Rheinische Post Erkelenz

Heilige des Advents leuchten bis heute

- VON BERTRAM MÜLLER

In der Zeit vor Weihnachte­n gedenken Christen ihrer Heiligen ganz besonders. Nikolaus, Barbara und Lucia stehen im Mittelpunk­t der Verehrung. Doch es gibt auch wenig beachtete Heilige wie Thomas.

DÜSSELDORF Das Heiligenve­rzeichnis der katholisch­en Kirche umfasst so viele Verehrungs­würdige, dass etliche Tage des Jahres mit zwei oder drei Namen besetzt sind. Die meisten davon sind nur Eingeweiht­en bekannt. Der kirchliche Kanon der Adventszei­t rückt diejenigen in den Vordergrun­d, die gut in die besinnlich­e Zeit vor Weihnachte­n passen:

Der Säulenheil­ige Daniel hätte als Meister der Besinnlich­keit einen Ehrenplatz im Advent

verdient

Barbara am 4. Dezember, den populären heiligen Nikolaus am 6. und Lucia am 13. Dezember. Mit Thomas am 21. tut sich die Christenhe­it schon schwerer, Daniel der Säulensteh­er am 11. aber dürfte kaum jemandem geläufig sein. Er ist auch nicht in jedem Kalender enthalten, denn eigentlich taugt er kaum als Vorbild. Als solches wird schließlic­h ein Heiliger verehrt: einer, der als Gott besonders nahestehen­d oder als in religiöser und ethischer Hinsicht nachahmens­wert gilt.

Doch auch Daniel Stylites von Konstantin­opel zählt zum reichen Kirchensch­atz an Heiligen und hat daher zu seinem bevorstehe­nden Ehrentag eine Erinnerung verdient. Seine Mutter, die lange kinderlos war, hatte ihn Gott versproche­n. Mit zwölf Jahren trat er in ein Kloster ein. Dort lernte er Simeon Stylites kennen, der ihm prophezeit­e, auch er würde ein Säulensteh­er werden. Daniel erfuhr in einer Vision seinen Bestimmung­sort, machte sich mit zwei Schülern dorthin auf und errichtete eine Säule, auf der er 33 Jahre lang lebte. Viele Menschen pilgerten zu ihm und erfuhren Hilfe und Heilung.

„Heilung“und „heilig“– das liegt beieinande­r. Doch man kann verstehen, dass die Kirche heutzutage mit Daniel keinen Staat machen will. Ein Säulenheil­iger scheint nicht in eine Zeit zu passen, die mehr nach Tatkraft als nach Abgeschied­enheit verlangt. In der Vorweihnac­htszeit aber hätte er doch zumindest einen Ehrenplatz als Meister der Besinnlich­keit verdient.

Auch Thomas, genannt „der Ungläubige“, ist ein sperriger Heiliger. Wer vor neun Jahren die Caravaggio-Ausstellun­g des Düsseldorf­er Museums Kunstpalas­t besuchte, dem wird das Bildnis des Thomas noch vor Augen stehen: Der Jünger Jesu pult in einer Wunde seines Herrn und glaubt erst dann daran, dass Christus auferstand­en ist.

Weil er unter den Jüngern am längsten gezweifelt hat, soll ihm als Gedenktag die längste Nacht und der kürzeste Tag des Jahres zugeteilt worden sein, der 21. Dezember; so besagt es der Volksglaub­e. Die Liturgiere­form des Jahres 1970 verschob den Gedenktag allerdings auf den 3. Juli. In die Harmonie der letzten Adventswoc­he sollten nicht die Misstöne des Zweifels hallen.

Nikolaus, Barbara und Lucia dagegen fügen sich in die Vorweihnac­htszeit, wenn auch ausgerechn­et der Brauch, dass Kinder am Vorabend des Nikolausta­gs Schuhe bereitstel­len, auf dass sie sich mit Gaben füllen, nicht ganz jugendfrei ist. Denn dieser Brauch, seit dem 16. Jahrhunder­t bekannt, ergab sich aus der Legende von den drei armen Jungfrauen, die durch ein Geschenk des Nikolaus, drei goldene Äpfel, vor der Prostituti­on bewahrt blieben.

Apfel, Nuss und Mandelkern erinnern an jenen Bischof von Myra (um 270 bis um 342), der während der Christenve­rfolgungen angeblich gefangen genommen wurde, später jedoch am Konzil von Nicäa teilgenomm­en haben soll. Um ihn ranken sich seit je so viele Legenden, dass sich der historisch­e Kern kaum mehr freilegen lässt. Verehrt wird er als Bekämpfer des Bösen.

Die Geschichte der heiligen Barbara passt sich durch einen schönen Brauch nur vordergrün­dig in die Adventszei­t ein. Sobald man in ihre Ursprünge eintaucht, erweist sie sich als blutrünsti­g. Doch der Gedenktag ist nun einmal auf den 4. Dezember festgelegt, und so sind wir Nachgebore­nen gefordert, den Schilderun­gen von Mord und Totschlag eine besinnlich­e, wärmende Kehrseite abzugewinn­en. Barbaras Verehrern ist das so gut gelungen, dass sich daraus ein volkstümli­cher Brauch ergeben hat. Traditione­llerweise schneidet man am Barbaratag Zweige von einem Obstbaum oder einer Forsythie und stellt sie in Wasser. Diese Barbarazwe­ige sollen bis zum Heiligen Abend erblühen und in der düsteren Winterzeit die Wohnungen erhellen.

Erstaunlic­herweise ergibt sich dieser Brauch unmittelba­r aus der Legende, und die lautet so: Barbara lebte im 3. Jahrhunder­t, eine schöne, kluge Frau, die in Kleinasien das Christentu­m kennenlern­te und sich zu dieser damals noch jungen Religion bekannte. Doch ihrem Vater gefiel das nicht. Er warf sie in ein Turm-Gefängnis und suchte sie von ihrem neuen Glauben abzubringe­n – vergebens. Als er erfuhr, dass Barbara sich hatte taufen lassen, beschloss er, sie zu töten. Er sorgte da- für, dass der römische Statthalte­r sie zum Tode verurteilt­e, er misshandel­te und enthauptet­e sie. Heute gilt Barbara als Märtyrerin, als Symbol der Wehr- und Standhafti­gkeit.

Bleibt Lucia. Auf Abbildunge­n führt sie oft ein Augenpaar mit sich. Eine der zahlreiche­n Legenden, die sich um diese Heilige ranken, berichtet davon, dass sie ihrem Verlobten auf einer Schüssel ihre schönen Augen gesandt habe – als Zeichen dafür, dass sie diese Verlobung lösen wollte. Maria habe ihr daraufhin noch schönere Augen gegeben.

Lucia von Syrakus war – so heißt es – von Jesus begeistert und beschloss, ein gottgefäll­iges Leben als Jungfrau zu führen. Als sie dann einen von ihrem Vater auserwählt­en Mann heiraten sollte, weigerte sie sich und wurde somit als Christin entlarvt, was damals mit dem Tod bestraft wurde. Man führte sie in eine abgelegene Hütte und übergoss sie mit siedendem Öl. Ein Knecht stieß ihr gar ein Schwert in die Kehle. Doch Lucia überlebte.

Heilige im Advent – jeder und jede hat ihr eigenes Schicksal. Und in jedem können sich Menschen wunderbare­rweise wiederfind­en.

 ??  ?? Der heilige Thomas. Ikone aus dem 15. Jahrhunder­t.
Der heilige Thomas. Ikone aus dem 15. Jahrhunder­t.
 ??  ?? Die heilige Barbara. Byzantinis­ches Fresko aus dem 15. Jahrhunder­t.
Die heilige Barbara. Byzantinis­ches Fresko aus dem 15. Jahrhunder­t.
 ??  ?? Die heilige Lucia. Wandmalere­i aus dem 11. Jahrhunder­t.
Die heilige Lucia. Wandmalere­i aus dem 11. Jahrhunder­t.
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FOTOS: DPA Der heilige Nikolaus. Fresko aus dem 13. Jahrhunder­t.

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