„Keine Angst vor Habeck und Baerbock“
Bruno Schmitz kommt am 28. April mit „Stunk unplugged“im Rahmen von „Rees Live“ins Bürgerhaus.
REES Stunk statt Prunk: Seit 40 Jahren rechnet die Kölner Stunksitzung im alternativen Karneval mit den Großen und Mächtigen dieser Welt ab. Seit 25 Jahren gehen die „Stunker“mit ausgewählten Sketchen und Liedern außerhalb der fünften Jahreszeit auch auf Tournee. Im Rahmen der Event-Reihe „Rees Live“kommt „Stunk Unplugged“am Sonntag, 28. April, ins Reeser Bürgerhaus. Mit dabei ist Bruno Schmitz. Der 77-Jährige war von 1970 bis 1985 Lehrer in Rees und Emmerich, bevor er die Beamtenlaufbahn aufgab, um hauptberuflich Kabarettist und Veranstalter zu werden. Mit seinem Kulturbüro Niederrhein holt er auch große Namen ins Reeser Bürgerhaus.
Was ist bei „Stunk Unplugged“anders als bei der „Stunksitzung“?
BRUNO SCHMITZ Das Bühnenbild ist kleiner und dezenter. Wir spielen ja sonst vor 1250 Zuschauern im Kölner E-Werk, in Rees passen wir uns dem süßen kleinen Bürgerhaus an. Es fehlen auch der Elferrat und unsere Hauskapelle Köbes Underground. Aber Musik machen wir trotzdem. Insgesamt sind wir zwölf Leute auf der Bühne, darunter sind viele Stunker der ersten Stunde. Dazu gehöre auch ich.
Warum gründeten die Stunker vor 40 Jahren eine Alternative zum Kölner Karneval?
SCHMITZ Politisch waren wir grünlinks: Hausbesetzer, Friedensdemo, Anti-Atomkraft. Solche Dinge. Unsere Anliegen wollten wir auch in den sonst eher konservativen Karneval bringen, aber nicht als klassisches Kabarett, das ja rein verbal funktioniert. Bei der Stunksitzung spielen wir Sketchen, kurze Szenen. Wir sind eine politische Kabarett-Musik-Show.
Wie stark ist der Stunksitzung-Ableger „Stunk Unplugged“auf Kölner Themen ausgerichtet?
SCHMITZ Gute Frage. Die stellen wir uns auch immer. Sprachlich darf es ruhig etwas rheinisch sein, das versteht man auch am Niederrhein oder im Ruhrgebiet. Aber seit wir vor 25 die Idee hatten, mit „Stunk Unplugged“auf Tournee zu gehen,
wählen wir die Nummern so aus, dass man sie auch außerhalb von Köln versteht. Wir sind damit auch schon in Berlin oder Hamburg aufgetreten.
2022 sorgten Sie in der Rolle des FC-Köln-Trainers Steffen Baumgart für Furore, der die Ampel-Regierung beim Training zusammenfaltet. Wird die Nummer in Rees zu sehen sein?
SCHMITZ Nein, die Nummer ist nicht mehr aktuell, weil Baumgart inzwischen entlassen wurde und jetzt den HSV trainiert. In Rees werde ich einen Lehrer spielen, der sich über Helikoptereltern aufregt. Das passt gut, weil ich ja wirklich Lehramt studiert habe und 15 Jahre Lehrer war.
1985 gaben Sie diese Beamtenlaufbahn auf. Lag das an den Schülern?
SCHMITZ Nein. Ich war gern Lehrer und hatte immer einen guten Draht zu den Schülern. Wenn man so will, waren die ja mein erstes Publikum. Jeder Auftritt dauerte 45 oder 90 Minuten. Ich musste 25 bis 30 junge Leute verzaubern und in meinen Bann ziehen. Deshalb habe ich auch in den Pausen gern Gitarre gespielt. Ich war lieber auf dem Schulhof als im Lehrerzimmer bei den eher langweiligen Kolleginnen und Kollegen.
Fällt es Ihnen – angesichts Ihrer politischen Vergangenheit – eigentlich schwer, heute auf der Bühne grüne Politiker abzuwatschen?
SCHMITZ Ich habe keine Angst davor, auch diejenigen zu attackieren, die sich im grün-linken Umfeld bewegen. Warum sollten wir Robert Habeck oder Annalena Baerbock verschonen?
Die bauen auch Mist. Ich stehe gern auf der Bühne und spiele eine Figur, die sich über Dinge aufregt, die mir auch als Privatmensch nicht gefallen.
Gab es in 40 Jahren „Stunksitzung“auch waschechte Skandale?
SCHMITZ Die Skandale bestanden eher darin, dass der WDR ein paar Sketche zensiert hat, damit es erst gar nicht zum Skandal kommen konnte. Dabei ging es eigentlich immer um die katholische Kirche. Ich war auch mal Kardinal Meisner, der Papst Benedikt in seiner Kölner Villa beherbergt. Wir haben da durchs Schlüsselloch geschaut, wie die beiden Herren sich bettklar machen. Das war die einzige Nummer, die der WDR in 40 Jahren „Stunksitzung“komplett gestrichen hat. Ein paar andere Sachen wurden leicht gekürzt oder ein böses Wort wurde weggepiept.
Seit knapp 30 Jahren bringen Sie mit Ihrem Kulturbüro Niederrhein Kabarettisten und Comedians ins Reeser Bürgerhaus. Erinnern Sie sich noch an die Anfänge?
SCHMITZ In den 1990er-Jahren war Ali Übülüd mit „Hallo Chefe, alles paletti“sehr erfolgreich. Ich buchte ihn als Opener für eine Kabarettund Comedy-Reihe in Rees. Der Abend war ausverkauft. Als ich anbot, weitere Künstler zu holen, war die Stadt Rees sehr erfreut. Dann kamen bekannte, sehr bekannte Leute wie Hella von Sinnen, Gaby Köster, Atze Schröder, Herbert Knebel, Jürgen Becker und viele mehr.
War es vor 30 Jahren leichter, große Namen nach Rees zu holen?
SCHMITZ Ja, die Szene war noch nicht so gut entwickelt. Durch Fernsehsendungen wie „RTL Samstag Nacht“oder „7 Tage, 7 Köpfe“wurden die Comedians dann bekannter und wollten größere Hallen bespielen. Heute hilft es mir, dass ich selbst seit Jahrzehnten auf der Bühne stehe und viele Künstler kenne oder mit ihnen befreundet bin. Wenn ich sie einlade, steigt die Chance, dass sie auch in einem Bürgerhaus mit nur 500 Plätzen auftreten. Obwohl immer mehr Agenturen mindestens 1000 Plätze fordern.
Wie wichtig ist die Fernsehprominenz der Künstler für den Kartenverkauf?
SCHMITZ Sehr wichtig. Leider denken manche Leute: „Den kenn‘ ich nicht, da geh‘ ich nicht hin!“So verpassen sie einen tollen Abend. Ich bin froh, dass ich am Niederrhein weiter auf feste Größen wie Herbert Knebel, Jürgen Becker oder Wilfried Schmickler bauen kann. Mir ist aber auch wichtig, etwas für die jüngeren Künstler und Zuschauer zu tun: Osan Yaran hat kürzlich für eine ausverkaufte Klever Stadthalle gesorgt, Abdelkarim für ein ausverkauftes Reeser Bürgerhaus. Obwohl ich inzwischen ein älterer Typ von 77 Jahren bin, habe ich den Blick auf die Jüngeren nicht verloren.