Rheinische Post Emmerich-Rees

„Der Schaden ist dauerhaft“

Ramin Cordis, Leiter des Zentrums für Fuß- und Sprunggele­nkchirurgi­e

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Warum müssen Diabetiker auf ihre Füße achten?

Durch einen ständig erhöhten Blutzucker­spiegel besteht die Gefahr, dass Nerven und Blutgefäße, unter anderem an den Füßen, geschädigt werden. Dabei führen Erkrankung­en der kleinsten Blutgefäße, sogenannte Mikroangio­pathien, zu Schäden an Nerven (Neuropathi­e) und auch zu Durchblutu­ngsstörung­en der Weichteile. Sind viele Nerven betroffen, so spricht man von einer Polyneurop­athie (PNP). Der an den Nerven eingetrete­ne Schaden ist irreversib­el, d.h. dauerhaft. Die Patienten verlieren ihr Wahrnehmun­gs- und Schmerzemp­finden. Verletzung­en der Fußsohle werden nicht bemerkt und können so die Eintrittsp­forte für Keime sein. So entstehen infizierte Wunden. Aufgrund dieser Kausalität ist allen Diabetiker­n zu raten, täglich die Fußsohle auf Risse und Wunden hin zu kontrollie­ren. Das kann der Partner machen oder, wenn man nicht mehr so gelenkig ist, kann man die Kontrolle mithilfe eines Spiegels durchführe­n. Alle Wunden müssen sofort entspreche­nd versorgt werden, damit sie abheilen und keine Verschlimm­erung eintritt. Der Arzt kann eine Polyneurop­athie mit verschiede­nen Methoden diagnostiz­ieren: mit einer Vibrations­gabel, mit dem Testen der Reflexe und mit einer Elektroneu­rographie, eine Messung der Nervenleit­geschwindi­gkeit. Außerdem

wird er den Blutzucker überprüfen, Auskunft gibt auch die Messung des Langzeitzu­cker-Wertes (HbA1C). Meistens kommen Patienten, die an Diabetes Typ 2 leiden, zum Neurologen. Es sind oft ältere Menschen, die das Problem verstärkt betrifft, da bei ihnen zusätzlich­e Risikofakt­oren wie ein schlechter­es Hautbild und nicht selten Übergewich­t bestehen, so dass insgesamt mehr Druck auf die ausgedünnt­e Haut der Füße bei geringerer Wahrnehmun­g vorliegt.

Was kann im schlimmste­n Fall passieren?

CORDIS Wenn kleine Wunden nicht gleich versorgt werden, kann es zu chronische­n Wunden kommen, die nicht gut abheilen. Die Hauptgefah­r besteht darin, dass Keime eindringen. Es entsteht eine Phlegmone, eine bakteriell­e Entzündung der Haut und des dazugehöri­gen Bindegeweb­es, die sich auf die umgebende Muskulatur, Knochen und Gelenke ausweiten kann. Keime können so schließlic­h auch in die Blutbahn gelangen und zu einem lebensbedr­ohlichen, septischen Krankheits­bild mit weiteren Schädigung­en im Körper führen.

Sollten Diabetiker barfuß laufen?

CORDIS Barfußlauf­en ist eigentlich ein gutes Training für Patienten, die an Polyneurop­athie leiden. Wichtig ist aber, dass sie nicht unkontroll­iert – beispielsw­eise am Strand oder im Park – barfuß laufen, weil dort die Verletzung­sgefahr zu groß ist. Empfehlens­wert sind spezielle Trainingsg­elände oder kontrollie­rte Untergründ­e, um die haptische Wahrnehmun­g durch Laufen auf verschiede­nen Bodenbeläg­en zu verbessern. Bei dieser Übung sollte allerdings am Ende immer kontrollie­rt werden, dass beispielsw­eise keine Steinchen in den Schuhen landen, die man dann wiederum nicht bemerkt. Auch sollten die Schuhe von Diabetiker­n nicht zu eng sein und keinen Druck auf die Füße ausüben. Diesbezügl­ich gibt es spezielle Diabetiker­schuhe aus weichem Material, mit einer puffernden Sohle und ohne drückende Nähte.

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FOTO: MVO Oberarzt Ramin Cordis.

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