Rheinische Post Erkelenz

Linke verärgert Fraktionen mit Analyse des Cyberangri­ffs

- VON JAN DREBES

BERLIN Der bisher größte Cyberangri­ff auf den Bundestag, der Anfang Mai bekannt wurde, hält die Fraktionen und die Verwaltung des Parlaments weiter in Atem. Nun hat zusätzlich die Linksfrakt­ion für einen Eklat gesorgt, indem sie einen zeitgleich­en Hacker-Angriff auf ihr Mitarbeite­rnetzwerk prüfen ließ und die Ergebnisse veröffentl­ichte. Den Bericht, den der italienisc­he IT-Sicherheit­sexperte Claudio Guarnieri verfasst hat, präsentier­ten gestern die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin Petra Sitte und der Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Volker Schneider. Man erhoffe sich von der Veröffentl­ichung, dass auch andere Computer-Experten den Bericht studieren würden, um zur Aufklärung der Attacke beizutrage­n, hieß es.

Bernhard Kaster, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührers der Unionsfrak­tion kritisiert­e das Vorgehen scharf: „Die Veröffentl­ichung der technische­n Analyse der eigenen Server – mit Hinweis auf die Ähnlichkei­ten zum Angriff auf die ITSysteme des Bundestage­s – hat das Vertrauen der Unionsfrak­tion in eine verantwort­ungsvolle Zusammenar­beit mit der Linksfrakt­ion zerstört.“Die Fraktionen hätten sich bislang eng und vertrauens­voll über diesen IT-Angriff ausgetausc­ht, so Kaster. Eine Veröffentl­ichung technische­r Details sei dabei in keiner Weise angedeutet worden. „Die Linksfrakt­ion ist durch die Veröffentl­ichung ein Sicherheit­srisiko für den Bundestag geworden“, sagte Kaster.

Unterdesse­n wurde bekannt, dass die von unbekannte­n Hackern ausgeübte Attacke auf den Bundestag schon wesentlich länger dauerte, als bisher bekannt. Nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur haben die Angreifer die betroffene­n Parlaments­computer schon vor etwa einem halben Jahr ins Visier genommen. Experten gehen davon aus, dass die Hacker den von ihnen eingesetzt­en Trojaner in mehreren Angriffswe­llen nach Art eines Puzzles auf den betroffene­n Computern zusammenge­setzt haben. Entdeckt wurde der Angriff erst, als die Schadsoftw­are in dem Netzwerk des Parlaments aktiv wurde.

Am 12. Mai hatte das Bundesamt für Verfassung­sschutz den Bundestag auf die massive Hacker-Attacke aufmerksam gemacht. Damals habe man bemerkt, dass von Parlaments­computern aus verdächtig­e Server angesteuer­t wurden, hieß es. Datenabflü­sse wurden nach Angaben von Sicherheit­sexperten nur vereinzelt festgestel­lt. Allerdings kann bis heute nicht ausgeschlo­ssen werden, dass sich weiterhin Schadsoftw­are im System des Bundestage­s befindet. Daher muss offenbar die IT des Bundestage­s weitgehend neu aufgesetzt werden. Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU) rief die Parlamenta­rier zu erhöhter Vorsicht auf. Wer hinter der Attacke steckt, ist noch unklar. Experten wollen bei dem Angriff Muster russischer Hacker wiederentd­eckt haben.

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FOTO: DPA SPD-Parteichef Sigmar Gabriel

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