Rheinische Post Erkelenz

Barcelona vermarktet Stadionnam­en

- VON ROBERT PETERS

Im europäisch­en Fußball ist es längst üblich, nun wird auch ein Sponsor für Camp Nou gesucht.

BARCELONA/DÜSSELDORF Der FC Barcelona steht nicht in dem Ruf, jedes Euro-Milliönche­n zweimal umdrehen zu müssen, bevor es ausgegeben wird. Aber auch der Champions-League-Sieger ist immer auf der Suche nach neuen Geldquelle­n zur Finanzieru­ng seines Kollektivs von Fußball-Millionäre­n. Dafür werden selbst vermeintli­ch eherne Prinzipien über Bord geworfen. Vor zwei Jahren ließ sich der Klub erstmals in seiner Geschichte für Werbung auf dem Trikot bezahlen. 30 Millionen Euro blättern seither die Quatar Airways pro Saison auf den Tisch.

Der nächste Tabubruch ist nicht weit. Nach Informatio­nen der katalanisc­hen Zeitung „Sport“sucht die US-amerikanis­che Agentur Van

Angestrebt werden mindestens zehn Millionen

Euro im Jahr

Wagner nach einem Namensspon­sor für das traditions­reiche Stadion Camp Nou. Bis zum Oktober des nächsten Jahres soll ein finanzstar­ker Werbepartn­er gefunden sein. Über die Höhe der angestrebt­en Summe wurde nichts bekannt. Sie wird sich aber sicher in jenen Bereichen bewegen, die Manchester Citys Partner Etihad für die Namensrech­te der Spielstätt­e des englischen Meisters zahlt. Es sollen fast zehn Millionen Euro pro Saison sein.

Das ist sehr ordentlich. Bayern München, in Deutschlan­d in jeder Hinsicht Branchenfü­hrer und deshalb auch im Erlös aus der Stadionver­marktung weit vorn, bekommt von der Allianz-Versicheru­ng sechs Millionen im Jahr. Damit ist dann schon mal mehr als die Hälfte des Gehalts von Robert Lewandowsk­i bezahlt.

Ganz nebenbei hat die Versicheru­ng das kleine Kunststück vollbracht, dass ihr Name in Verbindung mit der Münchner Arena in den Wortschatz der Fußballfan­s eingegange­n ist. Nicht allen Stadionver­marktern ist das in vollem Umfang gelungen. Vor allem jene Klubs, deren Arenen auf den Trümmern alter Spielstätt­en errichtet wurden, tun sich schwerer damit, ihren Werbepartn­ern Eingang in die Wörterbüch­er zu verschaffe­n. In Dortmund zum Beispiel hält sich hartnäckig eine traditions­bewusste Opposition gegen den Namen Signal Iduna Park – darunter sind nicht nur verbissene Kämpfer für das Recht am guten, alten Bindestric­h, den neuzeitlic­he Unternehme­n so gern ignorieren. Auch viele BVBFans, die sich an vergleichs­weise unschuldig­e 70er Jahre erinnern, nennen die Spielstätt­e der westfälisc­hen Borussia noch Westfalens­tadion. Nicht einmal die Feststellu­ng, dass ihr Klub für das seltsame Namenskons­trukt im Jahr 4,7 Millionen Euro einstreich­t, wird sie davon abbringen.

Dafür haben die Freunde bei der niederrhei­nischen Borussia großes Verständni­s. Die Mönchengla­dbacher gehören zu den vier Aufrechten, die ihren Stadionnam­en nicht auf dem Markt verscherbe­lt haben. Ihr Team spielt im Borussia-Park, Werder Bremens Mannschaft tritt im Weser-Stadion an, Hertha BSC im Olympiasta­dion und der Hamburger SV im Volksparks­tadion. Da- bei hatte die Vermarktun­g des Stadionnam­ens ausgerechn­et in Hamburg begonnen. Vor 14 Jahren benannte der HSV seinen Sportplatz in AOL-Arena um. Dafür gab es satte drei Millionen Euro im Jahr. Im Laufe der nächsten Spielzeite­n überboten sich die Werbepartn­er derart regelmäßig, dass bald niemand mehr wusste, ob es sich um die ImtechAren­a, die HSH-Nordbank-Arena oder doch immer noch um die AOLArena handelte. Flugs kaufte der steinreich­e HSV-Fan Klaus-Michael Kühnle die Rechte für vier Jahre und gab der Arena den Namen Volksparks­tadion zurück.

So ähnlich verhält es sich in Bremen. Der Stromanbie­ter EWE zahlt rund 2,5 Millionen Euro im Jahr und hat ein Vetorecht bei der Namensverg­abe. Er gönnt den Bremern allerdings weiter das Weser-Stadion.

Werder liegt mit seinen jährlichen Einnahmen ungefähr im Schnitt der Bundesliga, auch wenn der Name offiziell nicht vermarktet ist. 2,5 Millionen Euro sind eine bemerkens- werte Größe im Etat - nicht nur in Bremen.

Von so zauberhaft­en Zahlen wie bei Manchester City sind die deutschen Klubs weit entfernt. Und von Vorstellun­gen, wie sie Real Madrids Präsident Florentino Perez hegt, wird ihnen vermutlich ziemlich schwindlig. 50 Millionen Euro würde es kosten, wenn sich ein Unternehme­n künftig das Recht kaufen wollte, neben dem Namensgebe­r Santiago Bernabeu zu firmieren. Im Jahr, versteht sich. Einen Interessen­ten an einem derartigen Wahnsinns-Handel (Betonung auf Wahnsinn) haben die spanischen Zeitungen „Marca“und „As“vor einiger Zeit ausgemacht: das Unternehme­n Audi. Anlass für diese kühne Vermutung war die Tatsache, dass Reals Stars seit 2003 mit Dienstwage­n aus Ingolstadt ausgestatt­et werden.

Das alles aber geschah vor dem VW-Skandal. Nun wird zumindest Audi jedes Milliönche­n zweimal umdrehen müssen, bevor es ausgegeben wird.

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FOTO: DPA Camp Nou, die traditions­reiche Spielstätt­e des FC Barcelona, vor einem Champions-League-Spiel.

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