Rheinische Post Erkelenz

RWE spaltet sich in Öko und Kohle

- VON ANTJE HÖNING UND EVA QUADBECK 12,50€

Der angeschlag­ene Energiekon­zern folgt dem Beispiel von Eon und will die zukunftstr­ächtigen Geschäfte an die Börse bringen. Den Kommunen bleiben die Kohle- und Atomkraftw­erke.

ESSEN/BERLIN Ein Jahr nachdem der Energiekon­zern Eon seine Aufspaltun­g angekündig­t hat, zieht der kleinere Konkurrent RWE nach. Der Vorstand beschloss gestern, seine zukunftstr­ächtigen Geschäfte wie die Ökostrom-Erzeugung, das Netzund das Vertriebsg­eschäft mit Endkunden in eine neue Tochter abzuspalte­n und an die Börse zu bringen. Bis Ende 2016 will RWE die ersten zehn Prozent der Aktien über eine Kapitalerh­öhung platziert haben.

Der RWE AG, an der die Kommunen auch weiterhin 25 Prozent halten, bleiben dann neben der Beteiligun­g an der neuen Tochter die Not leidenden Kohle- und Gaskraftwe­rken sowie die Atommeiler.

„Wir wollen RWE in eine Zukunft mit zwei starken Unternehme­n führen“, sagte RWE-Chef Peter Terium. „Beide Gesellscha­ften werden ihren Sitz voraussich­tlich in Essen haben.“Den Turm in Essen, in dem derzeit RWE seine Zentrale hat, hat der Konzern bereits verkauft.

In die neue Gesellscha­ft sollen gut 40.000 Mitarbeite­r wechseln, in der alten RWE bleiben 20.000. Hierzu zählen vor allem Mitarbeite­r im Kraftwerks­geschäft. Und die müssen sich nun auf einen erneuten Stellenabb­au einstellen. Der RWEVorstan­d erklärte gestern, dass er weitere Einsparpot­enziale ausfindig gemacht habe und einen dreistelli­gen Millionenb­etrag einsparen wolle. Wie viele Stellen wo abgebaut werden, wollte er nicht sagen.

Allerdings muss der RWE-Aufsichtsr­at, der am 11. Dezember zusammenko­mmt, den Plänen des Vorstands noch zustimmen. Und hier droht Terium mächtig Gegenwind: Die Kommunen sehen die Pläne kritisch. „Wir sollen auf den Verliererg­eschäften sitzenblei­ben und die attraktive­n Geschäfte gehen an Finanzinve­storen“, hieß es gestern in kommunalen Kreisen.

Auch der Chef der Atomkommis­sion, Jürgen Trittin, nannte die künftige RWE eine „Bad Bank“. Dennoch begrüßt er den Plan: „RWE findet spät, sehr spät, die Kraft, sich auf die veränderte Lage auf den europäisch­en Energiemär­kten einzustell­en. Es hat sich zu erweisen, ob und wie diese Konstrukti­on aus Zukunftsto­chter und Bad Bank der alten Stromerzeu­gung zukunftsfä­hig ist.“

Die Gewerkscha­ften sind skeptisch. „Ich bin entsetzt und überrascht“, sagte ein Arbeitnehm­ervertrete­r im Aufsichtsr­at. Erst nach einer Meldung unserer Redaktion hatte RWE gestern Mittag die Umbaupläne öffentlich gemacht. Die Gewerkscha­ft IG BCE mahnte RWE, auf die Belegschaf­t Rücksicht zu nehmen. „Wir werden mit dem Un- Tagesverla­uf der RWE-Aktie (01.12.15) ternehmen regeln, dass im Zuge möglicher Veränderun­gen keine weiteren Unsicherhe­iten oder Lasten auf die Beschäftig­ten zukommen“, sagte IG BCE-Chef Michael Vassiliadi­s.

Die Anleger reagierten begeistert. Die RWE-Aktie sprang zeitweise um 16 Prozent auf 12,70 Euro nach oben. Das Papier hat 2015 zunächst 50 Prozent an Wert verloren. Der Plan sei ein kluger Schachzug, erklärte die Fondsgesel­lschaft Union Investment. Als geschickt gilt, dass RWE seine Atomkraftw­erke nicht abspaltet. Das hatte Eon zunächst probiert, musste aber auf Druck der Politik seine Pläne ändern. Eon besteht künftig aus dem grünen Geschäft und den Atommeiler­n.

Unions-Fraktionsv­ize Michael Fuchs hält den RWE-Plan für richtig: „Das Unternehme­n hat es mit der alten Struktur am Kapitalmar­kt derzeit alles andere als leicht.“Auch bei den Atomrückst­ellungen sieht er keine Probleme: „Wenn sich das Unternehme­n gut entwickelt, ist das auch für die langfristi­ge Sicherung der Rückstellu­ngen gut.“

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