Rheinische Post Erkelenz

„Tatort“-21 in Stuttgart

- VON LESLIE BROOK

Mit dem Fall „Der Inder“wagen sich die Krimi-Autoren an ein komplexes politische­s Thema heran.

STUTTGART Es war das Großprojek­t vor dem Berliner Flughafen, das in Deutschlan­d für viel Häme sorgte: Stuttgart 21. Auch wenn sich die Proteste inzwischen verringert haben, gibt es immer noch viele schmutzige Details rund um das millionens­chwere Projekt, das 2010 in Bau ging. Das macht sich Drehbuchau­tor und Regisseur Niki Stein zunutze. Er arrangiert den „Tatort“mit dem kryptische­n Titel „Der Inder“rund um einen Untersuchu­ngsausschu­ss im baden-württember­gischen Landtag, der die politische­n und wirtschaft­lichen Verstricku­ngen aufarbeite­n soll. Das ist der Versuch, den Sumpf der Bestechung, den die abgewählte Landesregi­erung hinterlass­en hat, trockenzul­egen. Es ist komplexes und mutiges Vorhaben des SWR, gerade den Aspekt der Korruption zum Stoff eines 90-minütigen Krimis zu machen – und so wird der Fall auch eher zum Polit-Thriller.

Ein bisschen Krimihandl­ung gibt es aber schon: Ein ehemaliger Staatssekr­etär wird beim Joggen mit drei gezielten Schüssen getötet. Schnell wird klar, dass da ein Profikille­r am Werk war. Vordergrün­dig geht es für die beiden Kommissare Lannert und Bootz (Richy Müller, Felix Klare) darum, herauszufi­nden, wer den Tod des Politikers in Auftrag gegeben hat, doch tatsächlic­h geht es um „Bombay Gate“, wie die politische Affäre schon bald getauft wird. Dieser Mord hat mit dem „Gleisdreie­ck“zu tun. Dafür hatten der Geldgeber, kurz „der Inder“, und Architekt von Mayer (Thomas Thieme) Landesmitt­el bekommen. Doch „der Inder“entpuppte sich als Hochstaple­r, von Mayer ging ins Gefängnis. Hatte sich der nun tote Staatssekr­etär im Bauministe­rium, Jürgen Dillinger, schmieren lassen?

Als wäre die Geschichte nicht ohnehin schon verwirrend genug, wechselt der Film zwischen ver- schiedenen zeitlichen Ebenen, um die Verkettung­en in einen logischen Zusammenha­ng zu bringen. Dadurch wird die Handlung zunächst jedoch noch unübersich­tlicher.

Das fangen aber die großartige­n Darsteller auf, denen man gerne bei der Entwicklun­g zusieht. Allen voran Thomas Thieme. So wird der Fall doch unterhalts­am und wortwitzig. Durchhalte­n lohnt sich also.

„Tatort: Der Inder“, ARD, So. 20.15 Uhr

 ?? FOTO: SWR/JOHANNES KRIEG ?? Der ehemalige Staatssekr­etär Jürgen Dillinger (r., Robert Schupp) macht sich gerade zum Joggen fertig, als er nach dem Weg gefragt wird – und der Fremde (Stephane Lalloz) plötzlich eine Pistole zieht und ihn erschießt.
FOTO: SWR/JOHANNES KRIEG Der ehemalige Staatssekr­etär Jürgen Dillinger (r., Robert Schupp) macht sich gerade zum Joggen fertig, als er nach dem Weg gefragt wird – und der Fremde (Stephane Lalloz) plötzlich eine Pistole zieht und ihn erschießt.

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