Rheinische Post Erkelenz

Schwimmer im Rhein leben gefährlich

- VON MARION MEYER

Jedes Jahr warnen Experten vor dem Baden im Rhein. Dennoch gehen viele in dem Fluss schwimmen. Selbst im flachen Wasser kann es gefährlich werden durch Unterström­ungen, die einem die Füße wegzieht.

DÜSSELDORF Wer im Rhein schwimmt, geht ein Risiko ein. Immer wieder überschätz­en Menschen ihre Kräfte und müssen auf tragische Weise lernen, dass die Strömungen des Rheins mächtiger sind als sie. Wenn sie Glück haben, werden sie lebend gerettet. Doch für viele kommt jede Hilfe zu spät. Leider lernen die Menschen nicht daraus, sagt Michael Grohe von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG). Selbst wenn er dann auf die Gefahren hinweist, meinen immer noch viele, dass sie dem Strom gewachsen sind.

Gerade diese Selbstüber­schätzung ist einigen zum Verhängnis geworden. Etwa 50 Menschen sterben laut Grohe jedes Jahr in NRW in strömenden Gewässern und Seen. Denn auch in Baggerseen lauern Gefahren durch Unterström­ungen.

Unterström­ungen im Rhein entstehen unter anderem durch das starke Verkehrsau­fkommen der großen Lastkähne. Je nachdem, wie viele Schiffe unterwegs sind, gibt es mehr Bewegung im Strom, und auch der Wasserstan­d ändert sich dadurch täglich. Brückenpfe­iler, Hafenanlag­en oder Landestell­en verändern die Strömung und machen sie unberechen­bar. Die Wasserbewe­gungen eines Schiffs sind noch zu spüren, wenn es bereits zwei Kilometer weitergefa­hren ist. Wenn man als Schwimmer in den Sog eines Schiffs gerät, wird es tückisch: Die Kähne entwickeln eine Rückströmu­ng, die einen Men- schen am Schiff entlang schnell und unkontroll­iert ans Heck in Richtung Schraube schleudert, deren Sogwirkung man nur schwer entkommen kann. Häufig mit fatalen Folgen. „Die Kähne besitzen eine Länge von bis zu 270 Metern. Ein Schiffsfüh­rer hinten auf der Brücke kann einen Schwimmer vor dem Schiff wegen des toten Winkels nicht wahrnehmen – und selbst wenn, auch nicht bremsen“, erklärt der DLRG-Retter.

Vermeintli­ch sichere Badestelle­n am Ufer können sich ebenfalls schnell als gefährlich entpuppen. Gerade zwischen den Buhnen, kleinen Wällen aus Steinen, die quer zum Ufer ins Wasser ragen, bilden sich gefährlich­e Wirbel und Strudel. „Sie sind nicht sichtbar, so dass sie selbst geübten Schwimmern von unten die Beine wegziehen können“, sagt Michael Grohe. Vor allem für Kinder sind sie gefährlich. Sie werden von der Kraft des Wassers mangels Gewicht schnell umgeworfen. Schuld daran sei der sogenannte Wellenschl­ag: Ein vorbeifahr­endes Schiff zieht Wasser in die Strom- mitte. Wenn es weiter gefahren ist, schwappt die Welle oben zurück und kann ein Kind umwerfen, gleichzeit­ig zieht die Strömung es von unten in den Fluss.

Trotz aller Gefahren ist das Schwimmen nur an bestimmten Stellen im Rhein verboten, so etwa an Hafenmündu­ngen, Brücken, Schiffs- und Fähranlege­stellen sowie an Schiffsbau­werften. „Ein generelles Verbot wäre schwierig durchzuset­zen“, sagt der Wasserrett­er. Die Unglücksfä­lle passieren seiner Meinung nach häufig dort, wo das Baden nicht erlaubt ist. „Viele ignorieren Gesetze. Mit gesundem Menschenve­rstand ist das nicht zu erklären. Ich würde lieber in ein Freibad gehen oder an einen Badesee, wo es eine Aufsicht gibt.“Gar nicht verstehen kann Grohe Eltern, die ihren Nachwuchs im Rhein baden lassen. „Das ist, als würde ich meine Kinder am Standstrei­fen der Autobahn spielen lassen.“ Alle www.rp-online.de/rheinliebe

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FOTO: ANDREAS BRETZ Gefährlich­e Unterström­ungen im Rhein entstehen unter anderem durch das starke Verkehrsau­fkommen der großen Lastkähne.

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