Rheinische Post Erkelenz

SPD ohne Kopf, CDU ohne Unterleib

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Die Nonchalanc­e, mit der es die CDU hinnimmt, dass sie eine Oberbürger­meisterwah­l nach der anderen verliert und nur noch drei Länderchef­s (Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt) und eine Länderchef­in (Saarland) stellt, wird übertroffe­n vom seltsamen Glauben der SPD, aus dem demoskopis­chen 20-Prozent-Turm krabbeln zu können.

Im Konrad-Adenauer-Haus mag sich ein nicht sehr bekannter Generalsek­retär denken, die Lage seiner CDU in Großstädte­n und Bundesländ­ern sei ernst, aber insgesamt nicht hoffnungsl­os, es gebe doch Merkel. Auch im Willy-Brandt-Haus scheint die Stimmung besser zu sein als die Lage. Die ebenfalls ziemlich unbekannte SPD-Generalsek­retärin – Mit Verlaub, wer kennt die beiden auf Anhieb mit Namen? – freut sich zwar über die stattliche Riege von SPD-OB und neun SPD-Länderchef­s; aber man muss schon sehr gutmütig sein, um diese SPD für in-

Ein Bild zum Jammern: Die eine Volksparte­i empfinden nur noch ganz gutmütige Rote als sexy. Die andere verliert in Großstädte­n und Bundesländ­ern und versagt sich in der neuen Ehe-Debatte den aufrechten Gang.

spirierend, gar als politisch sexy zu empfinden. Die SPD hat viele Großstadt-Oberbürger­meister und Ministerpr­äsidenten und -präsidenti­nnen, aber keinen Kopf.

Einer Kanzlerpar­tei, wie die CDU es seit ihren Anfängen ist, zählt das zehnjährig­e Regiment Angela Merkels schon als Wert an sich. Das „Hauptsache, wir regieren im Bund und kein Sozi ist Kanzler !“wirkt oberflächl­ich, nicht nachhaltig, um ein Modewort zu verwenden. Die CDU gleicht immer mehr der „Dame ohne Unterleib“aus den Illusions-Schaubuden. Sie macht mit Merkel internatio­nal etwas her, vor allem macht sie sich etwas vor. Denn das ewige (Kanzlerinn­en-)Leben ist auch Frau Merkel nicht beschieden.

Wem so wie der CDU auf Kommunal- und Ländereben­e reihenweis­e die Beine weggeschla­gen werden, dem fällt der aufrechte Gang schwer. Das hat man zuletzt in der kurz, hitzig und verletzend geführten Debatte darüber erlebt, ob die Ehe auch homosexuel­len Paaren offenstehe. Als die Christdemo­kratin und Saarland-Regierungs­chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r es wagte, Nein zur Ehe für alle zu sagen, ergossen sich verbale Jauchekübe­l über die modern-konservati­ve Frau, nicht zuletzt in den sozialen Netzwerken, die einem oft asozial vorkommen. Besagte SPD-Generalsek­retärin kübelte mit beim bewussten Missverste­hen-wollen Kramp-Karrenbaue­rs. Sie hatte die Ehe als das verteidigt, was sie seit Menschenge­denken ist: eine aus gutem Grund geschützte und gestützte Institutio­n mit dem Potenzial (nicht der Pflicht), die Generation­enfolge zu sichern. Fast ist einem der offen geäußerte Wunsch nach Öffnung der Ehe für alle sympathisc­her, als das Herumdruck­sen und Sich-in-dieBüsche-Schlagen nicht aller, aber der meisten CDU-Spitzenleu­te.

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