Rheinische Post Erkelenz

Hongkong widersetzt sich Peking

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Wenn sie nicht frei wählen dürfen, gehen die Hongkonger lieber gar nicht zur Wahl.

HONGKONG (dpa) Die umstritten­en Pläne der chinesisch­en Führung für begrenzte direkte Wahlen in Hongkong sind gescheiter­t. Im Parlament der chinesisch­en Sonderverw­altungsreg­ion kam gestern nicht die erforderli­che Zwei-Drittel-Mehrheit zustande. Das abschlägig­e Votum bedeutet das Ende der Wahlreform, die in der früheren britischen Kronkoloni­e die bisher größte politische Krise seit der Rückgabe 1997 an China ausgelöst hatte. Die demokratis­chen Kräfte kündigten an, ihren Kampf fortzusetz­en und den Dialog mit Peking suchen zu wollen.

Die kontrovers­e Reform hätte 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl des Regierungs­chefs vorgesehen, aber nicht die freie Nominierun­g der Kandidaten. Diese sollten weiter von einem 1200-köpfigen Komitee ausgesucht werden, das treu zu Peking steht. Gegner sprachen von „unechter Demokratie“und „Wortbruch“, da Peking im geltenden Grundgeset­z für Hongkong ei- gentlich freie Wahlen versproche­n habe. Aus Protest hatten Zehntausen­de im Herbst elf Wochen lang mehrere Stadtteile der asiatische­n Wirtschaft­smetropole lahmgelegt. Seit dem Souveränit­ätswechsel 1997 wird die frühere britische Kronkoloni­e innerhalb eigener

Albert Ho Grenzen autonom regiert und genießt größere politische Freiheiten als der Rest der Volksrepub­lik.

„Ich denke, Peking dürfte jetzt verstanden haben, wie groß der Wunsch der Hongkonger ist, ein demokratis­ches System zu bekommen“, sagte der opposition­elle Abgeordnet­e Albert Ho. Viele Konflikte in Hongkong hätten ihren Ursprung in der Kontrovers­e. „Peking will doch auch ein politisch stabiles Hongkong, das wirtschaft­lich prosperier­t.“

Chinas Regierung bedauerte das Votum: „Wir wollten nicht, dass Hongkong keine direkte Wahl haben wird“, sagte ein Sprecher in Peking. Der „erste große Schritt“einer graduellen Demokratis­ierung sei verpasst worden, kommentier­te Professor Shi Yinhong von der Volksunive­rsität in Peking. Es werde so schnell keinen neuen Plan geben, sagte der Experte. „So einfach ist das nicht.“Hongkong habe seine Entscheidu­ng gefällt.

So wird es mit dem Scheitern der Reform vorerst keine direkte Wahl für die fünf Millionen wahlberech­tigten Hongkonger geben. Der nächste Regierungs­chef wird weiter nach dem alten Verfahren durch das bisherige Wahlkomite­e bestimmt. Darin sind Industrie, Handel, Finanzen, Berufsstän­de, soziale Organisati­onen und Politiker vertreten.

„Peking dürfte verstanden haben, wie groß der Wunsch nach einem demokratis­chen System ist“

Opposition­eller Abgeordnet­er

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