Der Mann hinter den „Du bist toll“-Aufklebern
Um anderen eine Freude zu machen, gibt ein junger Mann anderen Menschen Komplimente in Sticker-Form. Die Aufkleber finden sich inzwischen am ganzen Niederrhein. Wer dahinter steckt, ist für die meisten ein Geheimnis. Zumindest bisher.
Lak Kornelius ist nicht der Typ, der vor dem Spiegel steht und drei Mal sagt: „Ich bin toll.“Denn er hat seinen eigenen Sticker dafür. „Du bist toll“, steht darauf, in weiß, unterstrichen und auf schwarzem Grund. Lak Kornelius klebt oder legt ihn dahin, wo andere Menschen entlangkommen und sich dann an ihm erfreuen, sagt er. Und neben dem „Du“ist mit Absicht etwas Platz, sodass auch ein Name hinpassen könnte. „Lak, du bist toll“zum Beispiel, auch wenn der junge Mann, Ende 20 und aus Geldern eigentlich gar nicht so heißt. Aber er findet es schön, sagt er, wenn das Geheimnis um ihn noch nicht ganz gelüftet ist.
Man findet die Bilder an mehreren Orten am Niederrhein „Geldern ist das Epizentrum von ,Du bist toll‘“, sagt Lak Kornelius, von seiner aufklebbaren Affirmation. Einem Kompliment, das den Tag eines Menschen verschönern kann, sagt Lak Kornelius. Und er will sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, aber sein Aufkleber kann auch noch mehr schaffen – für die, die danach suchen. Nach einer Erinnerung daran, dass sie toll sind, wenn sie selbst daran zweifeln, es vergessen haben oder sogar nie gelernt.
„Das macht mich glücklich und löst in mir etwas aus“, sagt Lak Kornelius und er spricht gerne über Emotionen und Gefühle, auch wenn er sagt, dass viele Männer sich das nicht trauen. Als Jugendlicher, das weiß Lak Kornelius ganz genau, hätte er sich über eine solche Botschaft gefreut.
Überall am Niederrhein ist sein Sticker verteilt. An Briefkästen und Ampeln, auf Bänken und Stromkästen, an Laternenmasten. Orte, an denen Menschen ganz genau hinschauen müssen – aber sich dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch darüber freuen. Weil sie etwas finden, wonach sie suchen: Aufmunternde Worte – und zwar an sich selbst. 35.000 Aufkleber hat Lak Kornelius schon drucken lassen, in mehreren Etappen und in unterschiedlichen Größen, berichtet er. Längst nicht alle davon sind aufgeklebt, sagt er, aber einige davon hängen schon: In Xanten am Marktplatz oder am Sonsbecker Aussichtsturm. In der Innenstadt von Moers und hoch oben in Neukirchen-Vluyn, auf der Halde Norddeutschland – mit Aussicht auf das Hallenhaus.
Nicht nur Lak Kornelius hat die Sticker da aufgeklebt und eine Spur hinterlassen – auch die Anhänger seiner Idee haben die Botschaft „Du bist toll“weiterverbreitet. Am Niederrhein und ins Ruhrgebiet –
nach Rheinland-Pfalz und Saarland. Sogar bis Süd-Frankreich ist sein Aufkleber gereist, nach Portugal – zum südwestlichsten Punkt Europas – und zum Taj Mahal in Indien. Sein Sticker hat weite Strecken überbrückt – sogar Sprachbarrieren überwunden, sagt er – auch wenn er schon darüber nachdenkt „Du bist toll“noch zu übersetzen. Auf Englisch, sagt er, das wäre ein Kompliment, das dann noch viel mehr Menschen verstehen.
„Es gibt eine Person, die reist durch die ganze Welt“, berichtet
Lak Kornelius – und die habe seinen Aufkleber ständig im Gepäck. Er sagt, dieser Weltenbummler, der eigentlich aus Geldern kommt, habe seinen Sticker auch nach Indien gebracht. Und er schicke ihm oft Fotos von Sehenswürdigkeiten und aus fernen Ländern. Kolumbien, Costa Rica, Sint Maarten, eine Insel, die in der Karibik liegt.
Dass sein Sticker mal so weit kommen würde, sagt Lak Kornelius, das hätte er nicht gedacht. Auf der Plattform Instagram teilt er die Bilder, die er von anderen Menschen zugeschickt
bekommt – wenn sie seine Aufkleber finden: Unter „dubisttoll_sticker“macht er das, mehr als 300 Menschen verfolgen seine Bilder da. Und Lak Kornelius wünscht sich, dass ihm noch mehr Menschen Bilder von seinem Sticker schicken – weil er oft nicht miterleben kann, wie und wo sie sie entdecken. Und sich dann höchstwahrscheinlich auch darüber freuen.
„Viele Sticker verschenke ich“, berichtet Lak Kornelius. Zum Beispiel an eine Frau, die er noch nie persönlich getroffen hat, das sei geheimnisvoll
wie bei einer Schnitzeljagd. Ihrem Fahrrad ist Lak Kornelius dafür schon oft begegnet. Und immer, wenn er es treffe, freue er sich so – einfach genau dieses Fahrrad zu sehen, sagt er – und die aufgeklebten Sticker mit „Du bist toll“darauf. Sie werden mehr, je öfter er das Fahrrad sieht, während sie einkaufen geht, sagt er. Denn er legt immer wieder einen Sticker hinein, einfach so. „Das ist so eine Kleinigkeit, mit der ich so etwas Großes auslösen kann“, sagt er. Die Frage: „Wer hat mir dieses Kompliment gemacht?“
Und den Gedanken: „Irgendjemand findet mich toll“, auch wenn sie erst einmal nicht wissen wer.
In seinem Portemonnaie hat Lak Kornelius fast immer Aufkleber dabei – einige lasse er oft auch liegen, platziert. Bei fast jeder Busfahrt auf seinem Sitzplatz, bevor er aussteigt, und hinter Windschutzscheiben von Autos, geparkt am Wegesrand. In Briefkästen und Bücherschränken, am schwarzen Brett im Supermarkt – fast immer anonym. „Weil ich das Rätsel mag, das die Menschen dann haben“, sagt er.
Die Idee zu „Du bist toll“hatte Lak Kornelius vor fast zwei Jahren, im April 2021. Und zu Beginn habe er damit nur seiner Familie und seinen Freunden zeigen wollen, wie wichtig sie ihm seien. Außerdem sei Lak Kornelius Motivation gewesen, Hass und Missgunst etwas Schönes entgegensetzen. Hass, den er zum Beispiel bei Fußballstickern immer wieder entdeckt hatte, sagt er – und auf denen etwas stand wie: „Hass und Tod dem S04“oder „BVB“.
Ganz nebenbei hat er dabei eines gemerkt: „Ich glaube, die Aufkleber helfen, mich selbst daran zu erinnern, dass das, was ich mache, gut ist und einen tieferen Sinn hat.“Und die Menschen geben ihm auch etwas zurück. Zum Beispiel an einer Bank zum Platznehmen in Geldern, wo neben seinem Sticker ein „Du auch“steht, das immer mehr verblasst. „Ich muss immer nachschauen, ob noch alles in Ordnung ist“, sagt Lak Kornelius, weil es so besonders für ihn ist.