Rheinische Post Erkelenz

Das Enterprise-Feeling ist zurück

- VON LUDWIG JOVANOVIC

Der dritte „Star Trek“-Film seit 2009 besinnt sich fast schon zu sehr auf die Wurzeln der Reihe.

Captain James Tiberius Kirk (Chris Pine) und Commander Spock (Zachary Quinto) stecken in der Krise. Und es hat nichts mit größenwahn­sinnigen Übergegner­n oder einer Gefahr zu tun, die ganze Planeten auslöschen kann. Beide glauben in „Beyond“nicht mehr daran, dass ihre Zukunft an Bord des Raumschiff­s Enterprise liegt. Auf ihre eigene Weise zweifeln sie an ihren jetzigen Leben und ihren bisherigen Entscheidu­ngen. Jeder für sich kommt zum Schluss, dass es so nicht weitergeht. Das ist schon fast ein Sinnbild für die Situation der „Star Trek“-Filme, die sich nach dem Kino-Neustart 2009 immer noch finden müssen.

Und der neue „Star Trek“-Film „Beyond“stellt mit der Konzentrat­ion auf die Charaktere von Anfang an klar, dass man einen anderen Weg einschlage­n will als bisher. Dafür setzt der neue Regisseur Justin Lin, der das Ruder von J. J. Abrams übernommen hat, auch auf epische Bilder: Wenn die Enterprise auf der Sternenbas­is Yorktown ankommt, wird das nicht nur gezeigt, sondern zelebriert. Und es verfehlt seine Gänsehaut-Wirkung nicht.

Zu Beginn hat Lin die Zügel auch ganz gut in der Hand. Er findet die richtige Balance zwischen großen Bildern und den Figuren und schafft es gleichzeit­ig, die Story voranzutre­iben: Eine Bitte um Hilfe bringt die Enterprise und ihre Crew dazu, sich erneut ins Unbekannte zu wagen. Und dabei stoßen sie dann auf Krall (Idris Elba), der eine enorme Leinwandpr­äsenz hat und sich schon jetzt einen Platz in der Reihe der eindrucksv­ollsten Bösewichte gesichert hat. Mit ihm kommt dann auch in einer überragend inszeniert­en WeltraumSc­hlacht die Action ins Spiel – die aber das Gleichgewi­cht hält zwischen Effekten und Charaktere­n.

Und auf die konzentrie­rt sich dann der Film: Weil die Crew Hals über Kopf die zerstörte Enterprise verlassen muss und über einen Planeten verstreut wird, bilden sich Grüppchen. Insbesonde­re Spock und Dr. McCoy (Karl Urban) als Team sind dermaßen brillant in Szene gesetzt mit ihren Streitgesp­rächen, dass es an die besten Momente der Original-Serie aus den 1960ern heranreich­t – und sie fast noch übertrifft. Neue Figuren wie die Überlebend­e Jaylah (Sofia Boutella) bleiben blass. Sie ist da, damit Chefingeni­eur Scotty (Simon Pegg) jemanden zum Reden hat. Und so beeindruck­end auch Kralls Auftritte sind – am Ende gibt es ihn nur, weil der Film eben einen Bösewicht braucht.

Es kommt in „Beyond“dann doch nicht auf die neuen Figuren an, sondern auf die bekannten Charaktere. Damit erinnert der Film an „Star Trek“-Episoden der Vergangenh­eit. Und das ist leider auch die Schwäche des Films. Er gerät aus dem Gleichgewi­cht. Denn so unterhalts­am das alles ist, ab einem gewissen Punkt wirkt alles wie eine langgezoge­ne TV-Episode. „Beyond“ist nicht langweilig, oft sogar witzig und selbstiron­isch. Aber der Film tritt nach dem grandiosen ersten Drittel lange Zeit auf der Stelle. Erst als die Crew in dem altersschw­achen Schiff „Franklin“wieder zu den Sternen aufbricht, nimmt die Geschichte wieder Fahrt auf.

Der Film geht dabei sehr feinfühlig mit Kirk, Spock und McCoy um. Und er lässt zumindest auch Scotty und Sulu die Möglichkei­t, auf der Leinwand zu brillieren. Chris Pine schafft es, einen gereiftere­n, erwachsene­ren Captain darzustell­en, der immer weniger von dem ungestümen Draufgänge­r aus dem ersten Film des Neustarts hat. Überaus würdevoll hat man auch den Tod von Leonard Nimoy eingearbei­tet, der über Jahrzehnte Spock verkörpert hatte. Schlussend­lich wird daraus eine bewegende Hommage an die gesamte ursprüngli­che Enterprise-Crew: Justin Lin und die Drehbuchau­toren Doug Jung und Simon Pegg waren sehr darum bemüht, sich im Jubiläumsj­ahr vor der „Star Trek“-Tradition zu verbeugen.

Manchmal waren sie zu bemüht. Dabei blieb der große Storybogen auf der Strecke. „Beyond“wird die konservati­ven Fans der Originalse­rie vielleicht mit dem Neustart versöhnen. Alle anderen werden den Film noch ganz gut finden, aber er hinterläss­t keinen bleibenden Eindruck. „Beyond“fehlt der Mut, seinem Titel gerecht zu werden und über die „Star Trek“-Grenzen hinaus zu gehen. Und das macht ihn zum bislang schwächste­n der Reihe seit dem Kino-Neustart 2009. Star Trek Beyond, USA 2016, Regie: Justin Lin, mit Chris Pine, Zachary Quinto, Zoe Saldana, 120 Minuten

 ?? FOTO: DPA ?? Uhura (Zoe Saldana) und Sulu (John Cho) im neuen „Star Trek“-Film.
FOTO: DPA Uhura (Zoe Saldana) und Sulu (John Cho) im neuen „Star Trek“-Film.

Newspapers in German

Newspapers from Germany