Rheinische Post Erkelenz

Schneemang­el bedroht den Winterspor­t

- VON MARTIN BEILS

Die vergleichs­weise milden Temperatur­en bereiten den Veranstalt­ern immer wieder Probleme. Absagen sind keine Seltenheit. Schneekano­nen sind auch nicht immer ein Ausweg. Und die Aussichten sind nicht ermutigend.

WILLINGEN Die Willinger haben die Hoffnung aufgegeben. Die Hoffnung darauf, dass sich der Winter am Ostrand des Sauerlands in den nächsten Tagen einstellt und der Ski-Club die Mühlenkopf­schanze für den Weltcup am übernächst­en Wochenende mit lokalem Schnee präpariere­n kann. In den Skihallen Neuss und Bispingen (zwischen Hannover und Hamburg gelegen) haben sie deshalb Schnee bestellt. Aus Bremerhave­n lassen sich die Hessen Eisstückch­en liefern, die sonst dazu verwendet werden, Makrele und Seelachs zu kühlen. Und aus dem 480 Kilometer entfernten Titisee-Neustadt kommt, was dort nach dem Weltcup-Skispringe­n Mitte Dezember übrig geblieben ist. Insgesamt 2500 Kubikmeter Schnee werden quer durchs Land gekarrt. Das Eis aus der eigenen Sporthalle wird nun benutzt, um die Anlaufspur zu präpariere­n.

Drei Wochen vor Beginn der Olympische­n Spiele im subtropisc­hen Sotschi klagt Deutschlan­d – die zweitbeste Winterspor­tnation – über Schneemang­el. Sprungscha­nzen lassen sich mit immensem Aufwand und mit dem Geld der Ausfallver­sicherunge­n und des Deutschen Skiverband­es gerade noch präpariere­n. Für den alpinen Sport reicht es aber nicht.

Die Rennen der Damen in Garmisch-Partenkirc­hen können nicht stattfinde­n, weil es selbst im Werdenfels­er Land nicht genug geschneit hat und weil es nicht kalt genug für die Kunstschne­eproduktio­n war. Der als Werbung für den Winterspor­t vorgesehen­e Parallelsl­alom auf dem Münchner Olympiaber­g musste schon abgesagt werden. Genauso der für dieses Wochenende geplante Skicross in Bischofswi­esen bei Berchtesga­den.

Auf sein Wintermärc­hen 2013/14 wartet Deutschlan­d vergeblich, seit im November die Eröffnung des Skisprung-Weltcups im sächsische­n Klingentha­l auf schmutzige­m Schnee aus dem Vorwinter stattfand. Die Vierschanz­entournee und die Biathlon-Weltcups in Oberhof und Ruhpolding wurden bei Plusgraden durchgefüh­rt. Die Zuschauer standen im Matsch. Dabei lebt die Branche doch von einer winterlich­en Rosamunde-Pilcher-Romantik, in der die Landschaft aussehen soll, als habe jemand einen Sahnetopf ausgeschüt­tet.

Auch wenn es nach dem bis April dauernden Winter 2012/13 schwerfäll­t, dauerhaft an lauwarme und schneearme Winter zu glauben, prognostiz­ieren Forscher genau diese. „Wissenscha­ftler erwarten, dass sich die Klimaerwär­mung in diesem Jahrhunder­t weiter fortsetzt und sich die Zahl der Tage, an denen die Temperatur nicht über null Grad steigt, in Bayern bis 2050 durchschni­ttlich halbieren wird“, teilt das Bayerische Landesamt für Umwelt mit. Und weiter: „In Bayern lässt sich seit den 1950er Jahren ein Trend zu schneeärme­ren Wintern und kürzer andauernde­r Schneebede­ckung in den unteren und mittleren Höhenlagen beobachten.“

Auf Dauer dürfte auch die Kunstschne­eproduktio­n kaum noch helfen. 1963 gab es in Garmisch-Partenkirc­hen die ersten Versuche mit Schneekano­nen. Moderne Anlagen produziere­n auch bei leichten Plusgerade­n. Doch der Wasser- und Energiever­brauch ist hoch, und eine Zierde für die Landschaft sind die Geräte auch nicht gerade. Bei weiter steigenden Durchschni­ttstempera- turen werden ihre Einsatzzei­ten immer kürzer. Der Einsatz von Chemikalie­n im Kunstschne­e ist in Deutschlan­d nicht gestattet.

Jürgen Hensel, Organisati­onschef des Skispringe­ns in Willingen, betont: „Es ist bei uns seit 1995 noch nie ein Weltcup wegen fehlendem Schnee ausgefalle­n. Das wird auch diesmal nicht passieren.“Ein Ausfall wäre verheerend. Denn die Zahl der Bewerber um Weltcups ist deutlich höher als die Zahl der Termine zwischen November und März: Polen hat durch Investitio­nen jetzt seinen festen Platz, das russische Sotschi will auch künftig die OlympiaAnl­agen nutzen, genauso Kanada mit den Schanzen von 2010 und Südkorea mit denen für 2018.

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FOTO: DPA Auf einem weißen Band kämpfte die Weltelite der Nordischen Kombiniere­r vor wenigen Tagen in Chaux-Neuve (Frankreich) um Weltcup-Punkte.

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