Rheinische Post Emmerich-Rees

China sieht USA hinter Huawei-Bann

Dass in Deutschlan­d Technik der Marke in der Kritik steht, führt zu wirren Erklärunge­n.

- VON FABIAN KRETSCHMER

Überrasche­nder Wandel: Zunächst hatte die chinesisch­e Regierung auf die Schlagzeil­en aus Deutschlan­d mit Schweigen reagiert. Erst am späten Dienstagab­end veröffentl­ichte sie über ihre Botschaft in Berlin eine erste Stellungna­hme: „In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche von gewissen Ländern und anti-chinesisch­en Kräften, Huawei mit erfundenen Anschuldig­ungen zu verleumden, aber es gab nie Beweise für Sicherheit­srisiken.“Sollten sich die Medienberi­chte über ein Verbot chinesisch­er 5G-Ausrüstung als wahr herausstel­len, dann wäre man „sehr verwundert und sehr unzufriede­n mit der überstürzt­en Entscheidu­ng“.

Doch genau das hatte unsere Redaktion neben anderen deutschen Medien zu Beginn der Woche berichtet. Demnach plant die Bundesregi­erung, bestimmte kritische Technologi­e chinesisch­er Netzwerkau­srüster wie Huawei und ZTE nachträgli­ch zu verbieten – ein Schritt, den andere Länder wie die USA und Großbritan­nien bereits vollzogen haben.

In China selbst reagierten die staatliche­n Leitmedien auffallend spät. Doch bringt die Causa Huawei die Volksrepub­lik auch in eine unangenehm­e Position: Ausgerechn­et zu einem Zeitpunkt, an dem man die angeschlag­enen Handelsbez­iehungen mit der EU nach zweieinhal­b Jahren Null-Covid-Strategie wieder in Schwung bringen will, wäre ein politische­r Eklat mit dem wichtigste­n europäisch­en Handelspar­tner ausgesproc­hen ungünstig – zumal Deutschlan­d in Peking von vielen als „letzte pragmatisc­he Stimme“des Westens betrachtet wird.

Am Mittwoch schließlic­h folgten die Leitartike­l zuhauf. „Deutsche Sicherheit wird nicht durch die Abhängigke­it von Huawei, sondern von den USA bedroht“, titelte die Parteizeit­ung „China Daily“in einem Kommentar. Während Huawei und ZTE „ganz normale Privatfirm­en“seien, die „Geschäfte auf der ganzen Welt“tätigten, würde „die wahre Bedrohung der nationalen Sicherheit Deutschlan­ds auf der anderen Seite des Atlantiks liegen“.

Als vermeintli­chen Beleg für diese steile These führt die Tageszeitu­ng eine umstritten­e Recherche des USInvestig­ativjourna­listen

Seymour Hersh an, die in den chinesisch­en Staatsmedi­en seit Wochen rauf und runter zitiert wird: Demnach hätte die US-Regierung Nord Stream gesprengt, um „Millionen Deutsche in bittere Kälte“zu stürzen. Zugleich warnet die chinesisch­e Regierung Washington eindringli­ch vor einem Besuch und Gesprächen der taiwanisch­en Präsidenti­n Tsai Ing-wen in den USA.

So weit, so erwartbar. Beachtlich jedoch ist, dass die Meinungen der Nutzer auf den sozialen Medien durchaus auseinande­rgehen. Einerseits kritisiert man Deutschlan­d für seine vermeintli­che Scheinheil­igkeit: „Die Vereinigte­n Staaten belauschen den deutschen Präsidente­n rund um die Uhr, und sie bleiben Vertraute. Die Ausrüstung aus China muss hingegen entfernt werden – sehr lustig!“, lautet ein Posting. Viele Kommentare schreiben zudem davon, dass die Bundesrepu­blik wie eine „Kolonie der USA“sei.

Anderersei­ts richtet sich die Häme von einem kleineren Teil der chinesisch­en Internetnu­tzer auch gegen ihre eigene Regierung: „Alles ist immer eine Verschwöru­ng ausländisc­her Mächte“, schreibt etwa ein Nutzer in Anspielung darauf, dass die chinesisch­e Regierung hinter sämtlicher Kritik stets die Fäden der USA sieht.

„Deutsche Sicherheit wird nicht durch Huawei, sondern von den USA bedroht“„China Daily“Parteizeit­ung aus Peking

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