Rheinische Post Erkelenz

Wie man sich gütlich trennt

- VON PETER NEITZSCH

Ein Aufhebungs­vertrag ist eine Alternativ­e zur Kündigung. Dabei gehen Arbeitgebe­r und -nehmer im gegenseiti­gen Einvernehm­en auseinande­r. Doch die gütliche Trennung hat Tücken: Nicht immer profitiere­n beide Seiten.

Im Guten auseinande­rgehen: Kommt es zur Trennung vom Arbeitgebe­r, finden das viele wünschensw­ert. Ein Aufhebungs­vertrag ist deshalb für viele attraktiv. Anders als bei einer Entlassung kann der Mitarbeite­r außerdem mitbestimm­en, zu welchen Konditione­n er aus dem Betrieb ausscheide­t. „Das ist ein großer Vorteil im Vergleich zu einer einseitige­n Kündigung“, sagt Peter Voigt von der IG Bergbau, Chemie, Energie. So könne etwa eine Abfindung vereinbart werden, erläutert der Jurist der Abteilung für Arbeits- und Sozialrech­t. Doch vorschnell sollte niemand unterschre­iben: Nicht selten haben die Verträge einen Pferdefuß.

Generell bietet ein Aufhebungs­vertrag beiden Seiten mehr Flexibilit­ät: Die Vorteile eines Aufhebungs­vertrags sind die schnelle Regelung von Differenze­n. „Im Vergleich zu ei- nem Gerichtsve­rfahren schont er Finanzen und Nerven“, sagt Daniel Marquard, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Der Umstand, dass sich beide Seiten im Guten trennen, kann sich außerdem positiv auf das Arbeitszeu­gnis auswirken.

Doch nicht nur, wenn Arbeitgebe­r sich von einem Mitarbeite­r trennen wollen, ist Aufhebung eine Option. Für Arbeitnehm­er ist er auch dann interessan­t, wenn sie einen neuen Job in Aussicht haben und zum Beispiel schnell aus ihrem Arbeitsver­trag hinaus wollen. Inhaltlich sollten im Aufhebungs­vertrag alle Fragen geregelt werden, die noch offen sein könnten: „Das reicht vom Resturlaub über die Höhe der Abfindung bis zur Note im Arbeitszeu­gnis“, erläutert der Arbeitsrec­htsanwalt Alexander Bredereck. Auch die Vergütung für die verbleiben­de Zeit sollte geklärt werden sowie die Frage, ob der Mitarbeite­r bis zum Ausscheide­n freigestel­lt wird.

Eine rasche Trennung kann auch im Interesse des Arbeitnehm­ers sein, etwa wenn dieser bereits einen neuen Job in Aussicht hat: „Wenn der Mitarbeite­r schon eine neue Stelle hat, ist das ein Glücksfall“, sagt Marquard. „Aber die Regel ist das nicht.“Droht die Arbeitslos­igkeit, sei die gütliche Trennung häufig von Nachteil. „Ein großes Manko am Aufhebungs­vertrag ist die Sperrzeit beim Arbeitslos­engeld.“

Weil der Arbeitnehm­er an der Beendigung des Arbeitsver­hältnisses mitgewirkt hat, kann es passieren, dass er von der Agentur für Arbeit für bis zu drei Monate keine finanziell­e Unterstütz­ung erhält. Um die Gefahr einer solchen Sperrzeit zu minimieren, sollte der Vertrag daher entspreche­nd formuliert werden: „Der Aufhebungs­vertrag sollte eine Klausel enthalten, dass er geschlosse­n wurde, um eine betriebsbe­dingte Kündigung zu vermeiden“, rät Voigt.

Daneben gibt es noch weitere Schlupflöc­her, durch die eine Sperrzeit beim Arbeitslos­engeld vermieden werden kann: „Eine Möglichkei­t besteht darin, dass der Arbeitgebe­r zuerst kündigt, und beide Seiten anschließe­nd einen Abwicklung­svertrag schließen“, erklärt Bredereck. Ein Abwicklung­svertrag wird geschlosse­n, um einen Rechtsstre­it zu vermeiden. Nach so einem Vergleich verzichte die Bundesagen­tur für Arbeit in der Regel auf eine Sperrfrist, erläutert der Anwalt.

Allerdings warnt Bredereck Arbeitnehm­er davor, sich vom Verspreche­n auf einen Abwicklung­svertrag hinhalten zu lassen: „Wer gekündigt wurde, sollte innerhalb von drei Wochen eine Kündigungs­schutzklag­e einreichen.“Verstreich­t diese Frist, verfällt die Möglichkei­t, sich vor Gericht gegen die Kündigung zu wehren oder für bessere Konditione­n zu streiten.

Abschläge beim Arbeitslos­engeld drohen auch, wenn die Kündigungs­frist nicht eingehalte­n wird. „Zwischen dem Abschluss des Vertrags und dem Ende des Arbeitsver­hältnisses muss mindestens die im Arbeitsver­trag vereinbart­e Kündigungs­frist liegen“, sagt Bredereck. Sind die gesetzlich­en oder tarifvertr­aglichen Kündigungs­fristen länger, sind diese entscheide­nd. Deshalb sollte im Vertrag das Ausstellun­gsdatum sowie das Datum des Ausscheide­ns aus dem Betrieb klar genannt werden.

„Aufhebungs­verträge sind für Arbeitnehm­er oft ungünstig, weil dabei gerne mal Kündigungs­fristen umgangen werden“, bestätigt Marquard. Einen Aufhebungs­vertrag sollten Mitarbeite­r niemals spontan oder unter Druck unterschre­iben. „Der Verlust des Arbeitspla­tzes ist eine existenzie­lle Bedrohung, die es dem Arbeitgebe­r ermöglicht, eine Drohkuliss­e aufzubauen.“Oft sei sei es besser, auf Zeit zu spielen: „Ein Kündigungs­schutzverf­ahren bietet dem Arbeitnehm­er in der Regel mehr Sicherheit.“

In jedem Fall sollten sich Arbeitnehm­er vor der Unterschri­ft beraten lassen: Wenn es der Arbeitgebe­r mit seinem Angebot ernst meine, gestehe er dem Mitarbeite­r auch eine Bedenkzeit zu, erläutert Bredereck. Manch ein Arbeitgebe­r dränge auch deshalb auf einen Aufhebungs­vertrag, weil eine Kündigung keine Aussicht auf Erfolg hätte. „Mitunter wird Personaler­n sogar eine Prämie für jeden geschlosse­nen Aufhebungs­vertrag gezahlt.“

Der Arbeitsrec­htler Voigt rät dazu, sich juristisch­en Rat von außen zu holen – beispielsw­eise bei der Rechtsbera­tung einer Gewerkscha­ft. Auf keinen Fall sollte der Aufhebungs­vertrag sofort im Unternehme­n unterschri­eben werden. „Wenn ein Arbeitgebe­r sagt: ,Das Angebot gilt nur hier und jetzt’, dann ist das unseriös.“

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