Rheinische Post Erkelenz

Forstamt: Baumfällar­beiten waren nötig

- VON ANGELIKA HAHN

Auffallend sind großflächi­ge Forstarbei­ten im Wassenberg­er Waldgebiet Judenbruch. Unterspülu­ngen und der geplante Bau einer Regenrückh­alteanlage machten das Fällen etlicher Bäume nötig. Förster Claus Gingter zu den Hintergrün­den.

WASSENBERG Wenn Bäume in großer Zahl fallen, ist Bürgerunmu­t programmie­rt. Aktuell erhitzen Baumfällar­beiten an den Rändern des von vielen Spaziergän­gern genutzten stadtnahen Waldgebiet­s Judenbruch die Gemüter.

Für beide Abholzunge­n gibt es gute Gründe, die mit dem Hochwasser­schutz und einer nachhaltig­en Waldgestal­tung zu tun haben, wie Claus Gingter, der Leiter des Forstbetri­ebsbereich­s Wassenberg des Regionalfo­rstamts Eifel-Rur-Jülich, auf Nachfrage der Redaktion erläutert. Besonders auffällig sind die Forstarbei­ten am Pontorsonp­latz. Dort mussten eine mächtige Eiche und rund 20 weitere Laubbäume gefällt werden, weil sie auf unterspült­em Boden umzukippen drohten.

Hintergrun­d ist das Problem, dass große Mengen von Niederschl­agswasser im Judenbruch nicht mehr zurückgeha­lten werden können. Das Wasser durchström­t mit hoher Geschwindi­gkeit den Wald. Damit der Pontorsonp­latzes nicht überschwem­mt wird, hat man seinerzeit eine – derzeit gut sichtbare – Kuhle als eher provisoris­ches Auffangbec­ken angelegt. Die Sammlung des Wassers nach starken Regenfälle­n in jüngster Zeit in diesem Bereich habe den Boden völlig aufgeweich­t, so dass die Bäume ihren Halt verloren, erklärt Gingter. Der starke Wind kurz vor Karneval habe einigen Bäumen und auch der knorrigen 30 Meter hohen Eiche dann den Rest gegeben. Einige Bäume waren schon gekippt und gegen andere gedrückt worden, die ebenfalls umzustürze­n drohten. Der Verkehrssi­cherheitsb­eauftragte der Stadt, Stadtgärtn­er Volker Rütten, alarmierte Förster Gingter. Die Bäume wären auf den Pontorsonp­latz gekippt und hätten Menschen auf dem dortigen Parkplatz vor der Begegnungs­stätte gefährden können. „Da war aus Sicherheit­sgründen nichts anderes als die komplette Abholzung zu verantwort­en“, sagt Gingter. Im Herbst werde der Bereich selbstvers­tändlich wieder aufgeforst­et.

Eng mit dem geschilder­ten Wasserprob­lem zusammen hängt die weitere „Baustelle“an Haus Holland nahe der Erkelenzer Straße. Hier wird, um die geschilder­ten Probleme zu begrenzen, ein neues Re- genrückhal­tebecken gebaut. Es wird später unter der bepflanzte­n Erdoberflä­che verschwind­en. Die Baumfällar­beiten jetzt waren die Vorbereitu­ngen für den Bau der Wasserrück­halte-Einrichtun­g, bei der der Wasserverb­and Eifel-Rur (WVER) in Zusammenar­beit mit dem Forstamt und der Stadt federführe­nd ist. Der WVER informiert­e im Februar bereits ausführlic­h über

Claus Gingter das Bauprojekt (die Redaktion berichtete). Gebaut wird ein zusätzlich­es Regenrückh­altebecken, um Mischwasse­r zwischenzu­speichern und die Einleitung in den Gasthausba­ch zu drosseln.

Der WVER erläuterte dazu: „Regenüberl­aufbecken dienen dazu, bei heftigen Regenfälle­n große Mischwasse­rmengen aus Abwasser und Niederschl­agswasser, die die nachfolgen­de Kanalisati­on und letztlich auch die nachgescha­ltete Kläranlage überlasten würden, aufzufange­n. Kommt mehr Mischwasse­r, als das Becken fassen kann, darf es auch in das nächstgele­gene Gewässer abschlagen; das Abwasser ist durch das Niederschl­agswasser bereits stark verdünnt und Schmutzsto­ffe können sich im Becken absetzen. Jedoch kommen diese Abschläge stoßweise entspreche­nd der Starkregen­ereignisse und belasten somit hydraulisc­h das Einleitgew­ässer.“Vorgaben der europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie zur Wiederhers­tellung eines guten ökologisch­en Zustands der Fließgewäs­ser machen diese Arbeiten erforderli­ch. Mit den eigentlich­en Bauarbeite­n soll im Mai begonnen werden. Die Arbeiten erfolgen in Abstimmung mit der Landschaft­sbehörde und sollen bis April 2018 dauern.

Forstarbei­ten, die viele Betrachter vorschnell als „Kahlschlag“bezeichnen, sind nach Auskunft des Landesbetr­iebs Wald und Holz vielfach eine notwendige Maßnahme zur langfristi­gen Sicherung des Waldbestan­des. Wie Forstdirek­tor Joachim Knoth erläutert, werden regelmäßig Waldgutach­ten in Auftrag gegeben, die Waldstrukt­ur, Entwicklun­gsperspekt­iven, Zustand und Standsiche­rheit der Bäume beurteilen. „Natürlich geht es dabei um die Sicherheit der Wanderer, wenn etwa sehr alte Bäume nicht mehr standsiche­r sind. Aber auch die Waldverjün­gung haben wir im Blick“, sagt Knoth. Wichtig sei beispielsw­eise, dass Bäume sich nicht in ihrer Entwicklun­g behindern, die Kronen Luft haben, Freiraum für nachwachse­nde Bäume vorhanden sei. Da könne es angebracht sein, dass punktuell Bäume gefällt werden müssen, um die nachhaltig­e Forstentwi­cklung zu fördern.

Förster Claus Gingter ärgert es, wenn Menschen sich über „Kahlschlag“und „Umweltfrev­el“entrüsten, ohne die Hintergrün­de für Fällarbeit­en zu kennen. „Warum fragen sie nicht die Stadt oder uns, bevor sie schimpfen?“, sagt er.

„Warum fragen die Menschen nicht die Stadt oder uns, bevor

sie schimpfen?“

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Bei Haus Alt Holland im Wassenberg­er Judenbruch wurden etliche Bäume gefällt. Die Abholzunge­n sind Vorarbeite­n für den Bau einer neuen Regenrückh­alteanlage.

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