1000 neue Jobs im Braunkohle-Revier
Nd Erst Microsoft, nun Quanta Computer: In Jülich soll eine Produktionshalle für Bauteile von autonomen Fahrzeugen entstehen. Wüst begrüßt den Wandel zur Digitalregion. Die Kammern mahnen eine sichere Energieversorgung an.
Im Rheinischen Revier sollen auch nach dem Kohleausstieg die Lichter nicht ausgehen. Die Landesregierung verkündete am Dienstag einen neuen Ansiedlungserfolg: In Jülich will die QCG Computer GmbH, eine Tochter der Quanta Computer aus Taiwan, elektronische Anlagen für Fahrzeughersteller produzieren, vor allem für das autonome Fahren. „Auf dem Gelände sollen im Jahr 2025 zunächst 90, bis 2028 insgesamt 360 Arbeitsplätze entstehen“, teilte das Land mit. Und es sollen noch mehr Stellen werden: „Mittelfristig können bis zu 1000 Arbeitsplätze – überwiegend im produzierenden Gewerbe – am Standort entstehen“, erklärte der Brainergy Park Jülich.
Im Februar hatte der US-Konzern Microsoft angekündigt, 3,2 Milliarden Euro zu investieren, die überwiegend ins Rheinische Revier fließen, wodurch rund 300 Arbeitsplätze entstehen sollen. „Nordrhein-Westfalen hat sich auf den
Weg gemacht von der Kohle zur KI. Das Rheinische Revier wandelt sich Schritt für Schritt zur führenden Digital- und Quantenregion“, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Das sei auch „das Ergebnis von beharrlicher Arbeit an den besten Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln“.
Die NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sieht im Quanta-Investment eine Auszeichnung: „Nach der wegweisenden Entscheidung von Microsoft zur Ansiedlung von Rechenzentren ist dieses Vorhaben ein weiterer Vertrauensbeweis für den Zukunftsstandort Nordrhein-Westfalen. Wir werden international wahrgenommen und spielen bei Neu-Ansiedlungen eine immer wichtigere Rolle.“Dies sei ein guter Tag für die Menschen im Revier. Quanta Computer gehört zu den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt.
In Jülich ist eine Produktions- und Lagerhalle mit 20.000 Quadratmeter Fläche geplant. Der niederländische Gewerbeimmobilien-Entwickler
CTP, der mehr als 40 Millionen Euro investiert, vermietet die Halle an Quanta. Baustart ist für das dritte Quartal geplant. Warum kommt Quanta nach NRW? „Hier finden Unternehmen ideale Bedingungen. Besonders überzeugend sind die rasche Verfügbarkeit von Flächen, auch für zukünftiges Wachstum, die unkomplizierten Entscheidungswege zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern
sowie der Zugang zu hochqualifiziertem Fachpersonal“, sagt CTP-Chef Timo Hielscher. Der Brainergy Park Jülich, wo die Halle entstehen soll, ist ein 52 Hektar großer Gewerbepark, den Jülich, Niederzier, Titz und der Kreis Düren entwickeln. Dafür gibt es Subventionen: Bund und Land unterstützen das Brainergy-Projekt mit 79 Millionen Euro.
NRW will bis 2030 aus der Kohleverstromung aussteigen. Allein bei RWE sind im Rheinischen Revier noch 7500 Menschen beschäftigt. Für diese Jobs, deren Abbau sozialverträglich erfolgen wird, wird Ersatz gesucht. Zugleich wachsen die Zweifel am Kohleausstieg 2030, da die Kraftwerksstrategie von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wenig ambitioniert ist. Sie sieht bundesweit den Bau von zehn Gigawatt an neuen Gaskraftwerken vor, benötigt wird aus Sicht der Branche das Doppelte.
Die Industrie- und Handelskammern (IHK) begrüßen die Ansiedlung, sorgen sich aber wegen der Energie. „Quanta wird Hightech-Produkte produzieren. Das wird qualitativ hochwertige Industriearbeitsplätze mit einer hohen Wertschöpfung schaffen“, sagt Jürgen Steinmetz, Vize-Chef der Gesellschafterversammlung der Zukunftsagentur. Weitere HightechFirmen dürften folgen, so wandele sich das Image von der Kohle- zur Digitalregion. Zugleich mahnte er: „Die sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen muss eines der wesentlichen Ziele des Strukturwandels sein.“Ähnlich äußerte sich die Präsidentin der IHK Köln, Nicole Grünewald: „Wir freuen uns natürlich über jede Ansiedelung, gerade von innovativen, produzierenden Unternehmen. Man erkennt aber jetzt schon, dass das Ziel, 15.000 neue Arbeitsplätze bis 2030 zu schaffen, außerordentlich ambitioniert ist.“Gewerbeflächen seien der Schlüssel, hier brauche es mehr Tempo. „Die Landesregierung ist in der Verantwortung, sichere und bezahlbare Energie zu garantieren“, mahnte Grünewald.