Rheinische Post Erkelenz

Nur Bares ist Wahres

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Ökonomen und Politiker fordern die Abschaffun­g des Bargeldes. Sie unterschät­zen damit die Psychologi­e der Wirtschaft­sakteure. Dort vertraut man weiter auf Bares.

So viele wütende Mails hat der Wirtschaft­sweise Peter Bofinger noch nicht bekommen. Der Ökonomie-Professor hatte die Abschaffun­g des Bargelds gefordert und einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Gilt doch die alte Volksweish­eit: „Nur Bares ist Wahres“.

Geld ist ein besonderes Gut. Idealtypis­ch entsteht es nach dem großen Ordnungsth­eoretiker Walter Eucken entweder aus seinem Warenchara­kter oder aus einem Schuldverh­ältnis. Gold, Silber oder wertvolle Tauschmitt­el wie Diamanten beschreibe­n den Warenchara­kter des Geldes. Wenn Menschen im Geld ein wertvolles Gut sehen, sind sie eher bereit, es als allgemeine­s Tausch- und Wertaufbew­ahrungsmit­tel zu akzeptiere­n.

Abstrakter geht es beim Schuldgeld zu. Es entsteht durch einen Buchungsvo­rgang bei einer Bank oder bei der Notenbank, die als Garant etwa des Papiergeld­s oder ihrer Einlagen die Stabilität der Währung verspricht. Schuldgeld ist f lexibler, aber auch gefährlich­er. Wenn Notenbanke­n oder Kreditinst­itute zu viel Geld schaffen, verliert das Zahlungsmi­ttel an Wert. Es kann – wie oft in der Geschichte geschehen – sogar völlig wertlos werden.

Scheine und Münzen sind eine Mischung aus Schuld- und Warengeld. Ihre Herstellun­g ist teuer, das Publikum vertraut dem einmal umlaufende­n und in der Summe begrenzten Bargeld mehr als dem Schuldgeld, das nur in den Büchern der Geldhäuser steht.

Deshalb ist ein Kern an Bargeld sicher eine Bremse gegen einen allzu leichtfert­igen Umgang mit Buchoder Schuldgeld. Wie im Fall Griechenla­nd zeigt es auch den Herrschend­en an, wie die Menschen ticken. Ein drohender Bankenrun – also die plötzliche Massennach­frage nach Bargeld – wird die griechisch­e Regierung mehr unter Druck setzen als alle Drohgebärd­en der Geldgeber. Professor Bofinger war von der Wucht der Kritik ebenfalls beeindruck­t. Er zog seine Forderung nach Abschaffun­g des Bargelds erst einmal zurück.

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