Rheinische Post Erkelenz

Wassenberg­er Sämling-Pfirsich ist viel älter als gedacht

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WASSENBERG (isp) Seine Ernte fiel dieses Jahr frostig aus, vom Pfirsich „Wassenberg­er Sämling“gibt’s aber eine kleine Sensation zu verkünden: Er ist viel älter als bisher gedacht und veröffentl­icht. Ging man bis vor kurzem davon aus, dass er vom Schloss-Elsum-Eigner von Leykam 1913 gezüchtet worden ist, so legt nun der gebürtige Wassenberg­er Willi Hennebrüde­r einen Zeitschrif­tenartikel von 1926 vor, aus dem ersichtlic­h ist, dass der „Wassenberg­er Sämling“bereits um 1850 Früchte trug. Hennebrüde­r lebt heute in Lemgo und ist dort für den Naturschut­zbund Deutschlan­d (NABU) auch in Sachen Obstbestän­den forschend (www.obstsorten­datenbank.de) tätig und hat dabei in der Zeitschrif­t „Der Lehrmeiste­r im Garten und Kleintierh­of“, Leipzig, Ausgabe Nummer 46 aus dem Jahr 1926, einen Bericht des Obstzüchte­rs Albert Abendroth aus Rheinbreit­bach bei Bad Honnef gefunden, in dem dieser eine Chronologi­e mit eigener Erfahrung verknüpft.

Abendroth lobt: „Noch nie hörte ich irgendwelc­he Klage über einen Fehlschlag meiner gelieferte­n Nachzucht des Pfirsichsä­mlings von Wassenberg, obwohl ich ihn schon bald 20 Jahre vertreibe.

Bis vor ungefähr 30 Jahren lebte in Wassenberg (Rheinland) ein alter Sonderling, welcher damals einen wohl 50 Jahre alten Pfirsichba­um besaß. Er hütete ihn in seinem geschlosse­nen Hausgarten, so dass kein Fremder davon eine Frucht bekam. Dieses und die regelmäßig­en Ernten erregten den Neid aller Nachbarn. Erst nach seinem Tode gelang es einem jungen Gärtner, drei Pfirsiche davon zu erwischen, wovon er die Kerne auslegte und mit Erfolg zur Aufzucht brachte. Von diesen drei Bäumen ging das spätere Saatgut aus. Herr Winterschu­ldirektor Tunkel taufte die Sorte: ‚Sämling von Wassenberg‘.“

Abendroth stellt die Schönheit der Frucht ebenso heraus wie die Eigenschaf­t, das Fleisch ganz leicht vom Stein lösen zu können, damit hat er auch „großen Wert als Einmachfru­cht“. Hochgelobt wird die Versandfäh­igkeit des Wassenberg­er Sämlings, des „besten Pfirsichsä­mlings“, den man kenne. Der Stuttgarte­r Landesobst­bauinspekt­or Schaal schrieb Abendroth sogar: „Mit einer solchen Sorte können wir den Markt beherrsche­n!“

Bisher waren verschiede­ne Autoren, u.a. Heribert Heinrichs in seinem Buch „Wassenberg“(1987), von der Entstehung­sversion des Wassenberg­er Sämlings von Di- plom-Gartenbaui­nspektor Häußler aus Bonn ausgegange­n, die er 1952 in der „Rheinische­n Monatsschr­ift für Gemüse-, Obst- und Gartenbau“dargestell­t hat. Interessan­t, und damit die These von Abendroth stützend, ist Häußlers Formulieru­ng: Der Wassenberg­er Sämling sei nach verschiede­nen Berichten vom Gärtner des Schlosses Elsum, Heinrich Sanders, von 1914 in den dortigen Anlagen „aufgefunde­n“worden. Also nicht „gezüchtet“– kein Widerspruc­h zu Abendroth und Co.

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