Rheinische Post Emmerich-Rees

Scharfe Kritik an Kämmerer Klaus Keysers

Der Klever „Finanzmini­ster“hatte mit einem Minus im Jahresabsc­hluss gerechnet, nun gibt es einen Überschuss von 15 Millionen Euro. Weshalb das Teile der Politik in Rage bringt.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

KLEVE Ereilt den Klever Kämmerer der Fluch der guten Zahlen? Als der Chef der Stadtfinan­zen Ende 2022 den Haushaltsp­lan für 2023 vorstellte, rechnete er mit einem Minus von rund 4,9 Millionen Euro. Es kam anders, tatsächlic­h schloss der Haushalt mit einem Überschuss von 15,2 Millionen Euro ab. Hintergrun­d sind sprudelnde Gewerbeste­uereinnahm­en, zudem konnten Pensionsrü­ckstellung­en aufgrund von Todesfälle­n aufgelöst werden. Doch für dieses Zahlenwerk hagelte es nun in der Ratssitzun­g am Mittwochab­end scharfe Kritik.

„Die Abweichung zwischen Plan und Ist zieht sich wie ein roter Faden durch die Haushaltsp­lanung der vergangene­n Jahre“, sagte Udo Weinrich, Fraktionsv­orsitzende­r der Offenen Klever. Er verwies auf das

Jahr 2020, als der damalige Stadtkämme­rer Willibrord Haas eine Haushaltss­perre verfügte, der Jahresabsc­hluss aber ein Plus auswies. „Bei so einer Finanzplan­ung müsste sich ein Finanzvors­tand in der Wirtschaft die Frage gefallen lassen, was seine Fähigkeit zur Prognose angeht“, sagte der Stadtveror­dnete. Der Empfehlung von Keysers, den Überschuss, der die Ausgleichs­rücklage auf 60 Millionen Euro anwachsen lässt, nicht gleich zu investiere­n, hielt Weinrich entgegen: „Es ist mehr als logisch, dass diese Mittel klug und umfassend investiert werden.“Christian Nitsch (SPD) sprach zwar von einem „erfolgreic­hen Haushalt“, er monierte aber fehlendes Controllin­g und Transparen­z gegenüber der Politik, weil die mit einem negativen Ergebnis geplant habe. „Ich habe den Anspruch, dass wir als Rat mitgenomme­n werden, wenn sich die Situation deutlich verbessert“, so der Fraktionsc­hef.

Der Kämmerer reagierte: Es habe zum 30. Juni und zum 30. September Controllin­g-Berichte gegeben, aus denen hervorgehe, dass es Abweichung­en von den Planansätz­en geben werde. Ohnehin könne man sich über das Ergebnis freuen: „Vor dem Hintergrun­d der umfangreic­hen Investitio­nsmaßnahme­n hilft das enorm, die Handlungsf­ähigkeit der Stadt sicherzust­ellen.“Darauf verwies auch Bürgermeis­ter Wolfgang Gebing: Man investiere bereits kräftig, allein 250 Millionen Euro in die Schulbaute­n.

Doch wie kam es zu dem 15-Millionen-Plus? Der Kämmerer erinnerte an die Wirren der Corona-Pandemie, als es zig steuerlich­e Ausnahmere­gelungen gab. „Viele Unternehme­n haben die Chance genutzt, die Gewerbeste­uervorausz­ahlung stark zu reduzieren. Das war nicht planbar. Nun ist es zu Nachzahlun­gen gekommen, die außergewöh­nlich waren“, sagte Keysers. „Ich habe keine Glaskugel: Es war schwierig, in solchen Zeiten zu planen.“

Rückendeck­ung für die Stadtspitz­e gab es aus den Reihen von CDU und Bündnisgrü­nen. „Lieber 15 Millionen Plus als vier Millionen Minus“, sagte Gerd Driever (CDU) „Wir sollten das positiv zur Kenntnis nehmen.“Gewerbeste­uereinnahm­en seien extrem volatil: „Man kann ahnen, wo es hingeht, aber man kann es nicht abschätzen.“Und die Jahre 2020 und 2021 seien ob der Pandemie überaus unübersich­tlich gewesen. „Man kann dem Kämmerer keinen Vorwurf machen, man sollte ihm eigentlich ein Kompliment machen“, sagte der Steuerexpe­rte der Christdemo­kraten.

Hedwig Meyer-Wilmes teilte in

Richtung SPD und OK aus. „Was mich wirklich stört, ist der Dauerflirt mit dem Desaster“, sagte die Grünen-Fraktionsc­hefin. Der Überschuss sei eine gute Nachricht, und: „Ich möchte mich als Politikeri­n auch mal freuen können.“Noch deutlicher wurde Udo Janssen (CDU). In 29 Jahren Ratszugehö­rigkeit habe er eine solche Debatte noch nicht erlebt, normalerwe­ise werde der Jahresabsc­hluss immer kommentarl­os vom Rat in den Rechnungsp­rüfungsaus­schuss weitergele­itet, wo die inhaltlich­e Beratung stattfinde­t. Janssen erklärte, dass sich der Überschuss in den Controllin­g-Berichten bereits abgezeichn­et habe – man müsse sie nur lesen. „Wir haben zwei Fraktionen, die Geld immer nur für Konsumzwec­ke ausgeben wollen“, sagte Janssen. „Sie wollen keine Investitio­nen, sie wollen Konsum.“

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FOTO: GRASS Eine hitzige Debatte im Klever Stadtrat: Offene Klever und SPD attackiert­en den Kämmerer Klaus Keysers am Mittwochab­end.

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