„Mehr Sorgfalt wäre angemessen gewesen“
Der Unionspolitiker bedauert die Notenpanne an der RWTH Aachen und nimmt auch Stellung zu seinem Steuer-Problem.
DÜSSELDORF Armin Laschet, Vorsitzender der CDU in NRW, ist derzeit wegen der Affäre um die verschwundenen Klausuren aus seinem Seminar an der RWTH Aachen, deren Benotung er aus dem Gedächtnis rekonstruiert hatte, und eines Steuerproblems unter Druck. Gestern besuchte er unsere Redaktion. Herr Laschet, haben Sie Steuern hinterzogen? LASCHET Nein. Warum müssen Sie Ihre frühere Steuererklärung korrigieren? LASCHET Ich habe ein Buch geschrieben und den Reinerlös gespendet. Der Verlag hat die Spende einem gemeinnützigen Verein überwiesen. Dafür habe ich eine Spendenbescheinigung erhalten. Mein Steuerberater sagt, diese Spende hätte ich zu Recht steuerlich abgesetzt. Ob ich das Honorar gleichzeitig auch als Einnahme hätte versteuern müssen, wird derzeit von ihm mit dem Finanzamt geklärt. Man kann nur spenden, was man vorher eingenommen und auch versteuert hat … LASCHET Ich habe kein Honorar erhalten, die Bücher verschenkt und den Reinerlös gespendet. War es ein Fehler, eine Spendenquittung für etwas einzureichen, was Sie nicht selbst bezahlten? LASCHET Ich habe dem Finanzamt sämtliche Unterlagen zum Vorgang vorgelegt und warte auf deren Bewertung. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Wenn das Finanzamt Ihre Nachkorrektur als Selbstanzeige wertet, wird der Staatsanwalt ermitteln … LASCHET Ich schlage vor, dass wir nicht spekulieren, sondern jetzt das Finanzamt die Bewertung vornehmen lassen. Im Rahmen einer Selbstanzeige können noch weitere Steuererklärungen von Ihnen überprüft werden. Kommt da noch was? LASCHET Nein. Haben Sie noch andere Steuererklärungen rückwirkend korrigiert? LASCHET Nein. Experten sprechen vom sogenannten Spendentrick: Sowas kommt offenbar öfter vor. Ist unser Steuerrecht zu kompliziert? LASCHET Unser Recht ist, wie es ist. Es gilt für mich wie für jeden anderen. Werden Sie der Öffentlichkeit mitteilen, wie das Finanzamt Ihre Steuerproblematik bewertet? LASCHET Ja. Stichwort Notenaffäre. Welchen Fehler haben Sie sich vorzuwerfen? LASCHET Es war im Nachhinein falsch, die Klausuren auf dem Postweg zur Hochschule zu schicken. Ich hätte sie persönlich übergeben oder per Einschreiben schicken sollen. Insgesamt gilt: Bei der Dokumentation und Überstellung der Studienleistungen an die Universität wäre eine größere Sorgfalt möglich und angemessen gewesen, auch und gerade meinerseits als verantwortlicher Lehrbeauftragter. Das bedauere ich. Sie haben gegenüber dem Prüfungsausschuss Ende Januar den Eindruck erweckt, Ihre Notizen seien so gut, dass man damit die Arbeiten korrekt nachvollziehen könne. LASCHET Die zuständigen Stellen der Universität und ich waren uns im Januar einig, dass es für die Studierenden besser ist, wenn wir die Noten aus meinen Notizen und Vermerken rekonstruieren und nicht neu schreiben lassen. Die Noten habe ich am 18. Januar ausdrücklich „nach meinen Unterlagen und Notizen“übermittelt und darauf hingewiesen, dass ich hoffe, die Daten seien vollständig. Dies hat die RWTH mittlerweile auch bestätigt. Haben Sie das Nachschreiben der Klausur auch vermeiden wollen, um schlechte Presse für sich als Spitzenpolitiker zu vermeiden? LASCHET Nein, alleine das Interesse der Studentinnen und Studenten zählte. Für mich wäre ein Nachschreiben einfacher gewesen. Am 2. Juni sagten Sie, es gebe die Aufzeichnungen noch. Am Dienstag hieß es auf einmal, Sie hätten die Notizen weggeworfen. Ist es Ihnen nun recht, dass die Qualität der Notizen nicht mehr überprüft werden kann? LASCHET Nein. Ich hatte anfangs vermutet, dass es die Notizen noch gäbe. Nun weiß ich, dass ich sie so wie früher nicht weiter aufbewahrt habe. Hätten Sie diesmal die Notizen als quasi amtliches Dokument nicht unbedingt aufheben müssen? LASCHET In den 15 Jahren zuvor habe ich sie auch nie aufbewahrt. Und die RWTH hat ausdrücklich festgestellt, dass ich die Notizen auch nicht aufheben musste. Diese Affären um Steuer und Noten werden Sie schwer belasten, oder? LASCHET Ich will alles zur Aufklärung beitragen. Irgendwann wird auch wieder über Politik geredet. Haben Sie in letzter Zeit an Rücktritt gedacht? LASCHET Nein. Ich habe noch viele Ideen für Nordrhein-Westfalen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Unser Land hat eine bessere Regierung verdient. Bei der Klimaabgabe und den Länderfinanzen stehen Sie aufseiten der Ministerpräsidentin. Warum schonen Sie sie? LASCHET Frau Kraft fühlt sich sicher nicht von mir verschont. Aber wenn es um das Land geht, stehen wir zusammen. Ich nenne jedoch die Tatsachen beim Namen: NRW liegt oft hinter dem Bundesdurchschnitt. Der Grund sind die bürokratischen Hürden, die die Landesregierung mit ihrer Überregulierung schafft. Welche? LASCHET Das Tariftreuegesetz beispielsweise. Es schafft nur Bürokratie und gehört ebenso abgeschafft wie der Klimaschutzplan. Bei einem europäischen Zertifikatehandel für CO2 machen eigene BundesländerRegelungen keinen Sinn. Mit der Verdrängung von Arbeitsplätzen nach Niedersachsen ist dem Weltklima nicht gedient. Hört sich an, als wäre Schwarz-Grün für Sie kein Thema. LASCHET Das hängt davon ab, wie sich die Grünen zur Landtagswahl aufstellen. Die aktuelle Politik der NRW-Grünen muss sich sicherlich ändern. Das gilt besonders in der Wirtschaftspolitik. Aber auch in der Bildungspolitik: Die Inklusionspolitik mit der Brechstange schadet unseren Kindern und ihren Bildungschancen. Tritt Angela Merkel 2017 wieder an? LASCHET Ich weiß es nicht. Ich hoffe es.