Als Erster aus der Familie studieren
Die Fachhochschule Düsseldorf will sogenannte Studienpioniere besonders fördern.
DÜSSELDORF Was Kommilitonen sind, wusste Philipp Schäfer in seinen ersten Tagen als Student an der Fachhochschule Düsseldorf nicht so genau. Auch als von Tutoren die Rede war, kam er erst langsam dahinter, was gemeint war. „Und dass das Dekanat vermutlich eine Art Büro oder Sekretariat war, habe ich mir dann auch zusammengereimt.“Der heute 28-Jährige ist der Erste in seiner Familie, der ein Studium begonnen hat. Niemand hatte ihn auf die Hochschulwelt mit ihren eigenen Begriffen und Regeln vorbereiten können.
„Mir fehlten einfach Informationen“, sagt der Student der Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik. „Aber zum Glück fühlte ich mich nicht unwohl.“Das ist aber nicht immer der Fall. Viele der sogenannten Studienpioniere fühlen sich überfordert, nicht zugehörig, suchen den Fehler bei sich selbst, denken, sie seien nicht gut genug, sagt Lars Schmitt, Professor für Politische Soziologie an der Fachhochschule Düsseldorf. „Diese jungen Menschen müssen von uns abgeholt werden, sie müssen in die Hochschule integriert werden.“
Das hat die FH Düsseldorf erkannt und ein Konzept erarbeitet. Es wurde nun von der MercatorStiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft aus- gezeichnet und wird mit 300 000 Euro gefördert. Kinder aus Familien, in denen noch niemand studiert hat, fänden seltener den Weg an die Hochschule, und einmal dort angelangt, hätten diese Studienpioniere häufig mehr Hürden während des Studiums zu überwinden. „Dies betrifft etwa die Finanzierung des Studiums oder das Einfinden in akademische Gepflogenheiten“, sagt Lars Schmitt, selbst ein Studienpionier. Nach einer Untersuchung gebe es im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften 80 Prozent Studienpioniere. Und für diese – und natürlich die der sechs weiteren Fachbereiche – hat sich die FH Düsseldorf Ziele gesetzt.
So sollen Zugangsbarrieren zum Studium und Schwierigkeiten oder Barrieren im Studienverlauf aufgedeckt werden. Es ist geplant, die Lehrenden und Hochschulmitarbeiter für diese Hürden stärker zu sensibilisieren, und Unterstützungskonzepte zu etablieren. 18 Studierende der FH sollen mit Stipendien von 150 Euro monatlich gefördert werden. „Das heißt: Ziel ist nicht nur, Studierende personenbezogen zu fördern, sondern zudem die Strukturen der Hochschule zu verändern“, sagt Schmitt.
Die Stiftung Mercator und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft wollen mehr Menschen aus Familien ohne akademische Tradition ein erfolgreiches Studium und damit einen Bildungsaufstieg ermöglichen. Mit dem Wettbewerb „Studienpioniere“haben sie Fachhochschulen dazu aufgefordert, Konzepte zu entwickeln, die dazu beitragen, mehr Studienpioniere mit und ohne Migrationshintergrund zur Aufnahme eines Studiums zu motivieren, sie in ihrer Studieneingangsphase und im Studienverlauf gezielt zu unterstützen und beim Einstieg in den Arbeitsmarkt zu begleiten. 61 Konzepte wurden eingereicht, neun zur Förderung ausgewählt – darunter das der Fachhochschule Düsseldorf.