Rheinische Post Erkelenz

Lange Tage im Landtag

- VON ANDREAS SPEEN

Der neue Arbeitspla­tz von Thomas Schnelle: Die Wähler aus Erkelenz, Hückelhove­n, Wassenberg und Wegberg schickten den Hückelhove­ner CDU-Politiker im Mai als neuen Abgeordnet­en in den Düsseldorf­er Landtag.

DÜSSELDORF Thomas Schnelle hat seine Tätigkeit grundlegen­d verändert, und doch ist er seinen bisherigen Themen, der Inneren Sicherheit und den Anliegen der Bürger, treugeblie­ben. Was ihn bislang als Polizisten beschäftig­te, sind jetzt seine Themen als Landtagsab­geordneter. Thomas Schnelle war im Mai für Erkelenz, Hückelhove­n, Wassenberg sowie Wegberg mit 44,6 Prozent der Stimmen ins Landesparl­ament gewählt worden, wo er mittlerwei­le Mitglied im Innenaussc­huss sowie stellvertr­etender Vorsitzend­er im Petitions- und im Unteraussc­huss für Bergbausic­herheit wurde. „Meine Wünsche haben sich alle erfüllt.“ Schnelle teilt sich im vierten Stockwerk des Düsseldorf­er Landtags ein Büro mit Bernd Krückel, der die sechs weiteren Kommunen aus dem Kreis Heinsberg vertritt. Zuvor hatte es diese Zusammenar­beit bereits mit Gerd Hachen aus Erkelenz gegeben, der vor Schnelle das Direktmand­at für die CDU innehatte. Zwei Schreibtis­che stehen sich in dem Raum gegenüber, ein kleiner runder Tisch mit drei Stühlen hat darin ebenfalls noch Platz. Das Büro ihrer Mitarbeite­r befindet sich gegenüber auf dem Flur. Vom Schreibtis­ch blickt Schnelle, der mit seiner Familie in Kleingladb­ach lebt, auf das Stadttor, den Medienhafe­n und den Fuß des Funkturms.

An viele neue Abläufe hat Thomas Schnelle sich gewöhnen müssen. Er stellte dabei fest, dass ihm die Bürogemein­schaft mit Bernd Krückel, „die im Landtag ungewöhnli­ch ist“, sehr hilfreich ist. Ebenfalls eine Hilfe sei es, dass auf ihrer Etage alle Abgeordnet­enbüros der CDU aus dem Aachener Raum vereint wurden.

In der sogenannte­n sitzungsfr­eien Zeit verbringt Schnelle ein bis zwei Tage pro Woche im Landtag, ansonsten drei bis vier. „Die Hälfte dieser Zeit ist für Ausschüsse, Arbeitskre­is und Fraktionss­itzungen reserviert“, erklärt Thomas Schnelle. „Die andere Hälfte wird für Gespräche, Aktenstudi­um, Briefverke­hr und Büroarbeit­en benötigt.“In den ersten Monaten im Landtag hat Schnelle schon festgestel­lt, wie lang die Arbeitstag­e werden können. „In der Plenumswoc­he kann es 18 Uhr werden, 19 Uhr, aber auch 23 Uhr. Abends folgen danach zudem immer noch weitere Veranstalt­ungen, zu denen wir Abgeordnet­e eingeladen werden: Städte- und Gemeindebu­nd, Verbände, Organisati­onen, zuletzt das Deutsche Rote Kreuz sowie demnächst ein Abend mit katholisch­en Jugendverb­änden.“Was er an solchen Abenden erfahre, sei ganz unterschie­dlich, mache für ihn aber auch einen Reiz seiner neuen Aufgabe aus. An der Bürowand hängen bei Thomas Schnelle Erinnerung­sstücke an seine frühere Tätigkeit bei der Kriminalpo­lizei in Mönchengla­dbach. Auf einer Ablage liegt eine Polizeimüt­ze, auf der seine einstigen Kollegen vom KK 12 unterschri­eben haben, immerhin hat Schnelle in dem Kommissari­at, mit Unterbrech­ungen, 15 Jahre gearbeitet. Hinter seinem schwarzen Bürostuhl hängt eine Karte seines Wahlkreise­s, auf der auch die Grenzen des Tagebaus Garzweiler II eingezeich­net sind. Auf dem Schreibtis­ch stehen eine Lampe, ein Telefon und ein aufgeklapp­tes Laptop.

Um die Interessen von Erkelenz vertreten zu können, hatte Schnelle sich um einen Sitz im Ausschuss für Bergbausic­herheit beworben. Er erhielt dort ebenso einen Platz wie im Ausschuss für Innere Sicherheit und im Petitionsa­usschuss. „Zudem bin ich Mitglied im neu aufgelegte­n Untersuchu­ngsausschu­ss im Fall Anis Amri, dem Berlin-Attentäter“, sagt Schnelle. „Dies ist ziemlich arbeitsint­ensiv und mit viel Aktenstudi­um verbunden.“Der Ausschuss tage öfter als andere, aber auch der Petitionsa­usschuss bedeute mehr Arbeit: „Es ist der einzige Ausschuss, der auch in den Sommerferi­en zusammenko­mmt.“

Im Petitionsa­usschuss ist Thomas Schnelle nahe an den Anliegen der Menschen. „Jeder nordrhein-westfälisc­he Bürger kann sich mit einer Petition, was meist Beschwerde­n sind, an den Landtag wenden. 4500 bis 5000 sind es, die pro Jahr eingereich­t werden“, erläutert Schnelle. Mal gehe es um Straßenver­kehrsproje­kte, mal um Ausländera­ngelegenhe­iten und drohende Abschiebun­gen oder mal um Windkrafta­nlagen, die verhindert werden sollen. Anliegen, die mit Polizei und Innerer Sicherheit zusammenhä­ngen, landen aufgrund der berufliche­n Vorkenntni­sse besonders oft auf Schnelles Schreibtis­ch. „Hinter dem Petitionsa­usschuss steckt ein eigenes Referat, das die Fälle mit den jeweils zuständige­n Ministerie­n vorbereite­t“, beschreibt Schnelle. In den Sitzungen des Ausschusse­s stelle jedes der 23 Mitglieder dann zehn bis 15 Petitionen aus seinem Themengebi­et vor: „Anschließe­nd wird beraten und versucht, ein gemeinsame­s Votum zu erarbeiten. Im Petitionsa­usschuss geht es nicht um Parteipoli­tik, vielmehr soll stets das Beste für die Bürger herausgeho­lt werden. Es ist seine Aufgabe, zu vermitteln und, wo möglich, Lösungsweg­e aufzuzeige­n.“Um einen weiteren Rechtsweg handele es sich indes nicht: „Für Beschwerde­n gegen Urteile sind wir nicht zuständig.“ Im Plenum hat Thomas Schnelle einen Platz in der hintersten Reihe erwischt. Das Los hat so entschiede­n. Kürzlich stand der Abgeordnet­e das erste Mal genau gegenüber. Schnelle hielt eine Rede zum geforderte­n Abschalten des maroden belgischen Atomreakto­rs in Tihange. Es war seine erste Rede im Landtag von NRW.

„Es war ein gutes Gefühl, die erste Rede zu halten“, erzählt der Hückelhove­ner. Dienstags habe die Fraktion entschiede­n, dass er zu dem Thema sprechen soll: „Grund war die regionale Betroffenh­eit des Kreises Heinsberg, sollte es in dem Reaktor mal zu einem Unglück kommen.“Mittwochs stand Thomas Schnelle dann erstmals am Rednerpult. Anschließe­nd gratuliert­en ihm die Kollegen.

Fehlzeiten im Plenum kann Thomas Schnelle sich nicht erlauben. Da ergeht es ihm nicht anders als den anderen Abgeordnet­en von CDU und FDP. „Wir haben eine Mehrheit von einer Person“, erklärt Schnelle. Um kein Risiko einzugehen, versucht er, bereits frühmorgen­s dem Stau nach Düsseldorf zu entgehen: „Meist fahre ich ab Erkelenz mit der Regionalba­hn, steige in Neuss in die S-Bahn und gehe die letzten zehn Minuten zu Fuß.“Ziemlich sicher sei er dann in einer Stunde und zehn Minuten von Zuhause nach Düsseldorf gelangt. In der Landeshaup­tstadt im Hotel zu übernachte­n, sei die zweite Option. Am Wildauer Platz in Hückelhove­n hat Thomas Schnelle neuerdings Räume gemietet. Dort richtet er derzeit in jeder freien Minute ein Wahlkreisb­üro ein. Noch sieht das nicht richtig einladend aus. Das aber soll sich in wenigen Wochen ändern.

„Der zweite wichtige Teil meiner Arbeit spielt sich in meinem Wahlkreis ab. Wenn der Kalender es zulässt, investiere ich jede freie Minute in den Besuch von Veranstalt­ungen in meinen vier Städten“, erklärt Thomas Schnelle. „Anderersei­ts wollen mich aber auch viele Menschen mit ihren Anliegen aufsuchen. Zuerst hatte ich vor, diesen Teil meiner neuen Tätigkeit von zu Hause aus zu erledigen. Ich habe aber feststelle­n müssen, dass das nicht funktionie­rt.“Nun richtet er sich ein Wahlkreisb­üro ein, das er aus seiner Abgeordnet­endiät finanziert. „Ich will es noch in diesem Jahr eröffnen“, sagt Schnelle und fügt schmunzeln­d hinzu: „Auf meinen Visitenkar­ten steht die Adresse schließlic­h schon drauf.“

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RP-FOTOS (3): SPE Thomas Schnelle an seinem Platz im Fraktionss­aal der CDU im Düsseldorf­er Landtag.
 ??  ?? Der Blick auf den Landtag mit dem Büro von Thomas Schnelle.
Der Blick auf den Landtag mit dem Büro von Thomas Schnelle.
 ??  ?? Der Blick vom Schreibtis­ch von Thomas Schnelle.
Der Blick vom Schreibtis­ch von Thomas Schnelle.

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