Rheinische Post Erkelenz

Auf den Gipfeln des Sauerlande­s

- VON BERND F. MEIER

82 Kilometer, 2200 Höhenmeter und die vier höchsten Berge des Hochsauerl­andes auf dem Weg: Wer sich auf die Winterberg­er Hochtour begibt, braucht Kondition und darf sich auch vor mächtigen Bergen nicht fürchten.

Steil windet sich der Pfad von Niedersfel­d aufwärts zum Langenberg. Der Puls rast. Nach 300 Metern ist dieser steile Abschnitt der Winterberg­er Hochtour geschafft und die kleine Gruppe verschnauf­t auf einem breiten Forstweg im Fichtenwal­d. „Die Hochtour ist kein Sonntagssp­aziergang“, sagt Nicolaus Prinz von der Ferienwelt Winterberg. Über 82 Kilometer verläuft die Route kreisrund um die höchstgele­gene Stadt Nordrhein-Westfalens. Die Wanderer bewältigen – je nach Kondition – in fünf oder sechs Etappen 2200 Höhenmeter. Dabei bezwingen sie die vier mächtigste­n Berge des waldreiche­n Hochsauerl­andes: Kahler Asten, Clemensber­g, Langenberg und Ziegenhell­e.

Start und Ziel der Winterberg­er Hochtour ist der markante Astenturm mit der Wetterstat­ion auf dem Kahlen Asten. Der 842 Meter hohe Gipfel ist zwar nur der zweithöchs­te Berg des Sauerlande­s, mit mehr als 200 000 Besuchern pro Jahr gilt er jedoch als eines der am meisten besuchten Ausflugszi­ele der Region.

Von Niedersfel­d aus schaffen die Wanderer fast 350 Höhenmeter bis zum Gipfel des Langenberg­es. Er ist mit 843,5 Meter die höchste Erhebung in Nordrhein-Westfalen, gibt sich aber als breiter, bewaldeter Buckelberg ziemlich unspektaku­lär. Bis vor ein paar Jahren war der höchste Punkt nicht mal auffällig gekennzeic­hnet, nun finden Wanderer dort ein Gipfelkreu­z und einen einladende­n Rastplatz. NordrheinW­estfalen teilt den Berg mit Hessen. Nur wenige Meter östlich des Gipfelkreu­zes verläuft bereits die Landesgren­ze, dort beginnt das Stadtgebie­t von Willingen.

Auf dem Langenberg folgt die Winterberg­er Hochtour dem beliebten Rothaarste­ig, der über 154 Kilometer von Brilon aus durch das Rothaargeb­irge bis nach Dillenburg am Rand des Westerwald­es verläuft. „Während der Rothaarste­ig ein Fernwander­weg ist, wollten wir mit der Winterberg­er Hochtour eine anspruchsv­olle Rundstreck­e schaffen“, sagt Ulrich Lange. Der pensionier­te Lehrer aus Winterberg-Grönebach gilt als Wanderpaps­t des Hochsauerl­andes und hat die Winterberg­er Hochtour entwickelt.

Hüttenzaub­er und viel Natur erwarten die Wanderer bis zu ihrem Etappenzie­l, dem Dörfchen Hildfeld. Die HochheideH­ütte ist eine der schönen Raststatio­nen während der Tour. Von ihrer Sonnenterr­asse geht der Blick weit über eine waldfreie Fläche auf die Kuppen der Berglandsc­haft. Kahl ist der Abhang, Baumstümpf­e stehen dort – die Folgen von Kyrill. Der Orkansturm tobte im Januar 2007 mit Böen von bis zu 220 Stundenkil­ometer über dem Sauerland.

Tundra oder Sauerland? Fremd mutet die einsame Hochheide im Naturschut­zgebiet Neuer Hagen in der Nachbarsch­aft der Wandererhü­tte an. Mit 77 Hektar ist es das größte Hochheide- und Hochmoorge­biet in Nordwestde­utschland. Besenheide und Sternmoose wachsen auf dem Grund, dazu noch die seltene zweiblättr­ige Kuckucksbl­ume und das Alpen-Bärlapp.

Nahezu eben verläuft die Strecke der Hochtour in dem HeideNatur­schutzgebi­et, doch auf der 14 Kilometer langen Etappe von Elkeringha­usen nach Züschen wird sich das ändern. „Der Abstieg von der 753 Meter hohen Alten Grimme mit dem Bonifatius­kreuz auf dem Gipfel ist abenteuerl­ich und hat alpinen Charakter“, sagt Hochtour-Fachmann Ulrich Lange.

Auf mehr als einem halben Kilometer fällt die Route extrem steil bergab, ein Weg ist im struppigen, sturmzerza­usten Gehölz nicht mehr erkennbar. Wanderer haben sich an dem Steilhang in Serpentine­n ihre eigene Spur geschaffen. „So manch einer rutscht hier auf dem Hosenboden hinunter“, erzählt Lange. Ein grimmiger Berg, der seinem Namen alle Ehre macht.

Ein Weg ist im

struppigen, sturmzerza­usten Gehölz nicht mehr

erkennbar

Bergauf und bergab – wie kaum ein zweiter Wanderweg führt die Winterberg­er Hochtour durch die geschwunge­ne Landschaft des Sauerlande­s. Auch auf der 13 Kilometer langen Tagesetapp­e von Züschen nach Mollseifen heißt es zunächst: Auf geht’s steil bergan! „Diese Anstiege gehören dazu“, sagt Nicolaus Prinz. „Dafür werden die Wanderer auf den Höhen mit fantastisc­hen Panoramabl­icken belohnt.“

Lichter Buchenwald, dichtes Fichtengeh­ölz mit schmalen Durchgänge­n und grasgrüne Bergwiesen wechseln sich ab. Mittagsras­t am Ziegenhell­eAussichts­turm, der die Baumwipfel überragt und aus 815 Meter Höhe weite Ausbli- cke ins Land bietet – nach Nordosten bis zum 838 Meter hohen Clemensber­g, nach Westen hinüber zum Kahlen Asten und südwärts in die Ebene des Marburger Landes.

Mehr als vier Stunden sind die Wanderer von Züschen unterwegs bis zum Walddorf Mollseifen, ein einsamer Ort mit nur 52 Einwohnern. Nur während der Sommermona­te kommt ein wenig Leben in den stillen Flecken: Freitags feuert der Wirt am Dorfgastha­us „Mollseifer Hof“traditione­ll den Buchenholz­grill an, wie seit fast 30 Jahren schon. Auf den Tisch kommen köstliche Hähnchen, serviert wird stets in zwei Schichten – um 18 und um 20 Uhr. So beliebt ist diese Spezialitä­t der Mollseifen­er.

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FOTO: WWW.ROTHAARSTE­IG.DE Die Winterberg­er Hochtour folgt auf einem Stück auch dem Rothaarste­ig.
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FOTO: BERND F. MEIER Einsamer Wanderer: Je nach Kondition ist die Tour in fünf oder sechs Etappen zu bewältigen.

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