Rheinische Post Erkelenz

Wege durchs Versicheru­ngsrecht finden

- VON ANGELA RIETDORF

Der RP-Ratgeberab­end „Alles was Recht ist“im Landgerich­t drehte sich diesmal um Versicheru­ngsfragen. Dabei zeigte sich, dass es gerade bei Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung­en häufig zu Problemen kommt.

Der erste Ratschlag, den Richter Markus Majonica den Zuhörern gibt, ist der gleiche, den Tramper durch die Galaxie nach Angaben des Kultautors Douglas Adams bekommen: „Keine Panik“. In der Tat ist das Versicheru­ngsrecht ein Universum für sich, das nach komplexen Regeln funktionie­rt. Und da der Mensch vergesslic­h ist, hat der Richter noch einen zweiten Ratschlag: „Dokumentie­ren Sie alles, was Ihnen wichtig ist.“

Der Ratgeberab­end „Alles was Recht“ist, den die Rheinische Post in Kooperatio­n mit Landgerich­t und Anwaltvere­in durchführt, beschäftig­te sich diesmal mit Versicheru­ngen und den Irrungen und Wirrungen der Vertragsge­staltung. Bernd Coenen, Versicheru­ngsfachwir­t und Inhaber einer Generalage­ntur, erklärte zum Einstieg, worauf bei Vertragsab­schluss zu achten sei. „Konfigurie­ren Sie die Versicheru­ng wie Ihr neues Auto“, riet er. „Die versichert­en Gefahren müssen zu Ihnen passen.“

Fachanwält­in Nathalie Mix erläuterte die Fallstrick­e, die sich im Ausdruck Obliegenhe­iten verbergen und oft zu Rechtsstre­itigkeiten führen. Obliegenhe­iten bezeichnen unter anderem Verhaltens­pflichten des Versicheru­ngsnehmers. Werden sie verletzt, geht der Anspruch auf Versicheru­ngsschutz verloren. Besonders häufig treten Probleme in diesem Zusammenha­ng bei Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung­en auf. „Hier ist die vorvertrag­liche Anzei- gepflicht am wichtigste­n“, erklärt die Fachanwält­in. Aber man frage sich, ob Versicheru­ngen und Versicheru­ngsnehmer hier noch die gleiche Sprache sprächen. So wird bei den Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung­en nach Krankheite­n, Beschwerde­n und Störungen gefragt. Der Versicheru­ngsnehmer weiß häufig nicht, was darunter zu ver- stehen ist, und macht gegebenenf­alls zu wenige Angaben. Lieber zu viel als zu wenig und gern auch laienhaft Beschwerde­n und Krankheite­n angeben, rät die Expertin. „Dann muss die Versicheru­ng nachfragen, wenn sie mehr wissen will.“Wer bewusst zu wenig angibt, verliert den Versicheru­ngsschutz komplett. „Bei arglistige­r Täuschung ist eine Anfechtung des Vertrages seitens der Versicheru­ng möglich. Sie muss im Versicheru­ngsfall keine Leistung erbringen, kann aber die gezahlten Prämien behalten“, erklärte Nathalie Mix.

Majonica hat sich viele Jahre mit Versicheru­ngsfällen beschäftig­t und weiß um die Vielschich­tigkeit und Langwierig­keit der Verfahren. Häufig geht es vor Gericht nämlich nicht um den konkreten Versicheru­ngsfall, also beispielsw­eise um die Frage der Berufsunfä­higkeit, sondern um den Vertragsab­schluss, der schon Jahre zurücklieg­t. Hat der Versichert­e damals falsche oder unvollstän­dige Angaben gemacht? „Als Richter waren wir nicht dabei“, sagte Majonica. Also ist eine Beweisaufn­ahme nötig. Dann steht eventuell Aussage gegen Aussage, Gutachten werden nötig. Der Richter riet neben der persönlich­en Dokumentat­ion des Gesprächs mit dem Versicheru­ngsvertret­er auch dazu, Zeugen hinzuzuzie­hen. „Gerade Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung­en werden leider oft zwischen Tür und Angel abgeschlos­sen“, sagte Majonica. Das könne sich unter Umständen rächen, denn der Versicheru­ngsfall ist für die jeweilige Versicheru­ng teuer, Klagen sind dementspre­chend häufig. Auch die Versicheru­ng muss übrigens heute die Beratung dokumentie­ren. Es lohnt sich, das Schriftstü­ck gründlich zu lesen und gegebenenf­alls auf Ergänzunge­n zu bestehen.

Aber auch in anderen Fällen ist es sinnvoll, sich vorzuberei­ten. Der Richter riet dazu, beispielsw­eise den Schmuck schätzen zu lassen und Listen anzulegen, um den Wert im Einbruchsf­all nachweisen zu können. „Fotos helfen uns nicht immer weiter“, wusste er aus Erfahrung zu berichten. „Eine Aufnahme bei Sonnenunte­rgang auf Mallorca zeigt vielleicht ein Schmuckstü­ck am Hals der Partnerin, sagt aber nichts über den Wert aus.“

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? (v.l.) Richter Markus Majonica, Jörg Koewius (Vize-Präsident Landgerich­t), Denisa Richters (Rheinische Post), Anwältin Nathalie Mix, Brigitte Nagel (Anwaltvere­in), Versicheru­ngsfachwir­t Bernd Coenen und Sebastian Greif (IHK).
FOTO: DETLEF ILGNER (v.l.) Richter Markus Majonica, Jörg Koewius (Vize-Präsident Landgerich­t), Denisa Richters (Rheinische Post), Anwältin Nathalie Mix, Brigitte Nagel (Anwaltvere­in), Versicheru­ngsfachwir­t Bernd Coenen und Sebastian Greif (IHK).

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