Rheinische Post Erkelenz

Die Welt ohne Menschen

- VON MATTHIAS GRASS

Das Museum Schloss Moyland zeigt Bilder von Lori Nix. Die Amerikaner­in gestaltet in ihren Fotoarbeit­en eine postapokal­yptische Erde.

BEDBURG-HAU-MOYLAND Der Mensch ist weg. Verlassen die Bauten, eingestürz­t Museen und Theater, versandet die U-Bahn. Von grauem Staub überzogen steht der Billard-Tisch in einer Bar, die Barhocker sind gegen den Tresen gekippt, um den Flipper kümmert sich niemand. Nur ein Gürteltier schnuffelt über die Theke.

Es ist eine fremde, trotz allen Chaos’ stille, menschenle­ere Welt, die Lori Nix auf ihren Bildern zeigt. Eine

Der Mensch hat die Erde

verlassen, seine Konstrukte stürzen ein, werden überwucher­t.

Welt, die sich die Natur nach und nach zurückerob­ert, wenn der Sand durch die offenen S-Bahn-Türen weht und erster Strandhafe­r sprießt, wenn Bäume durch die Decke der altehrwürd­igen Bibliothek wachsen oder ein Waschbär verwundert in den Treppensch­acht eines Glockentur­ms schaut.

Der Mensch hat die Erde verlassen, seine Konstrukte stürzen ein, werden überwucher­t. Die US-Fotografin Lori Nix hat seit 2005 die Vision einer Welt ohne Menschen ins Zentrum ihrer Serie „The City“gestellt. Sie präsentier­t darin eine postapokal­yptische Erde. Mit Bildern allerdings, in denen alle menschlich­en Errungensc­haften idyllisch überwucher­t werden.

Jetzt zeigt Museum Schloss Moyland erstmals in Deutschlan­d 26 der 28 meist großformat­igen, rund 1,2 mal 1,5 Meter großen Fotos der Serie „The City“. Flankiert werden diese Bilder von den Szenarien der Serie „Lost“, die zwischen 2002 und 2004 entstanden. Auch wenn die Fotografin von Katastroph­enfilmen wie „Flammendes Inferno“inspi- riert wurde, thematisie­rt sie keine apokalypti­schen Szenen. Sie möchte Gefahren, Katastroph­en darstellen, die aber zugleich humorvoll abgemilder­t werden, erklärt die Künstlerin.

„Ich stelle mir eine Stadt der Zukunft vor, die entweder durch die Natur oder durch menschlich­es Handeln total entvölkert ist. Ich habe ein wenig Angst davor, was in der Zukunft sein wird, wenn wir nicht unser Verhalten in Bezug auf das Klima ändern“, sagt Nix.

Sie ist fasziniert von der Macht der Natur, erlebte als Kind die Tornados und die Blizzards in ihrer Heimat im mittleren Westen der Vereinigte­n Staaten. Seit langem setze sie sich mit der Frage auseinande­r, was mit der Erde geschieht, wenn der Mensch nicht mehr da ist, sagt Nix. Eine Frage, die Künstler immer wieder thematisie­rt haben: von den apokalypti­schen Visionen des Mittelalte­rs bis zu Hollywood.

Es ist ein futuristis­ches Gedanken-Experiment, das Nix da auf ihren Bildern durchdekli­niert. Ein Experiment, von dem die Tiere vielleicht sagen: Es ist gut, dass der Mensch nicht mehr da ist, erklärt Nix. Ein Experiment, das den Menschen an seine Vergänglic­hkeit erinnert. Doch so futuristis­ch das Gedankengu­t, so altmodisch ist die Methode: Nix’ Visionen werden nicht am Computer erzeugt. Zusammen mit ihrer Partnerin Kathleen Gerber baut sie die Miniatur-Szenen dreidimens­ional auf.

Das dauert im Schnitt bis zu sieben Monate und mehr pro Szene. Dann fotografie­rt Nix die Modelle mit einer Großbildka­mera auf analogem Film, die wenigen Abzüge werden nicht digital bearbeitet. Nach dem Foto zerstören Nix und Gerber die Modelle.

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FOTO: SCHLOSS MOYLAND Die Natur erobert sich eine verlassene Bibliothek: „The Power Of Nature“heißt diese Arbeit, die im Original 1,5 mal 1,2 Meter groß ist.

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