Ins neue Leben umgeschult
Wer beruflich feststeckt, kann über Umschulungen nachdenken, um endlich durchzustarten. Sechs Beispiele aus dem Kreis Kleve.
(RP) „Mein ganzes Leben hat sich durch die Umschulung verändert“, sagt Nadya Hottgenroth aus Kleve. Die 32-Jährige ist alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter. „Meine Kleine kann jetzt sagen: Mama arbeitet. Das macht mich stolz.“Denn mit dem Abschluss als Kauffrau für Büromanagement in der Tasche, wird Hottgenroth bald in der Kreisverwaltung in Kleve beruflich neu anfangen.
Das geschafft zu haben, ist nicht selbstverständlich. Gelernt hat Hottgenroth Kinderpflegerin. Später hat sie als Objektleitung einer Reinigungsfirma gearbeitet. Dann kam die Arbeitslosigkeit. „Aber ich wollte unbedingt arbeiten.“Beim Aktivcenter Erziehende - einem beruflichen Bildungsangebot, das sich speziell an Erziehende richtet, die gerne wieder in den Beruf möchten und vom SOS-Kinderdorf Niederrhein im Auftrag des Jobcenter Kreis Kleve durchgeführt wird – hat sie gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften ihre Stärken herausgearbeitet. „Ich hatte schon immer Spaß an Anträgen und Formularen. So kam die Idee mit der Umschulung im Bereich Büromanagement auf.“
Gesagt, getan: zwei Jahre lang büffelte sie gemeinsam mit sechs anderen jungen Erwachsenen, wurde vom Team Wirtschaft und Verwaltung des SOS-Kinderdorfs Niederrhein ausgebildet. SOS-Teamleiterin Michaele Horsch weiß, was die jungen Leute leisten: „Es braucht viel Kraft, Ausdauer und Motivation, die Umschulung durchzuhalten. Jeden Tag lernen, jeden Tag neues Fachwissen von der Finanzbuchhaltung übers Organisations- und Personalwesen bis hin zum Marketing erarbeiten.“Der Erfolg gebe ihnen
Recht: „Seit Jahren bestehen bei uns die Teilnehmenden zu 100 Prozent die Abschlussprüfung.“
Einmal in der Woche findet Unterricht durch das Berufskolleg Kleve statt. Bildungsgangleiter Klaus-Peter Barth ordnet ein: „Die Umschülerinnen und Umschüler haben ihre Zukunftschancen absolut gesteigert. Ich wünsche mir, dass ich sie in fünf Jahren wieder sehe und sie ein Lächeln im Gesicht haben.“
„Wenn man ein Ziel hat, kann man alles erreichen“, sagt Mike Jessa. Der 33-Jährige sieht die Umschulung als Sprungbrett hin zu seinem Traumberuf. Der Klever will künftig im IT-Bereich arbeiten, vielleicht noch den IT-Fachwirt schaffen. Motiviert dafür ist er auf jeden Fall. In jungen Jahren, da hatte er die Schule abgebrochen, später seinen Realschulabschluss an der Abendschule nachgeholt. Einige Zeit war er bei einem kommunalen Umwelt- und Entsorgungsunternehmen tätig.
Doch aus gesundheitlichen Gründen musste er den Job an den Nagel hängen. Er hörte im Bekanntenkreis von der Umschulung und sagt jetzt: „Wir werden hier rundum fit fürs Büro gemacht.“
Für Joshua Löwe geht es demnächst als Kaufmann für Büromanagement in die Personalabteilung einer Textilwarenhandelskette. Hier hatte er ein Praktikum während der Umschulung absolviert. Der 28-Jährige war zuvor als Heilerziehungspfleger tätig, wurde krank, musste in therapeutische Behandlung. Beendet wurde die Therapie mitten in der Corona-Pandemie. „Ich war vor und nach der Therapie viele Monate zu Hause, habe wenig gemacht.“Über das berufliche Bildungsangebot „Fit durch den Arbeitsalltag“vom SOSKinderdorf Niederrhein fasste er wieder Fuß. Ein Kompetenz-Test brachte das Büromanagement als Berufsbild hervor. Heute zählt er zu den leistungsstärksten Absolventen der Umschulung und freut sich über seine künftige Anstellung in Kleve.
Einen weiten Weg hat Robin Marwinski auf sich genommen. Jeden Tag ist er von Kevelaer aus zur Umschulung gependelt. Der gelernte Fachinformatiker mit Schwerpunkt Anwendungsentwicklung war einige Jahre in der Privatwirtschaft tätig. Wenn der 30-Jährige heute auf die Zeit zurückblickt, stellt er nüchtern fest: „Da wurde ich verheizt. Meine Batterien waren leer. Da hat keinen interessiert, wie es mir wirklich geht.“Die Umschulung hat ihn gestärkt und fit gemacht. Sein erstes Praktikum führte ihn in den Verwaltungsbereich eines Seniorenheims. „Das war ganz weit weg von der IT. Das hat mir richtig gutgetan.“Das zweite Praktikum hat er im städtischen Marketing absolviert.
Für Stefan Kleppen aus Goch war die Lerngruppe während der Umschulung besonders wichtig. „Wir sitzen hier alle in einem Boot. Jeder hat ein Päckchen zu tragen. Wir unterstützen uns gegenseitig, damit jeder sein Ziel erreicht.“Für den 33-Jährigen hat die Umschulung dann auch vor allem eines gebracht: Stabilität. Zuvor hatte er zehn Jahre als Lagerist für verschiedene Unternehmen gearbeitet. Eine genetisch bedingte Erkrankung machte die Ausübung des Berufs jedoch immer schwieriger. Jetzt wechselt er in die Verwaltung eines Logistikunternehmens in Sonsbeck. „Da werde ich verschiedene Aufgaben übernehmen. Eigentlich alles, was im Büro so anfällt.“Sein Ziel ist es, im Berufsleben fest verankert zu sein, um auch eine Familie gründen zu können.
Nina Schwartz ist zweifache Mutter. Die 35-Jährige ist gelernte Hauswirtschafterin, hat in der Gastronomie, später im Privathaushalt gearbeitet. Nach einem Wohnortswechsel wollte sie wieder beruflich Fuß fassen. „Mein Ding sind Zahlen. Alles, was mit Rechnen zu tun hat, das macht mir Spaß.“Demnächst wird sie bei einem Unternehmen der Heizölindustrie einsteigen und hier in den Vertrieb gehen. „Ich kenne das Unternehmen aus meinen Praktika. Ich freue mich schon auf das nette Team.“
„Meine Tochter kann jetzt sagen: Mama arbeitet. Das macht mich stolz.“Nadya Hottgenroth fängt bald in der Kreisverwaltung an