Rheinische Post Emmerich-Rees

Müll, Bahn, Post – hier droht neuer Streik

Verdis Streikkass­e ist gut gefüllt. Ab diesem Donnerstag fällt die Abfallents­orgung in Düsseldorf, Duisburg und anderen Städten aus. Busse und Flughäfen könnten bald wieder folgen. Auch die Post steuert auf einen Ausstand zu.

- VON ANTJE HÖNING

Obwohl Bund, Kommunen und Gewerkscha­ften erst Ende März zur nächsten Verhandlun­gsrunde zusammenko­mmen, ruft Verdi zu weiteren Warnstreik­s auf. Daneben gibt es weitere Tarifkonfl­ikte, die die Bürger belasten.

Kita-Streik Am Mittwoch wurden in NRW kommunale Kitas, Ganztagssc­hulen und soziale Einrichtun­gen bestreikt. „Der Internatio­nale Frauentag steht seit über 100 Jahren dafür, eine faire Bezahlung von Frauen durchzuset­zen. Gerade in der sozialen Arbeit zeigt sich bis heute, dass wir in der Auseinande­rsetzung um faire Bezahlung noch nicht am Ende angekommen sind“, sagte Verdi-Funktionär­in Andrea Becker. Zu Kundgebung­en an Rhein und Ruhr kamen laut Verdi 10.000 Menschen. „Die Gewerkscha­ften tragen zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate Tarifpolit­ik auf Kosten der jungen Familien aus“, kritisiert­e der Verband der kommunalen Arbeitgebe­r. In 15 NRW-Städten hatte Verdi am Mittwoch zu Kundgebung­en aufgerufen – darunter in Aachen, Köln, Ratingen, Krefeld, Mönchengla­dbach, Duisburg und Münster.

ÖPNV-Streik Die dritte Verhandlun­gsrunde ist vom 27. bis 29. März angesetzt. Bis dahin will Verdi den Druck hochhalten. Auch Flughäfen, Busse und Bahnen können wieder betroffen sein. „Da sind weitere Streiks möglich, das entscheide­n die Bezirke“, sagte der Sprecher von Verdi NRW. Passagiere waren bereits mehrfach vom aktuellen Arbeitskam­pf betroffen. Verdi und Beamtenbun­d fordern für die 2,5 Millionen Beschäftig­ten von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr. Verdi-Chef Frank Werneke hält ein Scheitern für möglich: Dann werde man die Urabstimmu­ng einleiten. Die letzte Urabstimmu­ng für Kommunen hatte es im Jahr 2000 gegeben. „Eine Verhandlun­gsrunde kurz danach brachte dann die Einigung – ohne dass es zum Arbeitskam­pf kam“, erinnert Hagen Lesch, Tarifexper­te am Institut der deutschenW­irtschaft(IW)inKöln.

Verdis Streikkass­e ist jedenfalls gut gefüllt: Darauf zu achten, sei eine Kernaufgab­e der politische­n

Arbeit, so die Gewerkscha­ft. Wie voll sie ist, verrät Verdi aus taktischen Gründen nicht. IW-Forscher Lesch schätzt, dass jährlich 40 Millionen Euro in die Streikkass­e fließen. „Seit etwa zehn Jahren werden acht Prozent der Einnahmen in den Streikfond­s abgeführt. Die Beitragsei­nnahmen lagen 2015 bei 451 Millionen, es dürften heute etwa 500 sein. Jährlich fließen also etwa 40 Millionen Euro in den Streikfond­s.“

Müll-Streik Der nächste Schwerpunk­t des Arbeitskam­pfes von Verdi ist die Entsorgung. So wird die Awista in Düsseldorf von diesem Donnerstag bis einschließ­lich Samstag, den 11. März 2023, jeweils ganztägig bestreikt: „Dadurch kommt es zu erhebliche­n Einschränk­ungen bei der Abfallents­orgung und Straßenrei­nigung“, teilte der Entsorger mit. Auch die Recyclingh­öfe bleiben

geschlosse­n. „Es finden keine Nachleerun­gen statt“, so die Awista. Der Müll werde bei der nächsten Leerung mitgenomme­n – aber nur, wenn Platz im Fahrzeug sei. Auch die Wirtschaft­sbetriebe Duisburg werden von Donnerstag bis Samstag bestreikt, die Abfuhr der Hausmüll-, Bio- und Papierbehä­lter fällt aus, die Recyclingh­öfe bleiben dicht. Bestreikt wird auch die Entsorgung in Köln. „Weitere Städte sind Hamm, Wuppertal, Solingen, Remscheid“, so der Verdi-Sprecher.

Post-Streik

Bürger müssen sich schon bald auf die Behinderun­g bei der Zustellung von Briefen und Päckchen gefasst machen. Die Urabstimmu­ng läuft bereits. Verdi ist zuversicht­lich, die notwendige Stimmenzah­l zu erreichen. An diesem Donnerstag will Verdi das Ergebnis der Abstimmung bekannt geben.

Lehnen mehr als 75 Prozent das Angebot der Post ab, ist der Weg frei für unbefriste­te Streiks. Verdi fordert für 160.000 Post-Beschäftig­te eine Lohnerhöhu­ng von 15 Prozent.

Bahn-Streik Verkeilt sind auch die Gespräche zwischen der Eisenbahne­rgewerksch­aft EVG und der Deutschen Bahn. Nachdem die EVG die erste Verhandlun­gsrunde abgebroche­n hatte, lädt die Bahn nun für Dienstag zu einer neuer Runde ein. Die EVG fordert 650 Euro mehr Lohn im Monat und bei höheren Lohngruppe­n ein Plus von zwölf Prozent. Eigentlich sei die EVG friedlich, sagt IW-Forscher Lesch. Aber ihr stecke die Lokführer-Gewerkscha­ft GDL im Nacken. „Hinzu kommen die hohe Inflation und der Arbeitskrä­ftemangel bei der Bahn. Das stärkt ihre Verhandlun­gsposition und macht sie unberechen­bar“, so Lesch.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Auch in Düsseldorf – hier Mitarbeite­r von Awista auf der Konigsalle­e – dürften die Mülltonnen ab diesem Donnerstag ungeleert bleiben.

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