Lösung für Landarztmangel gesucht
Zur Debatte steht, niederländische Mediziner anzuwerben. Die Euregio Rhein-Waal soll Möglichkeiten ausloten. Wichtig sei aber, dass beide Seiten profitieren.
In der Region fehlen schon jetzt Ärzte, und die Perspektive ist alles andere als rosig: In den nächsten Jahren verabschieden sich viele Mediziner – die Babyboomer – in den Ruhestand. Der Kreis Kleve weiß um das Problem und hat daher ein Projekt angestoßen, das Abhilfe schaffen könnte: Es geht darum, Initiativen zu entwickeln, um Mediziner aus den Niederlanden am Niederrhein anzusiedeln. Die Kassenärztliche Vereinigung ist mit im Boot, die Euregio Rhein-Waal soll die entsprechenden Kontakte gen Nachbarland knüpfen.
„Wir untersuchen derzeit, ob daraus ein Projekt entstehen könnte“, sagt Heidi de Ruiter, stellvertretende Geschäftsführerin der Euregio Rhein-Waal mit Sitz an der Emmericher Straße in Kleve. Klar sei aber, dass es auf beiden Seiten der Grenze zu wenige Ärzte gebe, Niederländer und Deutsche hätten es mit Wartelisten zu tun. „Wir führen nun erste Gespräche. Es geht uns vor allem darum, gemeinsame Sache zu machen, ein solches Projekt soll auf Gegenseitigkeit und Austausch beruhen“, sagt de Ruiter. Und: „Es darf nicht dazu kommen, dass die eine die andere Seite kannibalisiert. Wir wollen für eine gute Gesundheitsversorgung auf beiden Seiten der Grenze sorgen.“Während man hierzulande den Dialog mit der Kassenärztlichen Vereinigung sucht, ist in den Niederlanden etwa der Hausärzteverband Ansprechpartner. „Wir haben außerdem sehr gute Verbindungen zur Radboud-Universität in Nimwegen“, so de Ruiter.
Bei dem Projekt soll es nicht nur um Allgemeinmediziner, sondern auch um Fachärzte gehen. Da könnte die deutsche Seite für Niederländer entscheidende Vorteile bieten: Hierzulande kommen angehende Mediziner zügiger an einen Platz in der Facharztausbildung, zudem sind Neurologen, Gynäkologen oder Hals-Nasen-Ohren-Ärzte bei uns niedergelassen und selbständig in Praxen tätig. „In den Niederlanden arbeiten Fachärzte, etwa Neurologen oder Kardiologen, in der Regel im Krankenhaus“, sagt de Ruiter. Es gebe aber Ausnahmen: Augen- und Zahnärzte seien auch im Königreich in Praxen tätig. Die Arbeit im Krankenhaus hat freilich Nachteile: Dienste am Wochenende, an Feiertagen und in der Nacht sind obligatorisch. Dass diese Aussicht abschrecken kann, zeigt das Beispiel der Neurologie-Praxis am Emmericher Krankenhaus. Neben Dieter Borrmann sind dort mittlerweile die Niederländer Tessa Schut und Pieter Rodgers tätig – beide hatten sich bewusst gegen das Krankenhausdrumherum entschieden.
Übrigens: Bei der Initiative soll es nicht nur um den Ärztemangel gehen. Auch die Verbesserung des grenzüberschreitenden Rettungsdienstes soll eine Rolle spielen.