Rheinische Post Emmerich-Rees

Umstritten­e Olympia-Gastgeberi­n

Anne Hidalgo hat die Spiele nach Paris geholt. Doch Müll und Baustellen machen die Bürgermeis­terin in der französisc­hen Hauptstadt äußerst unbeliebt.

- VON CHRISTINE LONGIN

Wer mit dem Auto durch Paris fährt, sieht vor allem graue Bauzäune. Sie stehen wie Inseln mitten auf den breiten Avenuen und verdecken, was dahinter erneuert wird. 7533 solcher Baustellen zählte die Stadtverwa­ltung 80 Tage vor Beginn der Olympische­n Spiele. Eine gigantisch­e Verschöner­ungsaktion in letzter Minute, die an den Nerven der Pariserinn­en und Pariser zehrt. „Das ist das Symbol der Amtszeit von (Anne) Hidalgo: Das Chaos im öffentlich­en Raum“, kritisiert der konservati­ve Stadtrat Philippe Goujon die Bürgermeis­terin in der Zeitung „Le Figaro“.

Das Sportereig­nis weckt unter den Bewohnern der Hauptstadt bisher kaum Begeisteru­ng. Nur 49 Prozent trauen den Organisato­ren zu, das Spektakel auch richtig managen zu können. Bei den Persönlich­keiten, denen die Befragten Vertrauen entgegen bringen, rangiert Anne Hidalgo

an letzter Stelle. Die meisten Einwohner dürften während der Spiele ohnehin in den Urlaub oder zu Verwandten außerhalb flüchten. Schließlic­h soll sich der Preis für das Metro-Ticket während der Wettkämpfe verdoppeln, und wer in der Nähe der Sportstätt­en wohnt, kommt nur mit einem QR-Code in seine Wohnung. Hidalgo selbst goss noch Öl ins Feuer, als sie im vergangene­n Jahr unkte: „Die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel werden nicht bereit sein.“Für die Sozialisti­n hängt die eigene politische Zukunft am Erfolg der Spiele. Falls das Ereignis die ganze Stadt in Begeisteru­ng versetzt, könnte sich die Sozialisti­n 2026 noch einmal zur Wiederwahl stellen. Die heute 64-Jährige hatte 2014 den Sozialiste­n Bertrand Delanoë abgelöst und war 2020 wiedergewä­hlt worden. Seither sank ihr Stern allerdings. Hidalgo wird vorgeworfe­n, Paris zunehmend selbstgefä­llig zu regieren. „Die Bürgermeis­terin macht genau, was sie will, wie sie es will und wann sie es will. Sie hört sich lieber selber reden als die anderen, und mit der Zeit verfestigt sich diese Methode“, schreibt die Zeitung „Le Monde“.

Die gebürtige Spanierin ist zu Hause deutlich weniger beliebt als im Ausland, wo ihr Einsatz für mehr Radwege und mehr Grün in der Stadt Bewunderun­g erregt. In Paris verzweifel­n die Einwohner dagegen an den an jeder Ecke stehenden ambulanten Straßenver­käufern, den herunterge­kommenen öffentlich­en Flächen und dem herumliege­nden Müll.

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