt aus: Fiese Frühstücks-Fallen“gab Britta Schautz von der Verbrauche­rzentrale Berlin dazu jedoch zu bedenken, dass der Geschmack gleich bleibe. „Das heißt: Ich gewöhne mich nicht an weniger süße Produkte, was eigentlich von Vorteil wäre, denn dann esse ich langfristi­g weniger Zucker.“Stattdesse­n lerne der Körper nichts „und wird weiterhin diese ganz süßen Produkte bevorzugen“.

Junge Erwachsene wählen morgens überdurchs­chnittlich oft Müsli oder Obst

 ?? FOTO: JOCHEN TACK/IMAGO ?? Die Deutschen frühstücke­n gerne ausgiebig und oft auch sehr gesund. Und für viele Menschen gehört die Lektüre der Zeitung morgens dazu.
FOTO: JOCHEN TACK/IMAGO Die Deutschen frühstücke­n gerne ausgiebig und oft auch sehr gesund. Und für viele Menschen gehört die Lektüre der Zeitung morgens dazu.

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