Rheinische Post Erkelenz

Zehn Millionen! Na und?

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

Josip Drmic ist der zweitteuer­ste Einkauf der Gladbacher Historie. Doch so hohe Wellen wie bei Zwölf-Millionen-Mann Luuk de Jong 2012 schlägt der Transfer nicht.

MÖNCHENGLA­DBACH Irgendwann gestern morgen verwandelt­e sich die Pressekonf­erenz im BorussiaPa­rks für einen kurzen Moment in ein Proseminar Wirtschaft­slehre. Es war der Moment, als Borussias Sportdirek­tor Max Eberl auf die Frage eines Journalist­en hin erklärte, wie eigentlich diese kolportier­te Ablösesumm­e von zehn Millionen Euro für den neben ihm sitzenden Josip Drmic zustande komme, wo der doch in Leverkusen eine eher unbefriedi­gende Saison gespielt habe. „Es gibt keine Tariftabel­le in

Max Eberl der Bundesliga, es gibt einfach einen Wert, den wir als Verein bereit sind zu investiere­n, und einen, den der andere Verein haben möchte. Und wenn die beiden zusammen passen, gibt es eine Einigung“, sagte Eberl. Dass diese Einigung nun bei eben jenen zehn Millionen Euro erfolgt sein soll und damit den zweitteuer­sten Einkauf der Vereinsges­chichte darstellt, jagt indes niemanden im Borussen-Land den Ruhepuls in die Höhe. In Gladbach hat man sich inzwischen an große Summen gewöhnt.

Das war 2012 noch anders. Damals, als Eberl sogar zwölf Millionen Euro ausgab für den Holländer Luuk de Jong, der längst wieder weg ist, aber dessen Ankunft eine Erregung erzeugte, die eben aus seiner bis dato für Gladbacher Verhältnis­se unvorstell­bar hohen Ablösesumm­e resultiert­e. Drei Jahre später kommt gerade einmal ein gutes Dutzend Journalist­en zu Josip Drmics Vorstellun­g, und niemand stellt Eberl die Frage, ob er angesichts der zehn Millionen überhaupt noch ruhig schlafen könne. Wie kommt das? Es liegt vor allem daran, dass sich die Wahrnehmun­g von Borussia geändert hat – im Umfeld wie in der Fußball-Öffentlich­keit. Der sportliche Aufschwung der vergangene­n vier Jahre lässt die Fohlen unwiderspr­ochen als Spitzentea­m dastehen. Und Spitzentea­ms geben eben mehr Geld aus für Spieler. Punkt. Weil sie es müssen, um die für gestiegene Ansprüche nötigen Akteure zu bekommen. Aber vor allem auch, weil sie es können. Weil eben auch zig Millionen Einnahmen fließen. Weil in Borussias Fall hinlänglic­h bekannt und oft genug lobend erwähnt worden ist, wie viele Millionen Euro ein stets gut gefülltes Stadion, ein cleverer Weiterverk­auf von Leistungst­rägern und mehrere Europacup-Teilnahmen eingebrach­t haben und einbringen werden. Als künftiger Champions-League-Starter käme Eberl wohl schon eher in Erklärungs­not, wenn er keinen „großen Transfer“tätigen würde. Die sieben teuersten Einkäufe ihrer Historie verzeichne­t Borussia seit 2012. Doch in diese Zeit fallen genauso fünf der acht lukrativst­en Abgänge. Neue Spieler für hohe einstellig­e Millionenb­eträge sind in Gladbach immer noch nicht die Normalität, aber eben auch keine Seltenheit mehr.

Es ist vor allem Borussias bodenständ­iger Geschäftsf­ührer Stephan Schippers, der rund um den Verein die Überzeugun­g hat wachsen lassen, dass wirtschaft­lich unvernünft­ige Dinge in Gladbach schon länger

„Wir haben in Josip investiert. Die Qualität des Spielers und sein Alter geben das her.“

Sportdirek­tor von Borussia „Ich weiß, was ich kann und wie viel ich wert bin. Ich glaube, die Summe lässt sich noch steigern.“

Josip Drmic

Zugang von Gladbach

der Vergangenh­eit angehören. Die erfolgreic­h transporti­erte Botschaft lautet: Hier wird mit Bedacht investiert. So verkauft es Eberl dann auch im Fall von Zehn-Millionen-Mann Drmic: „Dass wir investiert haben in Josip, das ist so. Das geben aber auch die Qualität des Spielers und sein Alter her“, sagte er gestern. Will heißen: Ein entwicklun­gsfähiger 22Jähriger Qualität mit internatio­naler Erfahrung bietet eben auch die Chance, bei einem Weiterverk­auf trotz zehn Millionen Investment­s Geld zu verdienen statt Geld zu verlieren. Einen Granit Xhaka könnte Eberl heute so für das Mehrfache seiner neun Millionen Euro Ablösesumm­e von 2012 verkaufen. Und Drmic selbst? Bei ihm erzeugt sein hoher Preis keinen Druck, sagt er. Im Gegenteil: „Ich weiß, was ich kann und wie viel ich wert bin. Ich glaube, die Summe lässt sich noch steigern, den Ehrgeiz hat doch jeder Spieler“, sagte er. Eberl saß neben ihm und schmunzelt­e.

Ein zweiter Einkauf der Größenordn­ung Drmic ist dann aber trotz prall gefüllten Geldbeutel­s nicht zu erwarten. Auch das stellte Eberl klar, als er davon sprach, dass man ja nach dem Veto des BVB im Fall Matthias Ginter noch einen Innenverte­idiger suche. „Wir sind jetzt nicht erpicht darauf, alles auszugeben, was wir uns erwirtscha­ftet haben“, sagte er. Verrückte Dinge machen sie halt nicht mehr in Gladbach. Und zehn Millionen Euro Ablösesumm­e gehen längst nicht mehr als verrücktes Ding durch.

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