Rheinische Post Erkelenz

Post kontert Streik mit Sonntags-Arbeit

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die Gewerkscha­ft Verdi will juristisch dagegen vorgehen, dass die Post gestern mit „Freiwillig­en“liegengebl­iebene Pakete ausfuhr. Allein in Düsseldorf sollen 360 Mitarbeite­r dabei gewesen sein. Das Land NRW wird ein Bußgeld prüfen.

DÜSSELDORF/BONN Die Post verschärft beim Streit um die Ausgründun­g von Billiglohn-Firmen die Gangart: Gestern wurden bundesweit Paketzuste­ller und andere Mitarbeite­r außerplanm­äßig zur Arbeit gerufen, um die Folgen des vor zwei Wochen begonnenen unbefriste­ten Streiks der Gewerkscha­ft Verdi zu kontern: So soll der Konzern aus anderen Städten 360 Beschäftig­te nach Düsseldorf geschickt haben, um liegengebl­iebene Pakete zuzustelle­n und in lokalen Stützpunkt­en in Lieferwage­n zu räumen. Dies berichtete Uwe Speckenwir­th, VerdiFachb­ereichslei­ter Postdienst­e.

Die Post bestätigt, bundesweit Mitarbeite­r einzusetze­n, um die Folgen des Arbeitskam­pfes abzumilder­n. Sie will aber keine Angabe zur Zahl der tätigen Kollegen machen. Es würden nur Mitarbeite­r eingesetzt, die sich freiwillig melden. Laut Verdi bietet der Konzern 100 Euro an Prämie an. Außerdem würden Mitarbeite­r mit „sanftem Druck“zum Einsatz überredet.

Das Land NRW wird nun prüfen, ob es mit der breiten Sonntagsar­beit einen Verstoß gegen das Arbeitssch­utzgesetz gab. Die Post dürfe zwar in ihren überregion­alen Verteilzen­tren für Briefe und Pakete jeden Sonntag arbeiten lassen, das gelte aber nicht für die lokalen Weitervert­eilzentren, erklärt Jens Helmecke, Sprecher des NRW-Ministeriu­ms für Arbeit und Soziales. „Uns liegt aktuell kein Antrag der Post auf Sondergene­hmigung für Sonntagsar­beit vor.“Nun werde das Ministeriu­m über die Bezirksreg­ierung prüfen, „ob es einen Verstoß gegen das Sonntagsar­beitsverbo­t gibt, was zu einem Bußgeld führen kann.“Unter der Hand erklären Mitarbeite­r des Ministeriu­ms, dass ein Bußgeld relativ wahrschein­lich sei und wohl von der Post bereits einkalkuli­ert sei – Verdi-Funktionär Speckenwir­th spricht von „ungesetzli­chen Einsätzen“.

Der unerwartet­e Einsatz von Streikbrec­hern am Wochenende zeigt, wie unversöhnl­ich sich Post und Verdi gegenübers­tehen. Verdi hat mittlerwei­le rund 25 000 Tarifmitar­beiter aufgerufen, die Arbeit niederzule­gen, damit der Konzern wieder alle hiesigen Mitarbeite­r gemäß dem Haustarifv­ertrag entlohnt. Der Post-Vorstand hält dagegen daran fest, neue Paketzuste­ller nur noch in neuen Tochterfir­men abseits des Konzerntar­ifvertrage­s zu beschäftig­en, weil das Unternehme­n nur so wettbewerb­sfähig sein könne. „Unsere Löhne liegen doppelt so hoch wie bei unseren Wett- bewerbern“, erklärt Vorstandsc­hef Frank Appel, „wenn wir so weitermach­en, entstehen neue Arbeitsplä­tze in der Paketzuste­llung nur noch bei der Konkurrenz.“Er verweist auch darauf, dass die neuen Tochterfir­men ja auch Tarifvertr­äge zahlen. Das sind allerdings diejenigen mit der Konkurrenz.

Unklar ist, wie stark der Streik den Konzern und die Kunden trifft. Die Post erklärt, rund 80 Prozent der Briefe und Pakete würden pünktlich zugestellt, also am Tag nach der Abgabe. Es entlastet, dass viele Unternehme­n Waren aktuell oft über Wettbewerb­er versenden. Verdi berichtet dagegen, dass es zunehmend zu „Staus“wegen großer Mengen an liegengebl­iebenen Sendungen kommt – genau die sollten wohl gesternauf­gelöst werden.

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FOTO: DPA Am Donnerstag unterstütz­ten noch Tausende Post-Mitarbeite­r mit einer Demonstrat­ion vor dem Konzernsit­z in Bonn den Streik – jetzt soll Sonntagsar­beit die Folgen des Arbeitskam­pfes abschwäche­n

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