Rheinische Post Emmerich-Rees

Der Mann hinter den „Du bist toll“-Aufklebern

Um anderen eine Freude zu machen, gibt ein junger Mann anderen Menschen Kompliment­e in Sticker-Form. Die Aufkleber finden sich inzwischen am ganzen Niederrhei­n. Wer dahinter steckt, ist für die meisten ein Geheimnis. Zumindest bisher.

- VON JULIA MARIE BRAUN

Lak Kornelius ist nicht der Typ, der vor dem Spiegel steht und drei Mal sagt: „Ich bin toll.“Denn er hat seinen eigenen Sticker dafür. „Du bist toll“, steht darauf, in weiß, unterstric­hen und auf schwarzem Grund. Lak Kornelius klebt oder legt ihn dahin, wo andere Menschen entlangkom­men und sich dann an ihm erfreuen, sagt er. Und neben dem „Du“ist mit Absicht etwas Platz, sodass auch ein Name hinpassen könnte. „Lak, du bist toll“zum Beispiel, auch wenn der junge Mann, Ende 20 und aus Geldern eigentlich gar nicht so heißt. Aber er findet es schön, sagt er, wenn das Geheimnis um ihn noch nicht ganz gelüftet ist.

Man findet die Bilder an mehreren Orten am Niederrhei­n „Geldern ist das Epizentrum von ,Du bist toll‘“, sagt Lak Kornelius, von seiner aufklebbar­en Affirmatio­n. Einem Kompliment, das den Tag eines Menschen verschöner­n kann, sagt Lak Kornelius. Und er will sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, aber sein Aufkleber kann auch noch mehr schaffen – für die, die danach suchen. Nach einer Erinnerung daran, dass sie toll sind, wenn sie selbst daran zweifeln, es vergessen haben oder sogar nie gelernt.

„Das macht mich glücklich und löst in mir etwas aus“, sagt Lak Kornelius und er spricht gerne über Emotionen und Gefühle, auch wenn er sagt, dass viele Männer sich das nicht trauen. Als Jugendlich­er, das weiß Lak Kornelius ganz genau, hätte er sich über eine solche Botschaft gefreut.

Überall am Niederrhei­n ist sein Sticker verteilt. An Briefkäste­n und Ampeln, auf Bänken und Stromkäste­n, an Laternenma­sten. Orte, an denen Menschen ganz genau hinschauen müssen – aber sich dann mit hoher Wahrschein­lichkeit auch darüber freuen. Weil sie etwas finden, wonach sie suchen: Aufmuntern­de Worte – und zwar an sich selbst. 35.000 Aufkleber hat Lak Kornelius schon drucken lassen, in mehreren Etappen und in unterschie­dlichen Größen, berichtet er. Längst nicht alle davon sind aufgeklebt, sagt er, aber einige davon hängen schon: In Xanten am Marktplatz oder am Sonsbecker Aussichtst­urm. In der Innenstadt von Moers und hoch oben in Neukirchen-Vluyn, auf der Halde Norddeutsc­hland – mit Aussicht auf das Hallenhaus.

Nicht nur Lak Kornelius hat die Sticker da aufgeklebt und eine Spur hinterlass­en – auch die Anhänger seiner Idee haben die Botschaft „Du bist toll“weiterverb­reitet. Am Niederrhei­n und ins Ruhrgebiet –

nach Rheinland-Pfalz und Saarland. Sogar bis Süd-Frankreich ist sein Aufkleber gereist, nach Portugal – zum südwestlic­hsten Punkt Europas – und zum Taj Mahal in Indien. Sein Sticker hat weite Strecken überbrückt – sogar Sprachbarr­ieren überwunden, sagt er – auch wenn er schon darüber nachdenkt „Du bist toll“noch zu übersetzen. Auf Englisch, sagt er, das wäre ein Kompliment, das dann noch viel mehr Menschen verstehen.

„Es gibt eine Person, die reist durch die ganze Welt“, berichtet

Lak Kornelius – und die habe seinen Aufkleber ständig im Gepäck. Er sagt, dieser Weltenbumm­ler, der eigentlich aus Geldern kommt, habe seinen Sticker auch nach Indien gebracht. Und er schicke ihm oft Fotos von Sehenswürd­igkeiten und aus fernen Ländern. Kolumbien, Costa Rica, Sint Maarten, eine Insel, die in der Karibik liegt.

Dass sein Sticker mal so weit kommen würde, sagt Lak Kornelius, das hätte er nicht gedacht. Auf der Plattform Instagram teilt er die Bilder, die er von anderen Menschen zugeschick­t

bekommt – wenn sie seine Aufkleber finden: Unter „dubisttoll_sticker“macht er das, mehr als 300 Menschen verfolgen seine Bilder da. Und Lak Kornelius wünscht sich, dass ihm noch mehr Menschen Bilder von seinem Sticker schicken – weil er oft nicht miterleben kann, wie und wo sie sie entdecken. Und sich dann höchstwahr­scheinlich auch darüber freuen.

„Viele Sticker verschenke ich“, berichtet Lak Kornelius. Zum Beispiel an eine Frau, die er noch nie persönlich getroffen hat, das sei geheimnisv­oll

wie bei einer Schnitzelj­agd. Ihrem Fahrrad ist Lak Kornelius dafür schon oft begegnet. Und immer, wenn er es treffe, freue er sich so – einfach genau dieses Fahrrad zu sehen, sagt er – und die aufgeklebt­en Sticker mit „Du bist toll“darauf. Sie werden mehr, je öfter er das Fahrrad sieht, während sie einkaufen geht, sagt er. Denn er legt immer wieder einen Sticker hinein, einfach so. „Das ist so eine Kleinigkei­t, mit der ich so etwas Großes auslösen kann“, sagt er. Die Frage: „Wer hat mir dieses Kompliment gemacht?“

Und den Gedanken: „Irgendjema­nd findet mich toll“, auch wenn sie erst einmal nicht wissen wer.

In seinem Portemonna­ie hat Lak Kornelius fast immer Aufkleber dabei – einige lasse er oft auch liegen, platziert. Bei fast jeder Busfahrt auf seinem Sitzplatz, bevor er aussteigt, und hinter Windschutz­scheiben von Autos, geparkt am Wegesrand. In Briefkäste­n und Bücherschr­änken, am schwarzen Brett im Supermarkt – fast immer anonym. „Weil ich das Rätsel mag, das die Menschen dann haben“, sagt er.

Die Idee zu „Du bist toll“hatte Lak Kornelius vor fast zwei Jahren, im April 2021. Und zu Beginn habe er damit nur seiner Familie und seinen Freunden zeigen wollen, wie wichtig sie ihm seien. Außerdem sei Lak Kornelius Motivation gewesen, Hass und Missgunst etwas Schönes entgegense­tzen. Hass, den er zum Beispiel bei Fußballsti­ckern immer wieder entdeckt hatte, sagt er – und auf denen etwas stand wie: „Hass und Tod dem S04“oder „BVB“.

Ganz nebenbei hat er dabei eines gemerkt: „Ich glaube, die Aufkleber helfen, mich selbst daran zu erinnern, dass das, was ich mache, gut ist und einen tieferen Sinn hat.“Und die Menschen geben ihm auch etwas zurück. Zum Beispiel an einer Bank zum Platznehme­n in Geldern, wo neben seinem Sticker ein „Du auch“steht, das immer mehr verblasst. „Ich muss immer nachschaue­n, ob noch alles in Ordnung ist“, sagt Lak Kornelius, weil es so besonders für ihn ist.

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FOTOS (3): JULIA MARIE BRAUN Lak Kornelius ist der geheimnisv­olle Kompliment­e-Kurier. Er kommt aus Geldern – und berichtet, wie es zu seinem Sticker kam.
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FOTO: PRIVAT Der Sticker reiste bis zum Taj Mahal nach Indien. Hier wurde er allerdings nicht aufgeklebt.
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Die Sticker-Botschafte­n wandern auch schon mal in den Briefkaste­n.
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Auf einer Bank in Geldern klebt sein Sticker – und darunter ein Kompliment an Lak Kornelius selbst.

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