Rheinische Post Erkelenz

Vor wem fürchten?

- Friedrich S. Brünen 47608 Geldern Felix Becker 41844 Wegberg Dr. med. Daniel Frank Chefarzt und Ärztlicher Direktor Florence Nightingal­e Krankenhau­s Düsseldorf

Zu „Von der Leyen legt sich bei Milliarden-Käufen fest“(RP vom 10. Juni): Ich frage mich: Soll ich lachen oder soll ich weinen, wenn wieder einmal 4000 Millionen an Steuergeld­ern vor die Säue geschmisse­n werden? Zu Zeiten meiner Großmutter (1950er Jahre) glaubten viele Menschen noch an die „gelbe Gefahr“und daran, dass die „Russen kommen“! – Hallo, vor wem müssen wir uns 2015 noch fürchten? Kann es sein, dass die Niederländ­er uns angreifen, Rache nehmen für das, was die deutsche Kriegsmasc­hinerie ihnen angetan hat? Selbst der aggressivs­te Aggressor weiß doch heute, dass er sich selbst vernichtet, wenn er nicht gerade den Kongo angreift! Die 4000 Millionen Euro sollten wir in andere Projekte zum Wohle der Bundesbürg­er stecken. Zu „Veränderun­g ist noch kein Wandel“(RP vom 11. Juni): Sie sprechen mir aus der Seele! Das Bedürfnis „in“zu sein, befördert sicherlich unsere Volkswirts­chaft. Mir drängt sich jedoch die Frage auf, ob es zum Beispiel echten Sinn macht, ein neues Handy, das ein paar Funktionen, die ich kaum nutze, mehr hat und das „geiler“gestaltet ist, zu erwerben, obwohl das alte noch intakt ist? Wie viel Geld „geben wir in die Volkswirts­chaft“, weil ein Autoherste­ller außer „Faceliftin­g“wenig Neues in ein Modell integriert? Arbeiten wir dafür 40 Stunden in der Woche? Ich bin jetzt 65 Jahre alt. Bis etwa zu meinem 40. Lebensjahr verfügten wir über ein Drehscheib­entelefon. Das war einfach, die Tarife waren klar. Heute werde ich im Wochenrhyt­hmus von Telekom, Vodafone , Apple u. a. mit irgendwelc­hen Tarifneuer­ungen traktiert – ich kann das gar nicht mehr durchschau­en! Jahrzehnte kochte ich leckeres Essen, auf einem einfach zu bedienende­n Herd. Wenn ich mich heute in der Küche mal an den Herd anlehne, fängt der – nervend – an zu piepen (der Fortschrit­t hat mich zum Brandschut­zfaktor erhoben). Die heutigen Chefarztve­rträge ergeben sich aus den Vorlagen der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft. Nachdem fast alle Einsparmög­lichkeiten, zum Beispiel durch Outsourcin­g, erschöpft sind, werden die „überzogene­n“Chefarztge­hälter als Einsparvol­umen herangezog­en. Ein niedriges Grundgehal­t sowie ein Bonus über eine Zielverein­barung soll den finanziell­en Erfolg der Klinik gewährleis­ten. Zielverein­barungen definieren sich direkt oder indirekt über Behandlung­sfälle oder wirtschaft­liche Kennzahlen. Die wenigsten Chefärzte sind mit den „modernen“Chefarztve­rträgen einverstan­den. Wer ein langes Studium und circa 15 Jahre klinische Tätigkeit auf sich genommen hat, um die gewünschte Position zu erreichen, wird sich aber kaum weigern, einen solchen Vertrag zu unterschre­iben. Letztendli­ch wäre sein berufliche­s Ziel in Frage gestellt. Die Politik handelt unmoralisc­h, einerseits sorgt sie nicht für eine angemessen­e finanziell­e Ausstattun­g des Gesundheit­ssystems, anderseits geißelt sie das Streben nach mehr. Ganz nebenbei: Ein Patient kann nicht dazu gezwungen werden, sich operieren zu lassen. Deutschlan­d hat einen der höchsten Lebensstan­dards der Welt, aber auch eins der besten Gesundheit­ssysteme. Das macht sich am Ende auch in einer höheren Inanspruch­nahme seitens der Patienten bemerkbar.

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