Neue Ermittlungen gegen Middelhoff
Die Staatsanwaltschaft verdächtigt ihn der Falschaussage im Kirch-Prozess.
MÜNCHEN (rtr) In den Ermittlungen wegen Aussagen im Kirch-Schadenersatzprozess gegen die Deutsche Bank sind auch der englische Zentralbanker Michael Cohrs sowie der frühere Bertelsmann- und Arcandor-Chef Thomas Middelhoff ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Cohrs, der früher dem Vorstand der Deutschen Bank angehörte, und Middelhoff würden der uneidlichen Falschaussage verdächtigt, sagte ein Sprecher der Behörde in München. Cohrs ist nach einer Karriere als Investmentbanker externes Mitglied des Direktoriums der Bank of England. Middelhoff, der früher Bertelsmann und später den Warenhauskonzern Arcandor führte, ist heute als Medienunternehmer tätig.
Cohrs war zunächst nicht zu erreichen. Auch von der Bank of England war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Die Deutsche Bank und der Finanzinvestor EQT, für den Cohrs als Berater arbeitet, wollten sich nicht äußern. Middelhoffs Anwalt Winfried Holtermüller wies die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten zurück. Middelhof habe als Zeuge wahrheitsgemäß ausgesagt, sagte Holtermüller. Laut „Süddeutscher Zeitung“soll Middelhoff 2002 in einer Runde unter anderem mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem damals amtierenden Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Rolf Breuer über die Zukunft des KirchKonzerns gesprochen haben.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen und mehrere frühere Top-Manager. Sie hätten das Gericht belogen, um Schadenersatzansprüche gegen die Deutsche Bank abzuwenden. Die Bank hat diese Vorwürfe zurückge- wiesen. Fitschen, seine Amtsvorgänger Breuer und Josef Ackermann sowie weitere Top-Banker werden des versuchten Prozessbetrugs verdächtigt, lautet der Vorwurf gegen Cohrs und Middelhoff auf Falschaussage. In beiden Fällen liegen die Höchststrafen bei fünf Jahren Gefängnis. Gegen Fitschen & Co, Cohrs und Middelhoff liefen drei getrennte Verfahren, sagte der Sprecher. Zunächst werde das Verfahren gegen Fitschen & Co. vorangetrieben: „Wir wollen das möglichst in diesem Jahr oder noch in der ersten Jahreshälfte zu Ende bringen.“Zu Details der Vorwürfe gegen Cohrs und Middelhoff wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern.
Das Gericht hat den Kirch-Erben bereits Schadenersatz zugesprochen, weil die Deutsche Bank für den Zusammenbruch des Medienimperiums vor zwölf Jahren mitverantwortlich sei. Der damalige Bankchef Rolf Breuer hatte in einem Fernsehinterview Zweifel an der Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe gesät. Um die Schadenhöhe wird noch gerungen – die Kirch-Erben fordern allein in diesem Prozess zwei Milliarden Euro.