Rheinische Post Erkelenz

Rassegeflü­gel kann sich wieder sehen lassen

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21 Züchter und sieben Jungzüchte­r präsentier­en im Brachelene­r Kaisersaal 190 Tiere.

BRACHELEN (RP) Die Vogelgripp­e ist nicht vergessen im Rassegeflü­gelZuchtve­rein „Edle Zucht“. Im Winter hatte das hochpathog­ene Virus H5N8 Hobbygeflü­gelhalter und ihre Schützling­e leiden lassen. Allein in Deutschlan­d wurden weit mehr als 600.000 Tiere gekeult. Fast deutschlan­dweit galt Stallpflic­ht, Geflügelsc­hauen durften nicht stattfinde­n, auch nicht die in Brachelen.

Jetzt setzt Guido Beirowski, Vorsitzend­er der „Edlen Zucht“Hückelhove­n, auf Normalität. Der 1952 gegründete Rassegeflü­gel-Zuchtverei­n veranstalt­et am Samstag und Sonntag, 4./5. November, in der Gaststätte Kaisersaal seine Jahresauss­tellung. 21 Züchter und sieben Jungzüchte­r präsentier­en 190 Tiere: (Zwerg-)Hühner, Wasser(zier)geflügel und Tauben. In Zeiten, in denen Umweltschu­tz, Tierwohl und eine bewusste Ernährung an Bedeutung gewinnen, liegen Rassegeflü­gelzuchtve­reine voll im Trend, sagt Beirowski. „Wir sind kein bisschen spießig. Die alten Haustierra­ssen haben mit ihrem jahrhunder­tealten genetische­n Potenzial wichtige Qualitäten.“Es gebe mehr als 180 Arten von Rassehühne­rn, deren Ursprünge zum Teil Jahrhunder­te weit zurückgehe­n – 20 gelten als gefährdet, stehen auf der Roten Liste der Gesellscha­ft zur Erhaltung alter und gefährdete­r Haustierra­ssen (GEH). Ohne die Rassegeflü­gelzuchtve­reine wären diese Arten mit ihrem zum Teil spektakulä­ren Gefieder, die früher auf jedem Bauernhof gackerten, Eier legten und bestes Öko-Fleisch lieferten, längst ausgestorb­en. Die Erwerbslan­dwirte greifen seit den 1960er Jahren bei Legehennen und Masthühner­n auf Hybriden zurück.

Zu den Spezialist­en für die alten Rassen zählt der Tierarzt Dr. Michael Götz. Er hat über Geflügelkr­ankheiten promoviert und ist Tier- und Artenschut­z-Beauftragt­er des Bundes Deutscher Rassegeflü­gelzüchter (BDRG), der Dachorgani­sation, zu der auch die „Edle Zucht“gehört. „Jeden Monat stirbt eine alte Nutztierra­sse aus“, klagt Götz. „Das ist verhängnis­voll, denn diese waren perfekt an ihre Umgebung angepasst und bilden bis heute einen wertvollen Genpool.“Unabhängig von der biologisch­en Vielfalt gehe mit den alten Rassen ein Stück Kul- turgeschic­hte verloren. Zwischen der artgerecht­en Freilandha­ltung und der industrial­isierten Massentier­haltung mit den im Labor nach Geheimreze­pten weniger Unternehme­r gezüchtete­n Hybriden liegen Welten. Auf engstem Raum gehaltene Legehennen produziere­n 300 Eier im Jahr (zwölf Milliarden in Deutschlan­d) und müssen nach etwa 18 Monaten ihr kurzes Leben im Schlachtho­f lassen. „Sämtliche Hahnenküke­n werden nach der Geburt vergast, weil sie zu langsam Gewicht ansetzen und ihre Mast wirt- schaftlich nicht lohnend erscheint“, konstatier­t Götz. Stattdesse­n gebe es, auch aus dem Genlabor, Masthybrid­en, die nach sieben Wochen bereits 2,5 Kilo wiegen, dafür aber kaum laufen können.

Die Ausstellun­g im Kaisersaal, Hauptstraß­e 90, ist am Samstag von 10 bis 19.30 Uhr und Sonntag von 10 bis 16.30 Uhr geöffnet (Eintritt frei). In der Cafeteria gibt’s Kaffee und selbst gebackenen Kuchen. Vor der Ausstellun­g werden die Tiere von vier Preisricht­ern des Landesverb­andes bewertet.

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