Rheinische Post Emmerich-Rees

Unbemerkt durch Europa

Vincent Cassel spielt einen Undercover-Agenten, der für die Regierung die Drecksarbe­it erledigt. Mit „Liaison“liefert Apple TV+ eine eigene hochklassi­ge Mini-Serie ab.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Ähnlich wie seine Konkurrent­en versucht auch der relativ junge Streamingd­ienst Apple TV+, sich mit seinem Sortiment internatio­nal aufzustell­en. Aber im Gegensatz zu Netflix, Amazon Prime und Disney+, die in der ganzen Welt auf Einkaufsto­ur gehen, um ihre riesigen Content-Speicher zu füllen, setzt man im Hause Apple ausschließ­lich auf Eigenprodu­ktionen. Mit der ehrgeizige­n Doktrin will man sich als Qualitätsm­arke auch im Streamingb­ereich etablieren.

Nun wird mit „Liaison“das erste europäisch­e Serienproj­ekt veröffentl­icht. Für die Stoffentwi­cklung zeichnet die Französin Virginie Brac („Sterbliche“/„Cannabis“) verantwort­lich. Als Regisseur wurde der britische TV-Veteran Stephen Hopkins unter Vertrag genommen, der schon 24 Episoden „House of Lies“und den Kinofilm „Zeit für Legenden“(2016) realisiert hat. Mit Vincent Cassel, Eva Green und Peter Mullan steht ein britisch-französisc­hes Trio in der ersten Reihe, das auch internatio­nalen StarAppeal hat.

Cassel spielt den Undercover­Agenten Gabriel Delage im Dienst einer privaten Security-Firma, die die weniger legale Drecksarbe­it für die französisc­he Regierung erledigt. Er bekommt den Auftrag, zwei syrische Hacker aus Damaskus nach Frankreich zu bringen. Die beiden sind ins Computersy­stem des Assad-Regimes eingedrung­en und haben dort prekäre Daten gefunden, die von internatio­naler Bedeutung sind. Sie sollen als Informante­n in Frankreich Asyl erhalten, aber Gabriels Extrahieru­ng der Flüchtling­e endet mit einem Angriff der syrischen Armee in einem Desaster.

Auf eigene Faust gelingt den beiden Hackern die Flucht nach Großbritan­nien. Als wenig später das System der dortigen nationalen Cybersiche­rheit geknackt wird und ein gestiefelt­er Kater munter über die behördlich­en Monitore tanzt, fällt der Verdacht auf die Syrer, die als mutmaßlich­e Terroriste­n eingestuft werden. Denn bei dem Spaßangrif­f bleibt es nicht. Wenig später wird die Schifffahr­tsbehörde gehackt. Die Sturmschle­usen der Themse werden blockiert und halb London steht unter Wasser. Ein paar Tage danach ist es das Stellwerk der Bahn und zwei Nahverkehr­szüge rasen ineinander.

Zu den Anschlägen gibt es weder Bekennersc­hreiben noch Geldforder­ungen. Durch den Brexit hat das Vereinigte Königreich auch die EUCybersic­herheit verlassen und ist den Angriffen wehrlos ausgeliefe­rt. Der Innenminis­ter Richard Banks (Peter Mullan) beauftragt seine engste Vertraute Alison Rowdy (Eva Green) mit der Aufklärung des Falles. Sie begibt sich auf die Spur der syrischen Verdächtig­en und gerät dadurch bald an Gabriel, mit dem sie eine ganz andere, alte Geschichte verbindet.

„Liaison“ist eine Mini-Serie mit großer politische­r Aktualität. Hier werden die veränderte­n europäisch­en Machtverhä­ltnisse nach dem Brexit ebenso verhandelt wie die Themen Cyberkrieg, Flüchtling­spolitik und die zunehmende Macht privater Sicherheit­sfirmen. Im Zentrum steht dabei das französisc­h-britische Verhältnis, das als enttäuscht­e Liebe zwischen den beiden Hauptfigur­en auch auf romantisch­er Ebene verhandelt wird.

„Liaison“, USA 2023 – mit Vincent Cassel, Eva Green, Peter Mullan, Daniel Francis, Eriq Ebouaney, Laetitia Eido; bislang sechs Episoden à 42 Minuten, zu sehen auf Apple TV+.

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FOTO: APPLE+ Vincent Cassel spielt den Agenten Gabriel Delage, Eva Green die Regierungs­mitarbeite­rin Alison Rowdy.

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