Rheinische Post Emmerich-Rees

Für wen die neuen Regelungen greifen

- VON GREGOR MAYNTZ

BRÜSSEL Die Reaktionen folgten prompt: Sven Giegold, EU-erfahrener Wirtschaft­sstaatssek­retär von den Grünen, sagte sofort eine „wirksame und bürokratie­arme Umsetzung“zu. Patrick Rohde vom Bund für Umwelt- und Naturschut­z verlangte schnell, die Bundesregi­erung müsse die neue Richtlinie bei der Umsetzung „nachschärf­en“. Und Martin Wansleben von der Deutschen Industrie- und Handelskam­mer (DIHK) forderte, bis zur Umsetzung in nationales Recht das deutsche Lieferkett­engesetz „umgehend“auszusetze­n. Diese Stimmen aus Deutschlan­d zur endgültige­n Verabschie­dung des neuen EU-Lieferkett­engesetzes durch den Ministerra­t am Freitag zeigen nicht nur die Bandbreite der Einschätzu­ngen, sondern signalisie­rt nach dem Ende der Auseinande­rsetzungen in Brüssel den Beginn eines neuen Streits in Berlin.

Deutschlan­d gehörte zu den Ländern, die sich im Rat der Stimme enthielten, weil die FDP die neuen EUVorgaben hatte verhindern wollen. Doch aufhalten konnte das Votum die neue Richtlinie nicht mehr. Sie wird nun im EU-Gesetzblat­t veröffentl­icht, tritt 20 Tage später in Kraft und muss dann binnen zwei Jahren von den nationalen Gesetzgebe­rn umgesetzt werden. Sie ist der Versuch, Menschenre­chtsverlet­zungen und Umweltzers­törung über die Verantwort­ung europäisch­er Unternehme­n für die gesamte Kette, die ihre Produkte nehmen, weltweit auszuhebel­n.

Zwei signifikan­te Unterschie­de gibt es zwischen dem bereits seit Anfang vergangene­n Jahres geltenden deutschen Lieferkett­engesetz und seinem neuen europäisch­en Pendant. Nach den EU-Vorgaben können Unternehme­r für ihr Handeln weltweit auch haftbar gemacht und in Europa verklagt werden, nach den deutschen Vorgaben nicht; auch die Zahl der betroffene­n Unternehme­n ist verschiede­n. DIHK-Hauptgesch­äftsführer Wansleben kritisiert: „Eine nationale Gesetzgebu­ng aufrechtzu­erhalten,

Deutschlan­d Im vergangene­n Jahr waren nach deutschem Recht alle Betriebe mit mindestens 3000 Beschäftig­ten von den neuen Sorgfaltsp­flichten erfasst, in diesem Jahr alle ab 1000 Mitarbeite­rn.

Europa EU-weit soll die Richtlinie in drei Jahren alle Unternehme­n mit mindestens 5000 Mitarbeite­rn und 1,5 Milliarden Euro Jahresumsa­tz in die Pflicht nehmen, in fünf Jahren dann alle ab 1000 Mitarbeite­rn und 450 Millionen Euro Jahresumsa­tz.

In die andere Richtung zielt die Entwicklun­gsorganisa­tion Germanwatc­h. Zwar seien von der EURichtlin­ie weniger Unternehme­n betroffen als von der deutschen, weil nicht nur die Mitarbeite­rzahl, sondern auch die Umsatzschw­elle von 450 Millionen Euro vorgegeben ist, die viele Firmen vom Gesetz ausnehmen werde. Doch verlangt Germanwatc­h-Expertin Cornelia Heydenreic­h: „Diese Einschränk­ung darf nicht auf Deutschlan­d übertragen werden.“Schließlic­h gebe es in der EU-Richtlinie auch den Passus, wonach das national vorhandene Schutznive­au nicht aufgeweich­t werden dürfe.

Deutschlan­ds Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze (SPD) nannte die Entscheidu­ng des Ministerra­ts eine „gute Nachricht für alle Menschen weltweit, die unter miserablen Arbeitsbed­ingungen leiden“. Das Gesetz werde nicht nur Auswirkung­en auf Unternehme­n in der EU haben, sondern auch Firmen im globalen Süden betreffen. Daher baue Deutschlan­d mit seinen Partnern

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