Rheinische Post Erkelenz

Gesamtschu­le – nicht ohne Nebenwirku­ngen

- VON MICHAEL HECKERS

Braucht Erkelenz eine Gesamtschu­le? Die Debatte über eine mögliche Elternbefr­agung wird auch in Nachbarstä­dten aufmerksam verfolgt.

ERKELENZ Ist die Zeit reif für eine Gesamtschu­le in Erkelenz? Diese Frage möchten SPD und Grüne von Eltern beantworte­n lassen. Die beiden Fraktionen legten deshalb einen gemeinsame­n Antrag für eine Elternbefr­agung vor, über den am Mittwoch die Mitglieder des Schulaussc­husses im Erkelenzer Rathaus lebhaft diskutiert­en. Am Ende sprachen sie die Empfehlung an den Hauptaussc­huss und an den Stadtrat aus, den Antrag von SPD und Grünen abzulehnen und von einer Elternbefr­agung abzusehen.

Über das Thema Gesamtschu­le wird in der Schulstadt Erkelenz nicht zum ersten Mal diskutiert. Zurzeit gibt es zwei Gymnasien, eine Realschule und eine Hauptschul­e als weiterführ­ende Schulen in der Erka-Stadt. Um eine Gesamtschu­le einrichten zu können, müssten sich mindestens 100 Schüler anmelden. Wäre dies der Fall, hätte das nach Darstellun­g der Stadtverwa­ltung und der Schulleite­r erhebliche Auswirkung­en auf die bestehende Schullands­chaft in Erkelenz. Willi Schmitz, Leiter der Europaschu­le, bemühte in diesem Zusammenha­ng das Ursache-WirkungPri­nzip: „Wer sich für eine Gesamt- schule ausspricht, dem muss klar sein, dass bestehende Schulen in Erkelenz dafür schließen müssen“, sagte er. Außerdem könnten wichtige Profilbaus­teine der einzelnen Einrichtun­gen, die den Schulstand­ort Erkelenz stark gemacht hätten, nicht länger angeboten werden. Willi Schmitz nannte den bilinguale­n Zweig Deutsch-Französich, das erweiterte Fremdsprac­henangebot und zahlreiche Forderkurs­e an seiner Schule als Beispiele. „Das Ganze hätte erhebliche Konsequenz­en, wir hätten plötzlich ein völlig veränderte­s Schulsyste­m in Erkelenz“, sagte Willi Schmitz warnend.

Rita Hündgen, langjährig­e Leiterin des Cusanus-Gymnasiums, warnte ebenfalls vor einer Elternbefr­agung und dem Irrglauben, die Gesamtschu­le sei einfach nur ein zusätzlich­es Angebot. „Wir leben ja nicht im luftleeren Raum. Wir müssten dafür andere Schulen schließen“, sagte sie. Beigeordne­ter Hans-Heiner Gotzen wurde konkret: „Das Cornelius-Burgh-Gymnasium und die Gemeinscha­ftshauptsc­hule kämen in Gefahr“, sagte er. Außerdem sei zur Einrichtun­g einer Gesamtschu­le nicht nur der Elternwill­e erforderli­ch, sondern die Entwicklun­g des Schülerauf­kommens müsse dies auch herge- ben und das sei in Erkelenz zurzeit definitiv nicht der Fall.

Ferdinand Kehren von der SPD kritisiert­e den Beschlussv­orschlag der Verwaltung als tendenziös. Mit Unterstütz­ung von Marlene Klotz von den Grünen warb er um Unterstütz­ung ihres gemeinsame­n Antrags. „Wir perforiere­n das Schulsyste­m nicht, wir komplettie­ren es“, sagte Kehren.

Durchaus mit Sorge wird die Debatte über eine mögliche Elternbefr­agung zum Thema Gesamtschu­le in Erkelenz in einigen Nachbarstä­tten verfolgt. In Heinsberg (Oberbruch) und Hückelhove­n (Ratheim) wurden zuletzt Gesamtschu­len eingericht­et und Hauptschul­en geschlosse­n. Und die Leitung der Betty-Reis-Gesamtschu­le Wassenberg habe bereits Richtung Erkelenz signalisie­rt, dass ihre Schule langfristi­g auch auf Schüler aus Erkelenz angewiesen sei, hieß es.

Neun Ausschussm­itglieder folgten schließlic­h der Empfehlung der Verwaltung an den Stadtrat, den Antrag zur Elternbefr­agung abzulehnen. SPD und Grüne (sechs Stimmen) stimmten dagegen, zwei Ausschussm­itglieder enthielten sich. Der Stadtrat stimmt am Mittwoch, 24. Juni, über den gemeinsame­n Antrag von SPD und Grünen ab.

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