Gut, dass es Werksvereine gibt
Der Mann mit dem unschlagbar schönen Namen Albert Romolo Broccoli wusste das Publikum zu faszinieren. Einen coolen Helden brauchte der Produzent der James-Bond-Filme stets, ein paar liebreizende Schönheiten und natürlich einen leicht erkennbaren Bösewicht wie Gerd „Goldfinger“Fröbe oder den Beißer in Moonraker.
Die Rollenverteilung ist für die Mehrheit der Fußballfans nicht ganz so eindeutig, wenn es um die Helden und die liebreizenden Schönheiten geht, wohl aber bei der Identifikation der Bösewichte. Die Werks-Plastik-Retorten-Klubs sind für sie Abgesandte aus dem Reich des Bösen, wo russische Oligarchen, arabische Scheichs und eben deutsche Konzerne oder Milliardäre hausen. Nichts geht über ein ordentliches Feindbild.
Die TSG Hoffenheim, bei der ein übermotivierter Marketingexperte mal das Gründungsjahr 1899 in den Vordergrund geschoben hat, verabschiedet sich ein wenig von der Großmannssucht und damit aus den Schlagzeilen. Und Bayer Lever-
Der VfL Wolfsburg demonstriert gerade seine Macht und Möglichkeiten. Der VW-Klub sichert sich den von der halben Liga umworbenen Kevin de Bruyne. Werksvereine beleben das Geschäft und dienen manchem als Bösewicht.
kusen genießt (zumindest außerhalb Kölns) doch ein wenig Anerkennung, mitunter sogar zarte Zuneigung im Land.
Wenn die lieben Traditionalisten diese Woche aber auf den VfL Wolfsburg angesprochen werden, laufen sie grün an. Volkswagens Fußballabteilung hat sich die Dienste Kevin de Bruynes gesichert und damit den zahlreichen anderen Interessenten an dem begabten Belgier die lange Nase gezeigt. Mehr als 20 Millionen Euro in der Winterpause hinzublättern, das ist eine Demonstration von Macht und Möglichkeiten. Nebenbei ist das ein Beleg dafür, dass die Engländer ganz richtig liegen, wenn sie die Transferperiode als „silly season“, als „alberne Jahreszeit“, bezeichnen.
Nun ist es so, dass die Niedersachsen schon früher mit großen Summen um sich geworfen haben und sogar Meister geworden sind. Das aktuelle Unbehagen der Konkurrenten und der Traditionalisten speist sich allerdings aus der berechtigten Vermutung, dass beim VW-VfL jetzt Leute am Ruder stehen, die den Klub dauerhaft in die Spitze chauffieren könnten: Sportchef Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking. Sie können mit dem vielen Geld etwas anfangen.
Grundsätzlich, meine lieben Traditionalisten, ist es allerdings zu begrüßen, dass Konzerne wie Volkswagen und Bayer den Fußball als Werbevehikel nutzen (jedenfalls deutlich eher zu begrüßen als die Förderung von Fußballklubs durch Steuerzahlergelder, was es ja hier, dort und in Kaiserslautern gegeben haben soll). Auch bei allen anderen Vereinen sind die Zuwendungen aus der Wirtschaft wichtige Posten in der Bilanz.
Die Konkurrenz zwischen Klubs, die von ihrer breiten Fanbasis leben, von Vereinen, deren Nachwuchskonzept regelmäßig aufgeht und eben von Werksklubs tut der Liga gut. Diese unterschiedlichen Konzepte beleben das Geschäft – und sie sorgen immer wieder für wunderschöne Diskussionen um Helden, liebreizende Schönheiten und Bösewichte.