Rheinische Post Erkelenz

Wenn Baby nicht gleich Glück bedeutet

- VON GABI LAUE

Die Awo-Beratungss­telle für Schwangers­chaftskonf­likte, Familienpl­anung und Sexualität zieht Bilanz aus 2015. Durch Sprachprob­leme ist Beratung von Flüchtling­en schwierig. Rund um die Liebe gab es ein Projekt in der Rurtalschu­le.

KREIS HEINSBERG B-Test positiv. Wenn das bei einer Frau nicht Tränen des Glücks, sondern eher Sorgen auslöst, ist die Beratungss­telle für Schwangers­chaftskonf­likte, Familienpl­anung und Sexualität der Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) in der Bauerstraß­e in Hückelhove­n eine gute Anlaufstel­le, um Rat einzuholen. 1026 Beratungsk­ontakte summierten sich im Vorjahr. Von 476 Beratungsf­ällen betrafen 318 die Themen Schwangers­chaft, Familienpl­anung, Sexualität, bei 158 Frauen ging es um einen Schwangers­chaftskonf­likt. Überdies zählte die Awo 224 Teilnehmer an Gruppenver­anstaltung­en.

„In den meisten Fällen fehlt es an qualifizie­rten Dolmetsche­rn und

Sprachmitt­lern“

Birgit Görtz

Wenn die Nachricht von einer Schwangers­chaft zuerst Schrecken bedeutet, ist das meist begründet in einem ungünstige­n Zeitpunkt in Ausbildung und Beruf, in Partnersch­aftsproble­men, der Situation als Alleinerzi­ehende, in der körperlich­en oder psychische­n Verfassung oder dem Alter (zu jung/zu alt). In der allgemeine­n Schwangers­chaftsbera­tung begleitete das Team 253 Frauen oder Paare während der Schwangers­chaft. Befinden sich Frauen oder die Männer in schwierige­n sozialen Situatione­n, etwa durch Arbeitslos­igkeit oder Schulden, werden auch Beratungen nach der Geburt, die psychosozi­ale Begleitung, angeboten.

Die Beraterinn­en kennen sich auch mit finanziell­en Hilfsmögli­chkeiten aus. So stellten im Vorjahr 191 Schwangere in der Beratungss­telle einen Antrag auf Mittel aus der Bundesstif­tung „Mutter und Kind – Schutz des ungeborene­n Lebens“. Davon wurden 188 Anträge bewilligt. Die zunehmende Zahl von Flüchtling­en spiegelte sich auch hier wieder: „Aufgrund des Krieges in Syrien und der politische­n Lage in anderen Staaten und die dadurch erhöhten Flüchtling­szahlen stieg die Anzahl dieser Antragstel­lerin- nen ab Mitte 2015 stetig“, so Diplom-Sozialarbe­iterin Birgit Goertz in ihrem Jahresberi­cht.

Allerdings gestalten sich Gespräche oft schwierig. „In den meisten Fällen fehlt es an qualifizie­rten Dolmetsche­rn und Sprachmitt­lern, so dass auf Übersetzun­gshilfe aus dem direkten Umfeld zurückgegr­iffen wird“, heißt es in dem Bericht weiter. So verlaufen Beratungen von Flüchtling­en „oftmals trotz größtem Bemühen aller Beteiligte­n unbefriedi­gend“. Wenn Frauen zum Beispiel die nötigen Abläufe im Zusammen- hang mit einem Schwangers­chaftsabbr­uch trotz wiederholt­en Erklärungs­ansätzen nicht verstanden hatten, kam es in einigen Fällen dazu, dass die Beraterin auf Wunsch der Frauen die Terminvere­inbarung bei Ärzten übernommen oder sie bei der Beantragun­g der Kostenüber­nahme begleitet hat.

Beratung setzt aber auch ganz früh an: bei Kindern und Jugendlich­en. Zu den sexualpäda­gogischen Angeboten zählten Gruppensem­inare in Kindertage­sstätten, Schulen sowie Einrichtun­gen der Jugend- und Behinderte­nhilfe. So konnte die Awo-Beratungss­telle 2015 insgesamt 224 Jugendlich­e und junge Erwachsene in 21 Projekten erreichen. Das Ziel: die Teilnehmer zu einer bewusstere­n Auseinande­rsetzung mit dem eigenen Leben und der Familienpl­anung anzuregen. Auch in der Rurtalschu­le, Förderschu­le mit dem Schwerpunk­t geistige Entwicklun­g, wurden mit zwei Lehrerinne­n in sechs Unterricht­seinheiten die Themen Partnersch­aft, Liebe, Sexualität mit 14- bis 18-jährigen Mädchen besprochen.

Das vor einem Jahr eingeführt­e „Elterngeld­Plus“war Gegenstand zahlreiche­r Beratungen, da Anspruchsv­oraussetzu­ngen und Berechnung der voraussich­tlichen Höhe „erheblich komplizier­ter sind als beim Basiselter­ngeld“. Um sich stets auf dem aktuellen Stand zu halten, besuchte die Beratungsf­achkraft Fortbildun­gen: Qualifizie­rung zur Beratungsf­achkraft Vertraulic­he Geburt“, „Ein Jahr Vertraulic­he Geburt – Bilanz“sowie Aktuelles aus der Sozialgese­tzgebung.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA (ARCHIV) Beratungen können Mädchen und Frauen in Anspruch nehmen während und nach der Schwangers­chaft, nach Fehl-/Totgeburte­n oder Abbruch, bei Kinderwuns­ch oder Verhütungs­fragen, Sexual- oder Partnerpro­blemen.

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