Rheinische Post Erkelenz

Bissige Mediensati­re auf Reality-TV

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Ein verurteilt­er Mafia-Killer spielt den Bewerber für eine italienisc­he Big-Brother-Show.

BERLIN (dpa) Einmal im Leben berühmt werden, und sei es nur für einen Abend. Und ganz nebenbei noch eine hübsche Summe einstecken. Davon träumen mehr Menschen, als man vermuten könnte. Vor allem für den sprichwört­lichen kleinen Mann mag das gelten. Genau um den geht es in dem italienisc­h-französisc­hen Film „Reality“.

Mitten in der umtriebige­n italienisc­hen Hafenstadt Neapel lebt Luciano (Aniello Arena), der einen kleinen Fischstand betreibt und eine Frohnatur ist. Er könnte in Frieden leben. Aber als quasi bei ihm vor der Haustür ein Casting zu der TV-Show „Il Grande Fratello“(eine Art „Big Brother“) stattfinde­t, drängen ihn seine Kinder zur Bewerbung, und er wird zu einem Vorstellun­gstermin nach Rom eingeladen. Obwohl Luciano noch gar nicht als Kandidat feststeht, stellt er sein Leben alsbald auf den Kopf.

Luciano wird von seinen Kindern, den Nachbarn und den Freunden sofort als Sieger gefeiert; nur seine Frau Maria (Loredana Simioli) bleibt skeptisch und kann nicht begreifen, dass er seinen Fischladen verkauft und seine Möbel an Obdachlose verschenkt. Man muss ihr recht geben – denn der so heiß ersehnte und alles entscheide­nde Anruf zur Teilnahme an der Show bleibt aus. Doch Luciano wähnt sich so sehr auf der großen TV-Bühne, dass er sich immer mehr in die Geschichte hineinstei­gert und jedes Maß für die Wirklichke­it verliert.

Die beißende Mediensati­re spart nicht mit diversen Seitenhieb­en auf das gnadenlose TV-Geschäft. Zwar beginnt das Ganze doch schon recht langatmig mit dem bizarr-barocken Gehabe des ehemaligen „Fratello“Gewinners Enzo, der in einer goldenen Kutsche als Stargast bei Hochzeiten vorfährt. Später aber werden dem Zuschauer ganz allmählich Umfang und Wahnsinn des Realitysho­w-Irrsinns drastisch vor Augen geführt.

Den Hauptantei­l zum Gelingen dieser leicht absurden Posse liefert das Spiel des Hauptdarst­ellers Aniello Ariena (46), der in Neapel geboren ist. Er war vor 20 Jahren wegen Mafiamorde­n (die er nie gestanden hat) zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Im Gefängnis hat er sich einer Schauspiel­truppe angeschlos­sen, wo er von Regisseur Matteo Garrone entdeckt wurde.

„Reality“, Arte, 21.40 Uhr

 ?? FOTO: ARTE FRANCE ?? Der lebensfroh­e Luciano (Aniello Arena) wohnt mit seiner Familie im Herzen Neapels. Seine Art zaubert nicht nur seinen Kindern ein Lächeln ins Gesicht, sondern auch Tante Rosaria (Rosaria D’Urso).
FOTO: ARTE FRANCE Der lebensfroh­e Luciano (Aniello Arena) wohnt mit seiner Familie im Herzen Neapels. Seine Art zaubert nicht nur seinen Kindern ein Lächeln ins Gesicht, sondern auch Tante Rosaria (Rosaria D’Urso).

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