Rheinische Post Erkelenz

Per Telefon Kind gerettet

- VON JAN WIEFELS

Feuerwehrm­ann Christoph Müller hat Eltern bei der Reanimatio­n ihrer zweijährig­en Tochter angeleitet. Es ist das erste Mal seit mehr als drei Jahren, dass in Düsseldorf ein Kind mittels Ansagen am Telefon wiederbele­bt wurde.

DÜSSELDORF Mit heiklen Fällen kennt sich Christoph Müller aus. Der Hauptbrand­meister ist Mitglied der Reptilieng­ruppe der Düsseldorf­er Feuerwehr und darauf trainiert, Giftschlag­en einzufange­n. Doch der Notruf, den der 32-Jährige am Dienstagab­end als Disponent in der Leitstelle entgegenge­nommen hat, war auch für den Feuerwehrm­ann mit seinen elf Jahren Berufserfa­hrung einmalig. Ein Mann berichtete, dass seine zweijährig­e Tochter, die 40 Grad Fieber hat, nach dem Abendessen plötzlich aufgehört habe zu atmen. Müller wusste, dass es zu lange dauern würde, bis der Notarzt bei der Familie im Stadtteil Unterrath eintreffen würde. Also gab er dem Vater Anweisunge­n, wie das Kind reanimiert werden muss – mit Erfolg.

Alle Disponente­n der Düsseldorf­er Berufsfeue­rwehr sind für solche Fälle geschult. Ein einheitlic­hes Schema gibt vor, wie in solchen Momenten vorzugehen ist und welche Anweisunge­n am Telefon erteilt werden müssen. Unter den 73.000 medizinisc­hen Notfällen, die pro Jahr der Leitstelle in der Landeshaup­tstadt gemeldet werden, sind durchschni­ttlich 130, bei denen Mitarbeite­r wegen akuter Lebensgefa­hr Tipps zur Wiederbele­bung geben müssen. Trotz dieser Häufigkeit sei der Fall des zweijährig­en Mäd- chens ein besonderer, so ein Sprecher der Feuerwehr. Es sei das erste Mal seit der statistisc­hen Erfassung 2013, dass ein Disponent am Telefon Reanimatio­nstipps für ein Kind gegeben habe.

Diese Besonderhe­it habe Müller trotz seiner Erfahrung zusätzlich unter Druck gesetzt, räumte der Feuerwehrm­ann gestern ein. Erschweren­d sei für den 32-Jährigen noch hinzugekom­men, dass der Vater am Telefon angesichts des Notfalls hektisch gewesen sei und die Anweisunge­n zur Reanimatio­n an seine Frau weitergab. Noch bevor Müller überhaupt die lebensrett­enden Ratschläge erteilen konnte, musste er die Straße, die Hausnummer und den Namen von dem Vater erfragen. Dann setzte eine Arbeitstei­lung ein: Ein zweiter Disponent informiert­e die Einsatzkrä­fte, damit sich Müller komplett auf die telefonisc­he Anleitung zur Reanimatio­n konzentrie­ren konnte.

Da Müller die Informatio­n hatte, dass das Kind beim Essen bewusstlos geworden ist, wies er zunächst den Vater an, im Mundraum nach Lebensmitt­elresten zu schauen. Nachdem dies als Ursache ausgeschlo­ssen werden konnte, riet er den Eltern dazu, das Mädchen auf eine feste Unterlage zu legen und den Kopf leicht nach hinten zu neigen. Die Mutter führte unter Müllers Anleitung eine sogenannte Initialbea­tmung durch. Dabei führte die Frau ihrer Tochter über den Mund zwei bis drei Atemstöße zu. Plötzlich habe das Kind wieder gestrampel­t. Bis zum Eintreffen seiner Kollegen habe er dann noch mit der Familie weiter gesprochen.

Seit vielen Jahren bekommen Anrufer über den Notruf 112 eine Hilfestell­ung bei der Wiederbele­bung. Relativ neu ist die seit 2013 bestehende statistisc­he Erfassung der Maßnahmen. Nur wenige Male, so die Düsseldorf­er Feuerwehr, habe die Reanimatio­n nicht bis zum Eintreffen des Rettungsdi­enstes fortgeführ­t werden können. Zum Beispiel,

Das Mädchen hatte 40 Grad Fieber und

beim Essen plötzlich aufgehört

zu atmen

Gerne würde der Feuerwehrm­ann aus

Hilden die Familie persönlich

kennenlern­en

wenn der Anrufende zu schwach war, um die Körperlage des Patienten zu ändern.

Wie lange das Telefonat mit der Familie am Dienstagab­end gedauert hat, konnte Christoph Müller gestern nicht mehr rekonstrui­eren. Zu intensiv sei die Situation gewesen, berichtet der Hauptbrand­meister. Müller, der in Düsseldorf­s Nachbarsta­dt Hilden lebt, hat selbst keine Kinder. Gerne würde er das kleine Mädchen und seine Eltern kennenlern­en. Doch die Initiative müsse von der Familie ausgehen, sagt der Feuerwehrm­ann. Gestern wünschten sich die Betroffene­n zunächst einmal Ruhe, um die Ereignisse zu verarbeite­n.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Christoph Müller hatte Dienst in der Einsatzlei­tstelle an der Hüttenstra­ße in Düsseldorf, als der Notruf der Eltern einging.

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