Vor wem fürchten?
Zu „Von der Leyen legt sich bei Milliarden-Käufen fest“(RP vom 10. Juni): Ich frage mich: Soll ich lachen oder soll ich weinen, wenn wieder einmal 4000 Millionen an Steuergeldern vor die Säue geschmissen werden? Zu Zeiten meiner Großmutter (1950er Jahre) glaubten viele Menschen noch an die „gelbe Gefahr“und daran, dass die „Russen kommen“! – Hallo, vor wem müssen wir uns 2015 noch fürchten? Kann es sein, dass die Niederländer uns angreifen, Rache nehmen für das, was die deutsche Kriegsmaschinerie ihnen angetan hat? Selbst der aggressivste Aggressor weiß doch heute, dass er sich selbst vernichtet, wenn er nicht gerade den Kongo angreift! Die 4000 Millionen Euro sollten wir in andere Projekte zum Wohle der Bundesbürger stecken. Zu „Veränderung ist noch kein Wandel“(RP vom 11. Juni): Sie sprechen mir aus der Seele! Das Bedürfnis „in“zu sein, befördert sicherlich unsere Volkswirtschaft. Mir drängt sich jedoch die Frage auf, ob es zum Beispiel echten Sinn macht, ein neues Handy, das ein paar Funktionen, die ich kaum nutze, mehr hat und das „geiler“gestaltet ist, zu erwerben, obwohl das alte noch intakt ist? Wie viel Geld „geben wir in die Volkswirtschaft“, weil ein Autohersteller außer „Facelifting“wenig Neues in ein Modell integriert? Arbeiten wir dafür 40 Stunden in der Woche? Ich bin jetzt 65 Jahre alt. Bis etwa zu meinem 40. Lebensjahr verfügten wir über ein Drehscheibentelefon. Das war einfach, die Tarife waren klar. Heute werde ich im Wochenrhythmus von Telekom, Vodafone , Apple u. a. mit irgendwelchen Tarifneuerungen traktiert – ich kann das gar nicht mehr durchschauen! Jahrzehnte kochte ich leckeres Essen, auf einem einfach zu bedienenden Herd. Wenn ich mich heute in der Küche mal an den Herd anlehne, fängt der – nervend – an zu piepen (der Fortschritt hat mich zum Brandschutzfaktor erhoben). Die heutigen Chefarztverträge ergeben sich aus den Vorlagen der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Nachdem fast alle Einsparmöglichkeiten, zum Beispiel durch Outsourcing, erschöpft sind, werden die „überzogenen“Chefarztgehälter als Einsparvolumen herangezogen. Ein niedriges Grundgehalt sowie ein Bonus über eine Zielvereinbarung soll den finanziellen Erfolg der Klinik gewährleisten. Zielvereinbarungen definieren sich direkt oder indirekt über Behandlungsfälle oder wirtschaftliche Kennzahlen. Die wenigsten Chefärzte sind mit den „modernen“Chefarztverträgen einverstanden. Wer ein langes Studium und circa 15 Jahre klinische Tätigkeit auf sich genommen hat, um die gewünschte Position zu erreichen, wird sich aber kaum weigern, einen solchen Vertrag zu unterschreiben. Letztendlich wäre sein berufliches Ziel in Frage gestellt. Die Politik handelt unmoralisch, einerseits sorgt sie nicht für eine angemessene finanzielle Ausstattung des Gesundheitssystems, anderseits geißelt sie das Streben nach mehr. Ganz nebenbei: Ein Patient kann nicht dazu gezwungen werden, sich operieren zu lassen. Deutschland hat einen der höchsten Lebensstandards der Welt, aber auch eins der besten Gesundheitssysteme. Das macht sich am Ende auch in einer höheren Inanspruchnahme seitens der Patienten bemerkbar.