China sieht USA hinter Huawei-Bann
Dass in Deutschland Technik der Marke in der Kritik steht, führt zu wirren Erklärungen.
Überraschender Wandel: Zunächst hatte die chinesische Regierung auf die Schlagzeilen aus Deutschland mit Schweigen reagiert. Erst am späten Dienstagabend veröffentlichte sie über ihre Botschaft in Berlin eine erste Stellungnahme: „In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche von gewissen Ländern und anti-chinesischen Kräften, Huawei mit erfundenen Anschuldigungen zu verleumden, aber es gab nie Beweise für Sicherheitsrisiken.“Sollten sich die Medienberichte über ein Verbot chinesischer 5G-Ausrüstung als wahr herausstellen, dann wäre man „sehr verwundert und sehr unzufrieden mit der überstürzten Entscheidung“.
Doch genau das hatte unsere Redaktion neben anderen deutschen Medien zu Beginn der Woche berichtet. Demnach plant die Bundesregierung, bestimmte kritische Technologie chinesischer Netzwerkausrüster wie Huawei und ZTE nachträglich zu verbieten – ein Schritt, den andere Länder wie die USA und Großbritannien bereits vollzogen haben.
In China selbst reagierten die staatlichen Leitmedien auffallend spät. Doch bringt die Causa Huawei die Volksrepublik auch in eine unangenehme Position: Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem man die angeschlagenen Handelsbeziehungen mit der EU nach zweieinhalb Jahren Null-Covid-Strategie wieder in Schwung bringen will, wäre ein politischer Eklat mit dem wichtigsten europäischen Handelspartner ausgesprochen ungünstig – zumal Deutschland in Peking von vielen als „letzte pragmatische Stimme“des Westens betrachtet wird.
Am Mittwoch schließlich folgten die Leitartikel zuhauf. „Deutsche Sicherheit wird nicht durch die Abhängigkeit von Huawei, sondern von den USA bedroht“, titelte die Parteizeitung „China Daily“in einem Kommentar. Während Huawei und ZTE „ganz normale Privatfirmen“seien, die „Geschäfte auf der ganzen Welt“tätigten, würde „die wahre Bedrohung der nationalen Sicherheit Deutschlands auf der anderen Seite des Atlantiks liegen“.
Als vermeintlichen Beleg für diese steile These führt die Tageszeitung eine umstrittene Recherche des USInvestigativjournalisten
Seymour Hersh an, die in den chinesischen Staatsmedien seit Wochen rauf und runter zitiert wird: Demnach hätte die US-Regierung Nord Stream gesprengt, um „Millionen Deutsche in bittere Kälte“zu stürzen. Zugleich warnet die chinesische Regierung Washington eindringlich vor einem Besuch und Gesprächen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den USA.
So weit, so erwartbar. Beachtlich jedoch ist, dass die Meinungen der Nutzer auf den sozialen Medien durchaus auseinandergehen. Einerseits kritisiert man Deutschland für seine vermeintliche Scheinheiligkeit: „Die Vereinigten Staaten belauschen den deutschen Präsidenten rund um die Uhr, und sie bleiben Vertraute. Die Ausrüstung aus China muss hingegen entfernt werden – sehr lustig!“, lautet ein Posting. Viele Kommentare schreiben zudem davon, dass die Bundesrepublik wie eine „Kolonie der USA“sei.
Andererseits richtet sich die Häme von einem kleineren Teil der chinesischen Internetnutzer auch gegen ihre eigene Regierung: „Alles ist immer eine Verschwörung ausländischer Mächte“, schreibt etwa ein Nutzer in Anspielung darauf, dass die chinesische Regierung hinter sämtlicher Kritik stets die Fäden der USA sieht.
„Deutsche Sicherheit wird nicht durch Huawei, sondern von den USA bedroht“„China Daily“Parteizeitung aus Peking