Rheinische Post Erkelenz

Wie Nicola Gördes die Stadt sieht

- VON INGE SCHNETTLER

Sie fotografie­rt, sie filmt, sie staunt. Die Ateliersti­pendiatin hat die Hälfte ihres Aufenthalt­s in Mönchengla­dbach schon hinter sich. Sie hat Erstaunlic­hes entdeckt – vor allem am Rand der Stadt.

Die Wäscheklam­mern sind ihr Markenzeic­hen. Sie trägt immer zwei davon an ihrer Kleidung. Diesmal sind sie dunkelblau und hellblau. „Die eine kommt aus Taiwan, die andere aus London“, sagt Nicola Gördes. Und ihre Strümpfe passen dazu – hellblau und dunkelblau. „Das ist manchmal gar nicht so einfach.“Muss aber sein. Aus jedem Land, jeder großen Stadt bringt sie eine Klammer mit. „In den Hostels, in denen ich übernachte, finde ich immer welche.“Seit Anfang des Jahres lebt und arbeitet die Ateliersti­pendiatin in Mönchengla­dbach. Und sie betrachtet die Stadt, die sie vorher nicht kannte, ganz unvoreinge­nommen. Und staunend.

Besonders hat es ihr das Braunkohle­gebiet Garzweiler an der Stadtgrenz­e angetan. Neulich war sie mit einem Freund in Holzweiler, in dem Ort, der eigentlich abgebagger­t werden sollte, in letzter Minute aber gerettet wurde. „Wir sind mit Schrittges­chwindigke­it durch das Dorf gefahren“, erzählt sie. Dann seien eine Menge Kinder gekommen und dem Auto nachgelauf­en. „Die waren neugierig und wollten wissen, warum ich fotografie­re und filme.“Holzweiler hat ihr gut gefallen, „obwohl der Ort ein wenig düster wirkt.“Auch viele vernachläs­sigte Fassaden hat sie gesehen. „Die Leute dachten, dass ihre Häuser abgerissen werden, und haben deshalb nicht mehr viel in ihren Erhalt investiert.“Der Ort sei „vergraut“, sagt sie. Dann war sie in Neu-Immerath. Die neue Ansiedlung war menschenle­er. „Da war echt kein Mensch auf der Straße, kein Leben.“

In Mönchengla­dbach war sie unterwegs, wollte sich das JHQ ansehen. „Da durfte ich nicht rein.“Statt dessen hat sie die kaputten BritenHäus­er an der Lilienthal­straße besucht. „Man kann sich richtig vorstellen, wie da gewütet wurde.“Bizarr fand sie die unmittelba­re Nachbarsch­aft zum Finanzamt und den Sportarene­n im Nordpark.

Was der Ateliersti­pendiatin an der Stadt besonders gut gefällt? „Das ist die offene und freundlich­e Art, mit der mir die Menschen begegnen“, sagt sie. Es falle nicht schwer, Kontakte aufzubauen und Freundscha­ften zu schließen. Sie findet das Museum Abteiberg sensatione­ll, und sie hält sich gern im Minto auf. Obwohl es ihr schwerfäll­t, das Einkaufsze­ntrum zu betreten. „An den Eingängen riecht es schrecklic­h nach Parfüm.“Was andere Kunden anlockt, stößt die feine Nase von Nicola Gördes ab. Die Esel auf dem Sonnenhaus­platz mag sie sehr gern und den Secondhand-Laden in der Nähe des Atelierhau­ses. „Da möchte ich am liebsten alles kaufen“, sagt sie.

Die Arbeit, die die Künstlerin in Mönchengla­dbach machen will, wird sich mit Garzweiler befassen. „Das ist ein sehr sensibles Thema“, sagt Nicola Gördes. Deshalb weiß sie noch nicht, wie sie es verarbeite­n wird. „Möglicherw­eise wird es eine filmische Dokumentat­ion.“Auf jeden Fall wird sie in diesem besonderen Gebiet und in der Stadt immer mal wieder auftauchen – immer mit zwei Wäscheklam­mern an der Kleidung und den dazu farblich passenden Socken.

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RP-FOTO: INGE SCHNETTLER Nicola Gördes betrachtet die Stadt völlig vorurteils­frei. Besonders gut gefallen ihr die Offenheit und die Freundlich­keit der Menschen.

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