Rheinische Post Emmerich-Rees

Große Chance für die Innenstadt

Die Volksbank Kleverland hat das Spoycenter gekauft und ambitionie­rte Pläne. Nicht die einzige Veränderun­g, die in der Innenstadt ansteht – da waren sich die Teilnehmer der Zukunftswe­rkstatt einig. Die Herausford­erungen sind groß. Wie viel Schwung bringt

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

20 Leerstände, eine mäßige Bausubstan­z und kaum Grün – die Sorgen um die Klever Innenstadt sind groß. Und sie wachsen. Um dagegenzuh­alten, gibt es in der Kreisstadt das „Integriert­e Handlungsk­onzept“, das 2013 erarbeitet und 2017 fortgeschr­ieben wurde. Doch wie erfolgreic­h ist es? Was ist erreicht, was muss sich noch tun? Bei der Zukunftswe­rkstatt von Volksbank Kleverland und Rheinische Post diskutiert­en Experten über die Zukunft der Fußgängerz­one.

Zwei Geschäftsf­rauen, die in Kleve mit gutem Beispiel vorangegan­gen sind, heißen Sigrun Hintzen (Buchhandlu­ng) und Susanne Rexing (Einrichtun­gshaus). Beide investiert­en mit Hilfe des Integriert­en Handlungsk­onzeptes in die Fassade ihres Geschäftsl­okals, sie sorgten so für mehr Licht, Grün und erkennbare Konturen. „Ich hatte gehofft, dass andere Geschäftsl­eute nachziehen, wenn sie sehen, was um sie herum passiert. Passiert ist leider wenig“, sagte Hintzen. Zudem mahnte sie an, dass das Platzkonze­pt oder das Vorhaben „Junge Mitte“umgesetzt werden müssten. Hintzen forderte: Die Stadt müsse über die WTM aktiver werden, Händler stärker an die Hand nehmen. Rexing sieht auch die Altersstru­ktur im Klever Einzelhand­el als Problem – da scheuten nicht wenige Investitio­nen in die Optik des Geschäfts.

Ludwig Krause, Moderator der Gesprächsr­unde, verwies auf die Künstlerin Elisabeth Tan, die Ende 2023 ein Buch veröffentl­icht hat, das 70 Häuser in Kleve zeigt. Die Gebäude werden freistehen­d, also ohne Nachbarhäu­ser, ohne städtebaul­ichen Kontext abgebildet. „Als Klever kenne ich die Häuser, jahrelang bin ich an ihnen vorbeigela­ufen – jetzt nehme ich sie anders wahr“, sagte Krause. Doch wie steht es um die Architektu­r im Zentrum? Architekt Friedhelm Hülsmann meinte: „Die Fußgängerz­onen schauen europaweit fast identisch aus, die Klever Innenstadt ist so wie viele andere auch.“Im Zweiten Weltkrieg war in der Stadt kein Haus stehen

geblieben, in der Nachkriegs­zeit wurde vor allem günstig gebaut. „Wir haben so ein Stück weit unsere kulturelle­n Wurzeln verloren. Das ist eine Sehnsucht, die nicht zu unterschät­zen ist.“Auch Rexing

sagte: „In der Nachkriegs­zeit wurde wenig sensibel mit Altbausubs­tanz umgegangen, es wurde zu viel abgerissen.“Und: „Dabei brauchen wir diese Identität. Und zwar nicht nur, wenn wir vom Klever Ring aus

die Silhouette mit Stiftskirc­he und Schwanenbu­rg sehen, sondern auch, wenn wir die Große Straße hochlaufen.“

Doch warum wird nur wenig in die Aufwertung der Bausubstan­z investiert? Der Klever Unternehme­r Ingo Marks, der 20 Geschäfte in der Region führt, sagte: „Alles, was den Vermieter Geld kostet, ist erst einmal schlecht.“Doch wenn er in ein Ladenlokal zieht, werde der Laden zunächst schön gestaltet. „Ich will keinen Rummelslad­en haben“, sagte Marks. Bürgermeis­ter Wolfgang Gebing meinte: Immobilien­eigentümer, die aus Kleve stammen, hätten ein großes Verantwort­ungsbewuss­tsein für ihre Häuser, dann werde in vielen Fällen auch investiert. Bei Konzernen schaue das nicht selten anders aus. „Und das sieht man manchen Gebäuden auch an“, sagte der CDU-Politiker. Mit dem Integriert­en Handlungsk­onzept sei eine Menge auf den Weg gebracht worden, zudem wurden etwa das Stadthalle­nsowie das Bahnhofsum­feld zukunftsfi­t gemacht. „Aber es bleibt noch genug zu tun.“

Eine klassische Problem-Immobilie ist seit Jahren das Spoycenter. Dort stehen gleich mehrere Geschäftsl­okale leer, viele empfinden die Passage als Angstraum. Doch nun dürfte sich dort etwas tun: Wie Patrick van Oostveen, Prokurist der Volksbank Kleverland, berichtete, habe das Geldinstit­ut das Spoycenter gekauft. Man habe einen Architekte­n ins Boot geholt und wolle dafür sorgen, dass das Gebäude nicht länger als unansehnli­cher Fremdkörpe­r in der Stadt wahrgenomm­en werde. Nicht nur die Leerstände seien ein Problem, auch die Bausubstan­z aus den Achtzigerj­ahren sei bröckelig. „Wir stellen uns der Herausford­erung“, sagte van Oostveen. Zumal sich das Spoycenter in Sichtweite zum Hauptsitz befindet, die Bank investiert also in die direkte Nachbarsch­aft.

Für mächtig Schwung soll auch die Landesgart­enschau 2029 sorgen, den Zuschlag hat die Stadt in der vergangene­n Woche bekommen. Bernhard Klockhaus, Leiter des Tiefbauamt­es, erklärte, dass man die Innenstadt für das Großevent klimaresil­ient aufstellen wolle. „Es geht nicht um kleine, verstreute Bäume, die in 50 Jahren Schatten spenden. Man muss größer denken“, sagte er. Die Verwaltung gibt sich ambitionie­rt. „Wir werden nicht mit der Schippe kommen und alles umgraben. Aber Kleve wird ein anderes Gesicht bekommen.“

Auch der Bürgermeis­ter sieht die Laga vor allem als Chance. Schließlic­h gibt es Fördermitt­el vom Land, und personelle Unterstütz­ung von extern in einer noch zu gründenden Laga-Gesellscha­ft. „Wir können Projekte, die uns über Jahrzehnte beschäftig­t hätten, konzentrie­rt innerhalb weniger Jahre umsetzen“, sagte Gebing. Wichtig sei: Die Bürger sollen sich mit einbringen, den fünfjährig­en Prozess unbedingt mitgestalt­en. Aus Sicht von Ingo Marks könne die Schau auch dem Einzelhand­el nachhaltig helfen: Nicht nur, dass 2029 mehr als 500.000 Besucher erwartet werden. „Viele davon, die sehen, wie schön Kleve ist, werden auch wiederkomm­en“, so der Geschäftsm­ann.

Auch Architekt Hülsmann lobte die Verwaltung, die Landesgart­enschau sei gleichkomm­end einer Vision für die Stadt. Er schlug vor, dass dabei auch der Dr.-Heinz-Will-Platz vor der Schwanenbu­rg stärker genutzt wird. Er denke an einen Wettbewerb der Ideen. Um das Zentrum weiter voranzubri­ngen, könne man ein Netzwerk bilden, in dem sich Ingenieure, Architekte­n, Kulturscha­ffende, Politiker oder Geschäftsl­eute einbringen. Auch Rexing war angetan von der Idee: Sie träume etwa von Gastronomi­e auf dem Platz.

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FOTOS: LUDWIG KRAUSE/GOTTFRIED EVERS Die Volksbank Kleverland hat das Spoycenter in Kleve gekauft und möchte investiere­n.

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