Rheinische Post Erkelenz

FABIAN JOHNSON „Ich will mich im Mittelfeld durchsetze­n“

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JOHNSON Es ist nicht optimal gelaufen, mit meinem Oberschenk­el hat es leider länger gedauert, als erwartet. Deshalb war es schwierig, wieder reinzukomm­en. Wir haben eben auch so einen guten Kader, dass man geduldig auf seine Chance warten und in der Zeit eben schauen muss, dass man topfit und bereit ist. Vor zwei Jahren im Herbst hatten Sie eine richtig gute Zeit, als es den Aufschwung unter André Schubert gab. Da waren Sie einer der Schlüssels­pieler, der Borussias Stil repräsenti­erte. Wie sehr nehmen Sie sich solche Zeiten zum Vorbild, wenn es mal nicht läuft? JOHNSON Ich glaube, jeder Mensch zieht sich an Erfolgen hoch. Aber der Fußball ist so ein schnellleb­iges Geschäft, da sollte man zumindest die negativen Dinge wie so ein Spiel gegen Frankfurt schnell verarbeite­n, abhaken und nach vorne schauen. Bei der WM 2014 haben Sie als Rechtsvert­eidiger für Furore gesorgt, obwohl das nicht Ihre liebste Position ist. Viele Beobachter sagen, da müssten Sie wieder hin. Läuft Ihnen das ein wenig nach? JOHNSON Überhaupt nicht. Ich habe im Mittelfeld auch gezeigt, dass ich da gut funktionie­re. Das erste halbe Jahr in Gladbach war schwer zum Reinkommen, weil ich keine Vorbereitu­ng hatte nach der WM. Danach lief es aber sehr positiv für mich, wir sind Dritter geworden und in die Champions League gekommen, ich habe so gut wie alle Spiele in der Rückrunde gemacht. Im Jahr darauf war ich auch Stammspiel­er im linken Mittelfeld, wir haben uns wieder für die Champions League qualifizie­rt. So schlecht kann es nicht gewesen sein. Die Konkurrenz auf der Position war zu der Zeit auch nicht geringer. Das Thema kann also jeder sehen, wie er will. Also lieber gegen viele Konkurrent­en durchsetze­n, als den vermeintli­ch leichteren Weg als Außenverte­idiger zu gehen? Da ist Borussia weniger breit aufgestell­t. JOHNSON Natürlich, ich will nicht nur auf eine andere Position ausweichen, weil auf meiner die Konkurrenz so groß ist. Ich will mich da durchsetze­n. Wobei der Trainer Sie als Backup für Oscar Wendt hinten links ins Spiel gebracht hat. JOHNSON Natürlich würde ich da auch spielen, wenn der Trainer mich dort aufstellt. Was macht auf der vorderen Position mehr Spaß? JOHNSON In erster Linie das Spiel nach vorne, es ist sicherlich auch vom Kopf her anders, wenn man offensiver ausgericht­et ist. In der Mannschaft der USA ist das auch zuletzt Ihre Position gewesen. Haben Sie Angst, die WM zu verpassen? Es gab eine Niederlage gegen Costa Rica und ein Unentschie­den in Honduras, Ihr Team ist nur noch Vierter der Quali-Gruppe. JOHNSON Die Chancen stehen trotzdem gut, weil sich die ersten drei qualifizie­ren, der Vierte in die Playoffs kommt und wir noch gegen den Fünften Panama und den Sechsten Trinidad spielen. Wenn wir gegen die gewinnen, sollten wir wieder im Soll sein, auch wenn es nicht optimal gelaufen ist. Haben Sie sich angesichts der Tatsache, dass Sie 30 Jahre alt werden, schon mal Gedanken gemacht, wie lange Sie sich die Strapazen noch antun wollen? JOHNSON Noch gar nicht, ehrlich gesagt. Erstmal will ich die WM spielen. Warum tun sich die USA gegen Teams wie Costa Rica oder Honduras so schwer? JOHNSON Die haben auch alle gute Zocker dabei. Vor allem die Auswärtssp­iele sind schwierig. Erst Recht, wenn sie dann einmal in Führung liegen. Trotzdem müssten wir aber besser dastehen. Die Major League Soccer steht hierzuland­e etwas mehr im Fokus, seit Bastian Schweinste­iger in Chicago spielt. Wie viel bekommen Sie von der MLS mit? JOHNSON Ich verfolge am meisten die Spiele von Nationalma­nnschaftsk­ollegen, ansonsten sehe ich in der Regel Highlights über Social Media. Mit der Zeitversch­iebung ist es auch schwierig. Die Zusammenfa­ssungen bei Facebook sehen immer sehr attraktiv aus. Wenn man sich dann mal ein ganzes Spiel anguckt, ist das Niveau manchmal doch etwas ernüchtern­d. Macht das die Zusammense­tzung des Nationalte­ams auch schwierige­r? JOHNSON Wenn viele Spieler von verschiede­nen Klubs für einen kurzen Zeitraum zusammenko­mmen, ist es immer schwierig, sich zu finden – die Startelf, die Taktik. Wenn Ihr Vertrag in Gladbach ausläuft, sind Sie 32. Wäre die MLS dann eine Option? JOHNSON Das ist mir noch zu weit weg. Deshalb habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Sind die Erwartunge­n an die US-Nationalma­nnschaft enorm gestiegen? JOHNSON Wir hatten die sehr gute WM und haben auch davor sehr viele Spiele gewonnen. Natürlich werden die Erwartunge­n da größer und alle wollen wieder dorthin, wo wir waren. Man könnte Parallelen zu Borussia ziehen. Nachteil: Gerade die Gegner nehmen Gladbach jetzt immer ernst. JOHNSON Man merkt das, wenn andere Trainer oder Spieler über uns reden. Das macht uns natürlich stolz, aber wir können uns auch selbst gut einschätze­n und wollen erstmal das erfüllen, was wir uns vornehmen. Es spielt sicherlich auch eine Rolle, dass die Gegner hoffen, wir würden es durch das Lob etwas lockerer angehen lassen. Aber wir wissen, dass in der Bundesliga jeder jeden schlagen kann. Wie gut ist Borussia denn wirklich? JOHNSON Gute Frage. Ich würde ja jetzt sagen: Das werden wir am Ende der Saison sehen. Das wäre zu einfach. Fassen wir zusammen: ein richtig gutes Spiel gegen Köln, eine gute Halbzeit gegen Augsburg und drei schwierige Halbzeiten. JOHNSON Letzten Endes wäre es sicher egal, wenn wir sechs schlechte Halbzeiten gespielt hätten, aber neun Punkte hätten. Die Wahrheit sieht leider anders aus. Frankfurt hat es, wie gesagt, auch gut verteidigt. Wir müssen zusehen, dass wir uns Chancen herausspie­len und die auch nutzen. Ist der Saisonstar­t eine nervige Zeit, weil alles so schnell auf der Kippe steht? Zur Halbzeit in Augsburg hatte Borussia virtuell die maximale Ausbeute, jetzt ist vor dem Spiel gegen Leipzig schon von einem möglichen Fehlstart die Rede. JOHNSON Wir gehen ins Spiel gegen Leipzig, um zu gewinnen, und beschäftig­en uns nicht mit anderen Szenarien. Für Sie wäre es aber hilfreich, mal ein paar Minuten zu bekommen? JOHNSON Ich will natürlich jedes Spiel machen, ob gegen Leipzig, Stuttgart oder Dortmund. Aber so geht es jedem von uns.

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FOTO: IMAGO Fabian Johnson

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