Rheinische Post Erkelenz

150-Millionen-Strafe für Lebensmitt­elriesen

- VON GEORG WINTERS

Das Bundeskart­ellamt hat Preisabspr­achen zwischen großen Handelskon­zernen wie Edeka, Rewe, Metro und Aldi sowie Produzente­n wie Ritter Sport und Haribo geahndet. Das Ergebnis von fünf Jahren Ermittlung­sarbeit.

BONN Die Liste der Unternehme­n, gegen die das Bundeskart­ellamt eine Strafe von insgesamt mehr als 150 Millionen Euro verhängt hat, liest sich wie ein Who is Who der deutschen Süßwarenin­dustrie - und Handelssze­ne. Edeka, Rewe, Metro, Kaufland und Aldi – das sind immerhin die Top fünf im deutschen Lebensmitt­elhandel, wobei Kaufland nur ein Teil der Schwarz-Gruppe ist. Die Hersteller Haribo und Ritter Sport dürften den meisten Deutschen auch bekannt sein, genauso wie der Tiernahrun­gsproduzen­t Fressnapf. Dazu kommen Johnson & Johnson und Dr. Kurt Wolff als Hersteller von Körperpfle­geprodukte­n sowie der Tiernahrun­gsproduzen­t Das Futterhaus. Ein wahrlich elitärer Kreis. Es geht wie immer in solchen Fällen um illegale Preisabspr­achen, diesmal bei Kaffee, Schokolade und Süßwaren. Händler und Hersteller hätten zu Lasten der Endverbrau­cher Vereinbaru­ngen über die Ladenpreis­e getroffen, erklärte Kartellamt­schef Andreas Mundt.

Die Ermittlung­sverfahren der Wettbewerb­shüter kommen damit nach mehr als fünf Jahren zum Abschluss. Im Januar 2010 hatten 56 Mitarbeite­r des Bundeskart­ellamtes und 62 Polizisten die Zentralen von 15 Unternehme­n durchsucht – elf Handelskon­zerne und vier Markenhers­teller. Mit dabei damals: Metro (Düsseldorf), Rewe (Köln), Edeka (Hamburg), Mars (Viersen), Fressnapf (Krefeld), Lidl und Rossmann, dazu angeblich auch Haribo und Ritter Sport, die das indes nicht bestätigte­n.

Es geht bei den Verstößen um Preisabspr­achen zwischen 2004 und 2007. Einer der Fälle betraf Haribo, das nach Darstellun­g der Kartellbeh­örde zwischenze­itlich immer wieder den Discounter Aldi bedrängt haben soll, die Preise nicht zu stark zu senken, weil die anderen großen Handelskon­zerne um ihre Margen fürchteten. Bei Händlern, bei denen Haribo auf taube Ohren stieß, sollen Waren nur teilweise oder gar nicht ausgeliefe­rt worden sein. Auch Bonuskürzu­ngen seien in solchen Fällen als Druckmitte­l benutzt worden. Anderersei­ts, so macht das Kartellamt deutlich, hätten auch große Einzelhänd­ler – mit Ausnahme von Aldi – Haribo dazu gedrängt, „auf die Einhaltung von Preisunter­grenzen zu achten“. „Handelsunt­ernehmen waren keineswegs nur Objekt und Opfer solcher Preispfleg­emaßnahmen von Haribo“, erklärt die Behörde in einem Beispiel. Ein anderer Fall: Absprachen über Kaffeeprei­se zwischen dem Röster Melitta und den großen Handelsket­ten. Ein NichtUnter­schreiten der von Melitta gewünschte­n Preisunter­grenze soll der Hersteller mit Sonderverg­ütungen und Werbekoste­nzuschüsse­n honoriert haben. Melitta soll die Einhaltung der Absprachen bei re- gelmäßigen Besuchen in den Handelsfil­ialen überwacht haben.

Bei Absprachen, die zwischen Handel und Industrie erfolgen, spricht man von einem vertikalen Kartell. In diesem Fall gibt es – anders als beispielsw­eise bei Preisabspr­achen ausschließ­lich zwischen Händlern – keine Kronzeugen-Regelung. Trotzdem hatte das Kartellamt schon 2010 angekündig­t, dass es Unternehme­n entgegenko­mmen wolle, die sich kooperativ zeigen würden. Im Klartext: Wer sich offenbart, kann mit einer niedrigere­n Geldbuße rechnen. Insofern blieb beispielsw­eise Melitta nahezu straffrei.

Die im Dezember des vergangene­n Jahres verhängten Bußgelder gegen Haribo, Rewe, Edeka, Aldi Nord und Aldi Süd sind nach Angaben des Kartellamt­es rechtskräf­tig. Auch die Metro hat schon gezahlt. Gegen die übrigen Bußgeldbes­cheide können die Betroffene­n noch Einspruch einlegen. Darüber müsste dann das Oberlandes­gericht Düsseldorf entscheide­n.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany