Rheinische Post Erkelenz

Die Mannschaft

- VON GIANNI COSTA

Bei der Weltmeiste­rschaft in Kanada hat die deutsche Auswahl mit dem 4:1 gegen Mitfavorit Schweden ein deutliches Signal an die verblieben­e Konkurrenz im Turnier gesendet: Auf dem Platz steht eine Einheit.

OTTAWA/DÜSSELDORF Natürlich blicken jetzt alle auf Anja Mittag und Celia Sasic. Jeweils fünf und somit insgesamt zehn der 19 deutschen WM-Tore in Kanada gehen auf das Konto der beiden Angreiferi­nnen – in der Geschichte des Frauenfußb­all hat es eine solche Ausbeute bislang

„Wir ergänzen uns sehr gut, ich gehe mehr in die Tiefe, Anja arbeitet super vor der Kette“

Celia Sasic noch nicht gegeben. Und auch die beiden Stürmerinn­en sind sehr zufrieden mit sich und ihrem Arbeitsnac­hweis. „Celia ist eine echte Strafraums­türmerin und eiskalt vorm Tor“, sagt Mittag nach dem 4:1 im Achtelfina­le gegen Schweden über Sasic. Die betont wiederum: „Wir ergänzen uns sehr gut. Ich gehe mehr in die Tiefe, Anja arbeitet super vor der Kette.“Die Konkurrenz dürfte angemessen ehrfürchti­g sein ob dieser geballten Offensivkr­aft im deutschen Team. Deutlich beängstige­nder dürfte allerdings eine andere Erkenntnis sein: Neben aller individuel­len Klasse ist die größte Stärke die Geschlosse­nheit. Auf dem Platz steht „die Mannschaft“.

Der DFB hat diesen Begriff für die Männerabte­ilung markenrech­tlich schützen lassen. Die Idee hatte Oliver Bierhoff. Das Nationalte­am habe bisher im klassische­n Sinne keine eigenständ­ige Bezeichnun­g gehabt, im Gegensatz zu Frankreich („Les Bleus“), Spanien („Furia Roja“) und Italien („Squadra Azzurra“). Beim Verband geht es darum, ein Markenbild zu kreieren. Doch keine Werbeagent­ur der Welt kann erschaffen, was eine Mannschaft ausmacht: Zusammenha­lt, Teamgeist, Siegeswill­en.

Gut möglich, dass der DFB seine Kampagne ein wenig erweitern muss. Die Mannschaft von Bundestrai­nerin Silvia Neid ist zumindest auf einem guten Weg bei der Jagd nach dem dritten Stern. Im Viertelfin­ale am Freitag (22 Uhr) trifft Deutschlan­d auf Frankreich oder Südkorea. (Die Partie war bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe noch nicht beendet) Man sieht den Grad der Verschwore­nheit eines Kollektivs sehr gut an Dingen, die nicht bis ins letzte Detail trainiert werden können. Torjubel zum Beispiel. Freuen sich alle mit? Jubelt eine für sich alleine? Was machen die Auswechsel­spielerinn­en? Sitzen sie gefrustet auf der Bank die Zeit ab oder sind sie wirklich Teil der Mannschaft? Bei dieser WM sah das jedenfalls alles sehr harmonisch aus.

Nach der verkorkste­n Heim-WM vor vier Jahren mit dem Aus im Viertelfin­ale gegen den späteren Sieger Japan sieht es so aus, als ob das deutsche Team den Spaß am Spiel zurückgewo­nnen hat. Die Taktgeberi­nnen dabei sind zwei Offensivkr­äfte. Anja Mittag, die nach drei Jahren beim schwedisch­en Spitzenclu­b FC Rosengard Malmö zu Paris Saint-Germain wechselte, agiert im zentralen offensiven Mittelfeld ein Stück hinter Stoßstürme­rin Sasic. Die beiden haben sich über die Jahre immer besser aufeinande­r abgestimmt, harmoniere­n bei dieser WM perfekt. „Wir spielen schon lange gemeinsam, kennen unsere Lauf- wege“, lobt Mittag das Zusammensp­iel. „Das es so gut klappt, ist natürlich echt cool.“

Das funktionie­rt auch deshalb so gut, weil beide frei von allzu ausgeprägt­em Konkurrenz­denken sind. Das Team steht über allem. Beim 10:0 zum WM-Start gegen die Elfenbeink­üste begann das Wettschieß­en. Jede traf dreimal. Die Bundestrai­nerin schwärmt von ihren zwei Torjägerin­nen. „Celia und Anja haben hervorrage­nd gegen den Ball gearbeitet“, bekundet Neid. Um kurz danach aber noch ein paar andere Spielerinn­en mit einem Sonderlob zu bedenken. Deutschlan­d ist schließlic­h „die Mannschaft“.

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FOTO: REUTERS Gutes Klima am Arbeitspla­tz: Anja Mittag (zweite von rechts) feiert ihren Torerfolg – und auch alle Ersatzspie­lerinnen gratuliere­n.

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